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Wanzleben Tino Bauer sammelt seit 30 Jahren alte Ansichtskarten seiner Heimatstadt

Ganz besondere Dokumente der Wanzleber Zeitgeschichte nennt Tino Bauer sein Eigen. Seit fast 30 Jahren sammelt er Ansichtskarten mit Motiven aus Wanzleben. Begonnen hat alles mit einem Zeitungsartikel.

Von Constanze Arendt-Nowak Aktualisiert: 06.08.2021, 06:10
Nach Aussage von Tino Bauer hat jede Wanzleber Ansichtskarte in seiner Sammlung etwas Besonderes, aber die eine oder andere sticht doch mehr hervor.
Nach Aussage von Tino Bauer hat jede Wanzleber Ansichtskarte in seiner Sammlung etwas Besonderes, aber die eine oder andere sticht doch mehr hervor. Foto: Constanze Arendt-Nowak

Wanzleben - „Mein liebes Muckchen“, zitiert der Wanzleber Tino Bauer schmunzelnd aus einer Postkarte aus seiner umfangreichen Sammlung, die eine Ansicht von Wanzleben zeigt. Geschrieben wurde sie um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Eine Vielzahl der Wanzleber Ansichtskarten, die Tino Bauer heute sein Eigen nennt, stammt gerade aus dieser Zeit.

„Die Frage ist doch, warum gibt es so viele Ansichtskarten von Wanzleben?“, sagt er und liefert auch gleich einen Lösungsansatz dazu. Demnach war es ab etwa 1890 möglich, kostengünstig Karten zu drucken. Damals boten diese die einzige Kommunikationsmöglichkeit. „Es war die SMS von damals und auch meist am nächsten Tag da“, so Tino Bauer. Seine Theorie, dass bis heute noch so viele Ansichtskarten von Wanzleben erhalten sind, geht dahin, dass sie wegen der Motive auf der Rückseite auch aufgehoben worden sind, während die vorher gängige Postkarte nur dem Informationsaustausch galt.

Auffällig ist, dass die Vorderseite der Ansichtskarten damals einzig und allein dem Adressfeld vorbehalten war und nicht mit einem Grußtext beschrieben werden durfte. Darum standen die eigentlichen Grüße immer auf der Bildseite. „Und die Schrift wurde im Textverlauf immer kleiner und zum Schluss wurde auch ringsherum auf dem Rand weitergeschrieben“, erklärt der Sammler weiter. Heute erzählen sowohl Texte, wenn die Schrift entziffert werden kann, als auch die Bilder auf den Rückseiten der Ansichtskarten Geschichte und Geschichten.

Und das macht auch den Wanzleber Sammler stolz, der seine Sammlung heute auf etwa 350 verschiedene Postkarten schätzt. Als er etwa im Jahr 1994 mit dem Sammeln begann, baute er auf einen Grundstock von drei bis fünf alten Ansichtskarten seiner Heimatstadt auf. Sein Begehren wurde gestärkt durch das Buch mit alten Wanzleber Ansichten, das der Wanzleber Walter Götze veröffentlicht hat, und einen Zeitungsartikel, der darüber berichtete, dass ein Wanzleber, um die Jahrhundertwende geboren, die 100. Postkarte gesammelt hat.

„Da habe ich mich herausgefordert gefühlt und gedacht, das muss doch zu schaffen sein“, blickt Tino Bauer heute auf die Anfänge zurück. Dank einer Auktionsplattform im Internet kam er auch schnell zum Erfolg. Die Sammlung vergrößerte sich zusehends. Die Postkarten zeigen Übersichten, Straßenansichten oder einzelne ortsprägende Gebäude, andere wurden anlassbezogen wie beispielsweise zur Einweihung des Kriegerdenkmals herausgegeben. „Es gibt die tollsten Ansichten, jeder ist beim Anschauen begeistert und oft wird gefragt: ’So sah das mal aus?’“, schwärmt er.

Zu definieren, wie viele Postkarten es überhaupt von Wanzleben im Laufe der Jahre gegeben hat, wagt Tino Bauer nicht – schlichtweg, weil sich einige auch ihre eigenen Postkarten drucken lassen haben.

Beim Blättern durch das gut sortierte Postkarten-Album verweist er auf manche Besonderheit. „Die Grafiker und Fotografen haben früher nicht nur mit viel Liebe zum Detail handkoloriert, sondern auch schon retuschiert“, sagt er lächelnd und hält zwei nahezu identische Motive nebeneinander. Sie zeigen die heutige Grundschule „An der Burg“ – einmal ohne Banner mit Parolen und einmal mit. Teilweise wurde auch das gleiche Motiv wahrscheinlich in verschiedenen Jahren verwendet und einfach eine andere Bezeichnung für das gezeigte Objekt auf die Karte geschrieben.

„Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte und so lassen sich daraus auch viele Dinge aus der Geschichte Wanzlebens ableiten“, fügt Tino Bauer hinzu. Wohl wissend auch, dass einige der auf den Postkarten gezeigten Gebäude oft schon längere Zeit nicht mehr zum Stadtbild von Wanzleben gehören. Besonders stolz aber ist er auf jeweils eine Ansichtskarte aus den Ortsteilen Buch und Stadt Frankfurt.

„Man merkt aber auch, dass die Postkarten weniger wurden, als die Welt mobiler wurde und auch die Reise von Wanzleben nach Magdeburg keine Tagesreise mehr war“, so Tino Bauer. Heute schrieben die Leute höchstens noch Postkarten, wenn sie im Urlaub sind.

Bauer weiß, dass es noch einige Wanzleber Ansichtskarten gibt, die er nicht hat. Deshalb sucht er auch noch immer regelmäßig bei Internet-Auktionen nach neuen Sammlerstücken. Inzwischen sei es seiner Aussage zufolge aber schwierig, noch etwas zu finden, was noch nicht in der Sammlung vorhanden ist. „Aber einiges wird auch dauerhaft verschollen sein“, ist er sich sicher.