Polizeirat Tilo Schott stellte dem Stadtelternrat Pläne für den Ernstfall vor Alarmanlagen, Videoüberwachung und Krisenteams: Amok ist auch hier Thema
Littleton, Erfurt, Winnenden - Städte, die wegen Amokläufen in den Schlagzeilen standen. In Wernigerode informierten sich Elternvertreter bei Polizeichef Tilo Schott, wie gut die Schulen hier auf den Ernstfall vorbereitet sind.
Wernigerode l "Keiner ist davor gefeit", sagte Tilo Schott. Der Wernigeröder Polizeirat sprach vor den Mitgliedern des Stadtelternrats über ein brisantes Thema: Amok. Ein Fall aus dem Dezember zeigt, dass sich so ein Schreckensszenario nicht nur in US-amerikanischen Highschools abspielen muss. Auch in einer Wernigeröder Schule war es beinahe zu einem verheerenden Amoklauf gekommen. Damals hatte eine Mitschülerin rechtzeitig die Lehrer alarmiert, nachdem sie auf dem Handy eines Klassenkameraden eindeutige Nachrichten an einen Freund gefunden hatte (Volksstimme berichtete).
"Es lag bereits eine konkrete Planung der Tat vor", so Tilo Schott. "Es fehlte nur noch die Waffe." Die beiden Jungen wurden in die Kinder- und Jugendpsychiatrie eingewiesen. Nur einen Monat zuvor hatte eine 13-Jährige zwei Brandsätze im Gymnasium in Ballenstedt gezündet.
Die Vorsitzende Cary Barner und die übrigen Mitglieder des Stadtelternrates suchten das Gespräch mit Tilo Schott. "Nicht nur reden, auch handeln", erklärte die Rechtsanwältin ihre Devise. Schließlich seien sie als Eltern bei der Prävention genauso gefragt wie die Lehrer. "Es gibt aber keine spezielle Amokprävention", stellte der Polizeichef klar. "Wichtig ist, dass Eltern, Lehrer und Kinder miteinander sprechen, und falls es ernste Anzeichen gibt, ist die Polizei mit ins Boot zu holen."
"Falls ein Amoklauf eintritt, sind wir vorbereitet."
Tilo Schott, Polizeirat in Wernigerode
Alarmierende Anzeichen seien zum Beispiel Selbstmordversuche in der Vergangenheit und eine hohe Affinität zu Waffen und die Verehrung von Massenmördern."Die Schulen sollten Konzepte haben, falls so eine Situation eintritt", so der Beamte. Dazu gehören Verhaltensanordnungen, Checklisten und Rettungswegepläne. An vielen Wernigeröder Schulen gibt es mittlerweile auch Krisenteams, in denen Lehrer und Mitarbeiter im Fall der Fälle bestimmte Funktionen übernehmen, um schnell handeln zu können.
"Die Polizeibeamten haben an allen Schulen, außer den Grundschulen, mit dem Personal über den Einsatzablauf gesprochen", sagte Schott den Elternvertretern. "Alle haben einen Verhaltenskatalog zu Amokläufen erhalten." Er hoffe natürlich, dass so ein Fall nie eintrete. "Aber falls er eintritt, sind wir vorbereitet."
Auch am Gerhart-Hauptmann-Gymnasium hat solch ein Krisenteam bereits den Ernstfall durchgespielt. "Bei uns ist es allerdings problematisch, weil unsere Kollegen zwischen zwei Gebäuden pendeln - der ehemaligen Raabe-Schule und dem Haus an der Westernstraße", erklärte Direktor Herbert Siedler. Es wurde übrigens ohne Schüler geprobt. Davon sei dringend abzuraten, so Schott: "Das ist zu riskant. Manch ein Kind wird erst durch so eine Übung dazu angeregt."
Zu den neuen Empfehlungen für den Alarmplan gehört auch, dass es Nummern nicht nur außerhalb der Klassenräume, sondern auch in den Zimmern gibt. Dadurch wissen Schüler im Notfall sofort, wo sie sich befinden. "Mittlerweile haben wir von allen Schulen genaue Pläne, damit sich die Beamten in den Gebäuden schnell orientieren können", erklärte der Polizei-Chef weiter.
"Einige Schulen haben elektrische Türschlösser und Videoüberwachung"
Margrit Kaufmann, Schulverwaltungsamt
Margrit Kaufmann vom Schulverwaltungsamt der Kreisverwaltung informierte die Eltern, dass es auch eine Arbeitsgruppe mit Mitarbeitern des Schulverwaltungsamtes, Bauamtes, der Polizei und einer Schulpsychologin gebe. Und: "Einige Schulen im Harzkreis haben in ihren Eingangsbereichen bereits elektrische Türverschlüsse und Videoüberwachung", so Margrit Kaufmann. Außerdem hat die Kreisverwaltung zwei Arten von Alarmsignalen eingeführt. Schulen, die mit neuen Anlagen ausgerüstet sind, haben ein Signal bei Bränden und eines bei Amoklauf.