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Unwetter Großes Aufräumen nach der Welle

Über 133 Liter Regen hat den Orten Klein Germersleben und Bottmersdorf am Wochenende einen Rekord und Medienpräsenz eingebracht.

Von Constanze Arendt-Nowak 16.06.2020, 01:01

Klein Germersleben / Bottmersdorf l Immer noch fassungslos waren Andreas Gießmann und seine Frau Heike am gestrigen Montag. Vor ihrem Haus in Klein Germersleben türmten sich Möbel und Kisten mit Büchern und anderen Habseligkeiten. Das alles hat bis zum Wochenende noch seinen Platz im Keller des Hauses gehabt – bis Regen, Gewitter und damit verbunden Schlammlawinen kamen, die vom Acker in das Dorf drückten.

„Bei uns kam es durch den Garten und dann noch den Weg neben unserem Grundstück entlang“, erinnert sich Andreas Gießmann an die bangen Minuten am Sonnabendabend. Mit Wucht drückten Wasser und Schlamm gegen die Hofmauer und die Mauer des Hundezwingers, ehe es im Sichtschutz einen Durchlass fand und direkt über einen Lichtschacht in Kamin- und Nähzimmer im Keller flossen. „Da merkt man, was Wasser für eine Kraft hat, wir konnten nichts mehr machen“, so die Gießmanns.

Nach den ersten Reinigungsarbeiten war auch gestern noch gut sichtbar, dass das Wasser etwa 40 Zentimeter hoch in den Kellerräumen stand. Zudem surrt es, denn mit dem Wasser kamen auch etliche Hummeln, die nun im Lichtschacht und im Keller krabbeln. „Der Schlamm klebt extrem“, sagte Heike Giessmann, nach zwei Tagen „Knochenarbeit, um alles wieder sauber zu bekommen“.

Nach dem ersten Einsatz der heimischen Pumpe und Sandsackbefüllen, um weitere Wasser-Schlamm-Massen abhalten zu können, eilte die Klein Germersleber Feuerwehr zur Hilfe. Den Kameraden gilt Gießmanns Dank ebenso wie den fleißigen Helfern, die auch am Sonntag noch kräftig auf dem Hof anpackten.

Wie Thomas Lorenz als Einsatzleiter der Klein Germersleber Feuerwehr erklärte, war das Anwesen der Gießmanns eine von fünf Einsatzstellen in Klein Germersleben. Hinzu kam die Unterstützung der Nachbarfeuerwehr an zwei Einsatzstellen in Botttmersdorf. „Wir haben Keller, eine Garage und eine Werkstatt leergepumpt sowie die ehemalige Bundesstraße abgesperrt, weil wir die Gullys zum Wasserablauf geöffnet haben. Außerdem ist die Feldstraße am Friedhof unterspült worden, da haben wir auch eine Sperrung veranlasst“, schilderte er den Verlauf des Sonnabends zwischen 20 Uhr und Mitternacht.

Doch auch nach dem abendlichen Feuerwehreinsatz blieb auf der Durchgangsstraße viel Schlamm zurück. Gemeinsam mit der Kehrmaschine wurde dieser am Sonntag in einem vierstündigen Einsatz gereinigt. „Vielen Dank auch an die Bürger, die uns mit geschmierten Brötchen versorgt haben“, so Lorenz. In den Einsatz eingebunden war auch die Bottmersdorfer Wehr.

Die Bottmersdorfer hatten durch den Starkregen und die Gewitter ebenfalls alle Hände voll zu tun. Dabei fing alles, wie Ortswehrleiter Silvio Lanz zurückblickte, mit einem simplen Auftrag nach der ersten Husche an. Eine umgestürzter Baum war zu beseitigen. Bei der Kontrollfahrt auf dem Rückweg zum Gerätehaus zeichnete sich aber bereits ab, dass das Grundstück des Landwirtes an der Umgehungsstraße „abzusaufen“ drohte. Von kurz nach 19 Uhr bis 23.15 Uhr kümmerten sich die Kameraden nicht nur um das Pumpen auf dem besagten tieferliegenden Grundstück, sondern auch um sechs Keller, die voll Wasser gelaufen waren. Bis am Sonntag dann die Sirene nach Klein Germersleben rief, war der Vormittag der Fahrzeug- und Pumpenreinigung vorbehalten.

„Wer so etwas noch nicht erlebt hat, der kann es sich auch nicht vorstellen“, sagte die Bottmersdorferin Ines Piela. Auch auf ihrem Grundstück an der Umgehungsstraße hat sich das Wasser seinen Weg gesucht. Keller und Garage waren überflutet. „Unsere tieferliegende Kellertür hat man kaum noch gesehen“, berichtete Ines Piela, die seit Sonnabend ebenfalls mit den Hinterlassenschaften der Schlammmassen in ihren Räumlichkeiten den Kampf aufgenommen hat. „Wir können die Räume nicht benutzen“, so Ines Piela. Betroffen war ebenso die Familie ihrer Tochter Sabrina, die gleich nebenan wohnt.

Aus Richtung der Zwiebelhalle und aus der Ortsmitte Richtung Wanzleben trafen sich die schlammigen Wassermassen an der Ecke Umgehungsstraße. Werner Arndt hat die Schwachstelle nicht nur im Gefälle der Straße ausgemacht, sondern auch in den zum Teil schlecht gepflegten und verrohrten Gräben. „Die Gräben können es nicht schaffen“, erklärte der Landwirt, der zu seinem eigenen Schutz ebenfalls Sandsäcke geschippt hat. Etliche Zentner Kartoffeln musste er aus dem Keller schippen, denn in dem Wasser-Schlamm-Gemisch, die das Grundstück überfluteten, waren auch Fäkalien, die sich aus der Schmutzwasserkanalisation nach oben drückten. Ein neuralgischer Punkt sei nach Arndts Aussage zudem ein Durchlass an der Umgehungsstraße, an dem auch noch das Wasser aus der Dorfmitte in den Graben eingeleitet wird, um dann weitere Hunderte Meter zur Sarre zu fließen.

Um am Sonnabend etwas Entlastung zu schaffen, unterstützte Werner Arndt mit seinem Sohn Michael nicht nur die Feuerwehr beim Abpumpen an den Straßen, sondern rückten auch mit schwerer Technik an, um die Gräben an den Brücken freizuräumen und so das Abfließen des Wassers zu ermöglichen. „Gewässerpflege muss man im Vorfeld machen, nicht erst, wenn die Katze in den Brunnen gefallen ist“, so Werner Arndt. Als Mitglied des Ortschaftsrates sieht er die fatale Situation vom Wochenende auch demnächst auf der Tagesordnung des Rates stehen. „Da muss etwas geschehen“, erklärte er.

Das abgepumpte Wasser – es waren mindestens 380 Liter – verteilte Michael Arndt auf der Wiese. Bis um 5 Uhr früh dauerte seine arbeitsreiche Nacht.

Der Rekord mit 133,4 Litern Regen pro Quadratmeter an einem einzigen Abend hat Bottmersdorf und Klein Germersleben zwar in die Medien gebracht, aber bei manchen wird sich der Rekord besonders negativ einprägen. Auch René Gehre als Ortsbürgermeister war gestern noch erschüttert, angesichts der Bilder aus seinen Dörfern. Überflutete Grundstücke, gesperrte Straßen. „So etwas will man nicht noch einmal erleben, das war einfach zu viel. Das sind Wassermassen, mit denen man nicht umgehen kann, weil Äcker höher liegen und innerorts zu viele Flächen versiegelt sind“, fügte der Ortsbürgermeister an, der den Feuerwehrkameraden und allen Helfern seinen Dank aussprechen möchte.

Die Unwetterlage hat aber auch in fast allen anderen Orten der Stadt Wanzleben-Börde die Feuerwehren auf den Plan gerufen. Nach Aussage des Stadtwehrleiters Burkhard Wegner waren bis auf die Wehren aus Dreileben, Eggenstedt, Klein Rodensleben und Seehausen alle mit unwetterbedingten Einsätzen beschäftigt. Dreieinhalb Stunden übernahm am Sonnabendabend die örtliche Einsatzleitung im Wanzleber Gerätehaus die Koordination der Einsätze im Gemeindegebiet.