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Olympia Eilsleberin freut sich für Niederländer

Wenn bei Olympia Niederländer im Eisschnelllauf Gold holen, gibt es in Eilsleben Jubel. Wilhelmina Kühne fiebert mit ihren Landsleuten.

Von Ronny Schoof 17.02.2018, 00:01

Eilsleben l Deutschland hat mit seinen Rodlern ein Abo auf olympisches Gold, Kanada triumphiert regelmäßig im Eishockey und Curling, Österreich stellt im Alpinen eine Macht dar, und dem Großraum Skandinavien ist beim Langlauf nordischer Art nur schwer beizukommen. Und die Niederlande? Deren Kufenflitzer räumen regelmäßig ganze Medaillensätze ab. Dank seiner Eisschnellläufer zählt auch das flache Königreich zu den großen Wintersportnationen.

„Eislaufen ist bei uns Volkssport“, weiß Wilhelmina Kühne, „wir wachsen quasi mit Schlittschuhen an den Füßen auf.“ Wilhelmina Kühne ist 96 Jahre alt, stammt aus Utrecht, hat mit Anfang zwanzig nach Eilsleben geheiratet und verbringt hier, in Nachbarschaft zur Familie, in der Senioren-WG des Rot-Kreuz-Zentrums ihren Lebensabend. Den holländischen Akzent hat sie sich sympathischerweise beibehalten. „Ick war auch ‘ne Sportskanone“, lächelt sie und blickt zurück: „Mit Schlittschuhen, das war meine Sportart, Eislaufen unsere große Leidenschaft – besonders für mich und meine Schwester. Die Schlittschuhe wurden von den älteren zu den jüngeren Geschwistern weitergereicht. Ich habe auch ein paar kleine Medaillen gewonnen. Die Wettkämpfe fanden bei Grog und Tee auf den Grachten statt, man musste um zwei weit voneinander entfernte Blöcke fahren, durfte diese aber nicht berühren.“

Beim Stichwort Grachten bestätigt Wilhelmina Kühne auch eine jüngst mit reichlich öffentlichem Spott bedachte These einer US-Journalistin. Diese hatte – etwas einfältig zwar, im Kern aber nicht falsch – geäußert, dass die niederländische Eisschnelllauf-Dominanz durch die rege winterliche Nutzung der Grachten mit Schlittschuhen als Verkehrsmittel zu erklären sei. „Im Grunde hat sie damit recht“, sagt Wilhelmina Kühne. Denn erst durch die zumindest damals „im Winter eigentlich immer zugefrorenen Grachten“ sei Schlittschuhlaufen den Holländern zum Volkssport geworden – und das sorge für steten talentierten Nachwuchs.

„Heute ist das Zweite dran“, weiß die sportbegeisterte Seniorin und schaltet den Fernseher auf ZDF. Eisschnelllauf ist noch nicht an der Reihe, es läuft eine Zusammenfassung des alpinen Damenslaloms. „Ah, Switzerland gegen Schweden – die Schweizerin war fünf Hundertstel langsamer.“ Wilhelmina Kühne verfolgt auch die anderen Sportarten und Nationen aufmerksam. „Die Savchenko gestern war ja toll. Das Mädel ist dreifach und vierfach gesprungen“, schwärmt sie vom Eiskunstlauffinale. „Aber sie ist ja auch nur ein Fliegengewicht.“

Die aktuelle Nationenwertung notiert Wilhelmina Kühne täglich in einem Tischkalender: „Zwischenzeitlich war Holland im Medaillenspiegel mal vorn, dann die Norweger, jetzt ist Deutschland wohl nicht mehr einzuholen.“ Wer weiß, den Bahnläufern stehen noch einige Wettkämpfe bevor. Von den bisherigen sieben Entscheidungen zur Olympia-Halbzeit haben die Niederlande sechs vergoldet. Ein Triumph steht für Kanada zu Buche – durch einen Niederländer, der den Nationalverband gewechselt hat …

Im Sommer will Wilhelmina Kühne wieder ihrer zweiten großen Leidenschaft als Sportguckerin frönen: Fußball-WM. „Leider ohne Holland. Aber ich freue mich trotzdem auf die Weltmeisterschaft.“