Tierschutz Wilde Katzen sind in der Einheitsgemeinde Wanzleben wieder ein großes Problem
Schon vor gut zwei Jahren haben freilaufende Katzen ein Problem in der Einheitsgemeinde Wanzleben dargestellt. Das Problem ist jetzt wieder zurückgekehrt, und Tierschützer wie auch das Ordnungsamt suchen nach Lösungen.

Wanzleben - So eine Katze, die mauzend um das Haus schleicht, bewegt so manches Menschenherz. Schnell bekommen die herumstreifenden Samtpfoten daher so manches Leckerli dargeboten. Das kann sich aber ganz schnell zu einer Rundumfütterung ausweiten, und so eine Mieze bleibt auch selten allein. Im Nu tummeln sich die Tiere dort, wo sie vielleicht sogar mehrmals am Tag etwas zu Fressen bekommen. Das spricht sich in der Katzen-Szene ganz schnell herum. Läuft das alles über einen längeren Zeitraum, dann sorgen die „Stubentiger“ auch schnell für Nachwuchs. Die kleinen putzigen Fellknäuel sind dann auch ganz nett anzuschauen, aber sie bringen Hunger mit.
Mitleid wird mit vielen Streunerkatzen belohnt
Solche Situationen kennen die Mitstreiter des Bündnisses für Tiere nur zu gut. „Es fängt mit Mitleid und dem Wunsch zu helfen an und plötzlich werden aus zwei Katzen gar acht oder zehn“, sagt Karin Stasch. Dann werden auch Vermieter auf die Sache aufmerksam, und der hilfsbereite Katzenretter steht in der Kritik. Spätestens hier werden die Tierschützer kontaktiert und sollen helfen. „Dann ist das Kind aber in den Brunnen gefallen“, sagt die Vorsitzende Mirjam Karl-Sy.
Schon vor einigen Jahren waren die Tierschützer in der Einheitsgemeinde aktiv und haben offizielle Futterstellen eingerichtet. Dort werden die Katzen eingefangen, kastriert, vermittelt oder freigelassen. „Zumindest ist dann gesichert, dass sich die Tiere nicht weiter unkontrolliert vermehren“, erklärt die Vorsitzende.
Die Futterstellen gibt es in Hohendodeleben und Wanzleben in der Goethestraße. Mittlerweile ist eine weitere an der Burg dazugekommen. Das hat seinen Grund, denn was vor gut zwei Jahren etwas eingedämmt wurde, wächst inzwischen wieder wild aus. Die Tierschützer, ihre Helfer und Unterstützer haben nämlich alle Hände voll zu tun. So rückte im zurückliegenden Jahr die Gartensparte „Frieden“ in den Fokus. Hier wurden 1000 Euro aufgewendet, um Katzen kastrieren zu lassen. Die dafür notwendigen Kosten unterscheiden sich dabei je nach Tierarzt. In den drei zurückliegenden Jahren half die Stadt Wanzleben zusätzlich mit 4000 Euro aus.
Eine generelle Lösung sehen die Tierschützer in einer möglichen Kastrationspflicht für Katzen von Haltern. Dazu kommt noch die intensive Aufklärung in der Bevölkerung.
Offizielle Futterstellen mit Bürgerunterstützung
„Man sollte keine Streuner füttern. Wenn es einer Katze gut geht, dann vermehrt sie sich auch“, erklärt Mirjam Karl-Sy. „Schon haben wir einen Effekt, denn wir nicht wollen.“ Die Einrichtung von Futterstellen, an denen die „herrenlosen“ Katzen eingefangen werden, ist aber nicht einfach. „Wir benötigen da die Hilfe von Bürgern, die sich vor Ort kümmern“, betont die Vorsitzende.
Beim Ordnungsamt der Stadt ist man den ehrenamtlichen Tierschützern dankbar. Leiter Kai Pluntke sieht die Forderung nach Kastrationspflicht im Augenblick nicht als umsetzbar an. „Im Jahr 2019 hat der Gesetzgeber den Gemeinden mit Änderung des Paragrafen 13 b im Tierschutzgesetz eine neue Aufgabe übertragen. Seitdem haben wir die Möglichkeit, bestimmte Gebiete zum Schutz der Katzen festzulegen. Hier können dann die Halter verpflichtet werden, diese kastrieren zu lassen oder sie einzusperren“, erläutert er. Obwohl es in erster Linie um Tierschutzangelegenheiten gehe, wurde jedoch nicht dem Landkreisen, sondern den Gemeinden diese Aufgabe zugewiesen.
Folglich muss sich das jeweilige Ordnungsamt damit befassen. Wobei eigentlich eine Tierschutzbehörde des Kreises der bessere Adressat wäre, befindet Pluntke. „Wir sind als Sicherheitsbehörde gar nicht für Tierschutzbelange ausgebildet. Die Umsetzung dieser Verordnung ist ohne eine Erhöhung des Personalansatzes nicht machbar.“
Da die Einführung solcher Gebiete im eigenen Ermessen steht, finanziert das Land diese Aufgabe nicht. „Somit verstößt dieses gegen den Konnexitätsgrundsatz gemäß Landesverfassung“, betont Pluntke Eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung des Landes gab es zu dem Gesetz übrigens auch nicht. Der Ordnungsamtsleiter fordert daher die Übertragung auf die zuständige Tierschutzbehörde oder aber die Ausstattung der Kommunen mit genug finanziellen Mitteln.
Damit können sich auch die Tierschützer anfreunden. „Der Landkreis wäre dann auch in der Lage, die von uns angepeilte Kastrationspflicht anzuordnen“, sagt Mirjam Karl-Sy.
Alarmierende Zahlen vom Tierschutzbund in Sachsen-Anhalt
Das Problem mit den Streunerkatzen ist ein sachsen-anhalt-weites. Das bestätigen Mitglieder aus dem Vorstand des Landes-Tierschutzbundes. So verweist Schatzmeister und Geschäftsstellenleiter Otfried Müller auf die immensen Kosten. Bereitgestellt werden dafür Gelder vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie, die allerdings vorher beantragt werden müssen.
Beteiligte Vereine bekommen derzeit 4000 Euro für die Umsetzung von Kastrationen. Aus dem Topf werden 100 Euro für die Kastration einer Katze und 50 Euro für die eines Katers gedeckelt. Das wiederum weiß Mirjam Karl-Sy als zweite Stellvertreterin zu berichten. Kastriert wurden über die beteiligten Vereine im Jahr 2020 720 Tiere. Im ersten Vierteljahr 2021 waren es schon 837 Tiere. Zu beachten ist: Nicht alle Vereine des Landes machen dabei mit. Somit ist mit einer Dunkelziffer zu rechnen.
Von den 100 000 Euro, die das Land für 2021 bereit gestellt hat, sind bisher schon weit über 50 000 Euro verwendet worden. Damit mussten die Tierschützer schon in den Etat für die zweite Jahreshälfte greifen. Für gewöhnlich wird die Summe in zwei Teile im Jahr gesplittet.