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Rechtsextremismus Vorbild Diktatur, Ziel Nationalsozialismus

Seit Ende 2015 ist sie in Wernigerode aktiv. Hier gibt es Hintergründe und Strategie der "Identitären Bewegung Harz".

Von Peter Lehmann 26.02.2016, 23:01

Wernigerode l Seit dem Weihnachtsmarkt sind sie in Wernigerode aufgetaucht, stellen Grablichter auf, wollen „den Großen Austausch stoppen“, erst am Rathaus, dann an der Blumenuhr und jetzt auf dem Nico: die „Identitäre Bewegung Harz“.

Wer ist diese „Identitäre Bewegung“? Sie stammt ursprünglich aus Frankreich und ist dort mit der rechtsextremen Partei Front National verbunden. In ihrer Selbstdarstellung definiert sie sich als „freie, patriotische Kraft“, die sich „für Heimat, Freiheit und Tradition“ einsetzt.

Um ihre Ideen und Ziele zu erkennen, genügt es, sich ihre Transparente und Fahnen anzusehen. Da wird unter der Parole „Islamist not welcome“ ein mittelalterlicher Reiter gezeigt, der mit einer Lanze zwei bewaffnete Muslime jagt. Spruch: „Stay back or we‘ll kick you back“, meint etwas frei: „Hau ab oder wir kicken dich raus!“ Da die Identitären von sich behaupten, sie hätten nichts gegen Flüchtlinge, wohl aber etwas gegen die Flüchtlingspolitik, signalisieren sie mit ihrem Plakat: Wir räumen gewaltsam auf.

Eindeutiger noch ist ihre Fahne: Auf gelbem Grund ist in einem schwarzen Kreis ein schwarzer Winkel zu sehen. Entlehnt ist dieses Zeichen den Schilden der Spartaner, die 480 v. Chr. an den Thermopylen gegen die Übermacht der Perser kämpften – bis zum letzten Blutstropfen, weil es ihnen so befohlen war. Der Winkel auf der Identitären-Fahne zeigt den griechischen Buchstaben Lambda für die Lakedaimonier – die griechische Bezeichnung der Spartaner – vom Peloponnes. Jenes Sparta der Antike war eine militante Diktatur, die Frauen als Soldaten-Gebärerinnen ansah und in der männliche Kinder nicht in ihrer Familie, sondern in staatlichen Einrichtungen zu Kämpfern aufgezogen und ausgebildet wurden. Dieses System, das sich stark von der Demokratie Athens unterschied, diente idealisiert den Nationalsozialisten als Vorbild. Nazi-Ministerpräsident Göring rühmte die Toten aus der Schlacht von Stalingrad wie einst die Spartaner für ihren „heroischen Heldentot“ (Monika Schuol). Wie den Nationalsozialisten gelten auch den Identitären die antiken Spartaner als Vorbild, auch darum, weil sie sich „wie das Gesetz es befahl“ gegen die fremdländischen Perser bis zum eigenen Tod stemmten.

Bei den Identitären verbindet sich der völkische Nationalismus mit einer Ideologie der „Reinhaltung der Rasse“. Nur sprechen sie nicht von einer „Rassenideologie“, sondern von „Ethnopluralismus“, heißt: „Völkervielfalt“. Dabei geht es aber nicht um Vielfalt im eigentlichen Sinn. Sie wollen vielmehr die deutsche nationale Identität rein erhalten. Jedes Volk soll „seinen Platz“ haben. Das ist Separatismus und nichts anderes als Apartheid. Deshalb haben sie sich eine Verschwörungstheorie ausgedacht: Die „da oben“ betreiben in Politik und Wirtschaft einen „geplanten und gewollten Großen Austausch“ der einheimischen Bevölkerung durch Fremde. Dabei sind die Parlamente, die Universitäten, die Kultur- und Wirtschaftsbetriebe und die Medien die treibenden „Agitationszentralen“, wie man auf der Website der Identitären lesen kann.

Ausgerechnet in Sachsen-Anhalt, im Rittergut Schnellroda zwischen Querfurt und Freyburg, das sich kühn „Institut für Staatspolitik“ nennt, beteiligen sie sich am Schulungszentrum der „Neuen Rechten“. Selbst grenzen sie sich auf Flugblättern und ihrer Internetpräsenz von den „alten Rechten“ wie NPD und Republikanern und anderen Ablegern gern ab. Gleichzeitig aber vertreten sie einen offenen Nationalismus, versteckten Rassismus und undemokratische Demagogie.

Das alles versteckt sich in der „Identitären Bewegung“, die sich gern bei Pegida beteiligt und sich mit rechtsextremen Kameradschaften verbindet. Grablichter gegen die Flüchtlingspolitik aufstellen verharmlost ihre Ziele für eine total veränderte Gesellschaft, in der Menschenrechte und Demokratie abgeschafft und militärische Diktatur und völkische Rassentrennung aufgebaut werden sollen. Fehlt eigentlich nur noch die Einführung des „Arier-Nachweises“, um einen neuen Nationalsozialismus zu begründen.