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Küchengarten Widerstand in der Rathenau-Straße

Drei Jahre, nachdem sich ein Architekturwettbewerb dem Küchengarten in Wernigerode gewidmet hat, ist die Fläche noch immer Brache.

Von Julia Bruns 26.08.2016, 01:01

Wernigerode l Stillstand auf dem Wernigeröder Küchengarten: Während die Schüler der Liv-Ullmann-Schule in wenigen Tagen die Einweihung ihres Spiel- und Sportplatzes feiern, sieht es nebenan auf der Brache der einstigen Grundschule „Maxim Gorki“ wüst aus.

Was ist aus den Plänen geworden, eine moderne Siedlung aus luxuriösen Ein-, Reihen- und Mehrfamilienhäusern samt Tiefgarage zu errichten? Einzig die Zufahrt zwischen Schulgelände und späterem Wohngebiet ist bislang entstanden. „Wir wollen den Bebauungsplan noch 2016 fertigstellen“, sagt Wernigerodes Baudezernent Burkhard Rudo auf Nachfrage. „Allerdings gestaltet sich die Arbeit schwierig in Anbetracht der erheblichen Reaktionen der Anlieger.“

Es geht um den Grundwasserspiegel, um Artenschutz, um Lärmschutz, das künftige Verkehrsaufkommen, die Blickbeziehungen zwischen den Objekten, die Ausrichtung der Häuser und ihre Gestaltung: Die Papierflut, die das Bauamt in diesem Beteiligungsverfahren bearbeiten muss, übertreffe alles, was die Mitarbeiter bislang erlebt haben, sagt der Bauchef.

Wie viele Anwohner sich genau beteiligt haben, vermag er aus dem Gedächtnis nicht zu sagen. Nicht ganz jeder, aber definitiv weit mehr als jeder zweite Anlieger habe von seinem Recht Gebrauch gemacht, sich mit einer Eingabe in die Öffentlichkeitsbeteiligung, die das Bebauungsplanverfahren vorsieht, einzubringen. „Dass sich Bürger beteiligen, ist natürlich legitim“, räumt Rudo ein. Es liege schließlich im Interesse der Stadtverwaltung, dass die Anwohner nicht durch das neue Wohngebiet und die dafür erforderlichen Bauarbeiten beeinträchtigt werden.

Der Baudezernent: „Es sind vor allem kritische Anmerkungen eingegangen, die das gesamte Projekt in Frage stellen. Wir müssen uns umfänglich damit auseinandersetzen und am Ende einen rechtssicheren Bebauungsplan vorlegen.“

Nicht nur die Masse der Eingaben, auch die Qualität steche bei diesem Projekt besonders hervor. „Einige Anwohner lassen sich anwaltlich vertreten. Es wurden Gegengutachten vorgelegt“, sagt er. Das habe ein zusätzliches hydrologisches Gutachten erforderlich gemacht, das die Stadtverwaltung in Auftrag geben musste. Über den Inhalt dieser Gutachten dürfe er in Anbetracht des laufenden Verfahrens keine Aussage treffen.

„Die Stadtwerke wollen das Grundstück weiterhin erwerben, erschließen und gemeinsam mit der Verwaltung über einen geeigneten Bauträger entscheiden, der das Projekt umsetzt“, so Rudo. Den Küchengarten als innerstädtische Brachfläche gelte es, definitiv zu bebauen. „Ein inneres Stadtgefüge ist dafür da, dass es baulich entwickelt wird“, formuliert es Burkhard Rudo. „Wir brauchen die Wohnungen in Wernigerode. Das zeigt die Nachfrage.“

Laut aktueller Planung soll das Areal mit acht Einfamilienhäusern und sieben Stadtvillen bebaut werden. Letztere sollen einen Zugang zu einer gemeinsamen Tiefgarage haben. Alle Gebäude verfügen über zwei Geschosse, zwei Stichstraßen von der Walther-Rathenau-Straße und der Lindenallee sollen das Wohngebiet an den Verkehr anbinden.

Die Befürchtung der Anwohner ist, dass im Zuge der Bauarbeiten und danach ihre Häuser beschädigt werden – vor allem durch Grund- und Regenwasser. Rund 40 Anwohner haben sich deshalb vor drei Jahren zu einer Bürgerinitiative zusammengeschlossen. Sorgen bereitet ihnen vor allem die geplante Tiefgarage. Sie befürchten, dass die Grube wie eine Staumauer wirkt und dadurch mehr Wasser in Richtung ihrer Grundstücke gelenkt wird. Die Folgen würden nicht nur unmittelbare Anlieger zu spüren bekommen. Betroffen sein könnte das unterhalb gelegene Grundstück Breite Straße 84, das auch bebaut werden soll.

Auch dort stagniert die Planung, wie Burkhard Rudo auf Nachfrage einräumt. Im Stadtrat war ein neues Konzept gefordert worden, das den Bedarf nach seniorengerechten Wohnungen berücksichtigt. Dies werde derzeit ausgearbeitet. Laut Rudo ist der hohe Krankenstand im Stadtplanungsamt ein Problem. Zeitweise waren drei von fünf Stadtplanern krank geschrieben.