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Arena Schwerer Gang zum Richtfest

Der Wernigeröder Stadtrat hat am Donnerstag entschieden, dass an der Arena weitergebaut werden kann. Am Mittwoch wird Richtfest gefeiert.

Von Julia Bruns 26.08.2017, 01:01

Wernigerode/Schierke l Die Einladung ist gleich nach der Stadtratssitzung rausgegangen: In der Schierker Feuerstein-Arena wird am Mittwoch mit Bauleuten und geladenen Gästen Richtfest gefeiert. Bevor der Termin veröffentlicht wurde, mussten die Lokalpolitiker im Wernigeröder Stadtrat am Donnerstagabend zwei Entscheidungen treffen: Stimmen sie einer Umschichtung im laufenden Haushalt zu, damit die Stadtverwaltung die letzten Arbeiten an der Arena aus eigener Kraft zahlen kann?

Die zweite Entscheidung: Geben Sie grünes Licht für den Betriebskostenzuschuss über 236.000 Euro, mit denen Werbung, Personalkosten und Eröffnungsfeier am 15. Dezember bezahlt werden können?

In beiden Fällen entschied der Stadtrat nach kontroverser Debatte zugunsten der 8,445-Millionen-Euro-Arena, jeweils mit 22 Ja-Stimmen. Der Tenor: Ein Nein für die eine oder die andere Vorlage hätte zur Folge, dass das bereits eingesetzte Fördergeld in Höhe von etwa vier Millionen Euro zurückgezahlt werden muss und ein sofortiger Baustopp erfolgt. Damit, das wurde in der Debatte deutlich, wollten – bis auf die schärfsten Kritiker des Projektes aus den Reihen von Bündnis 90/Grünen/Piraten-Fraktion – die Mitglieder nicht leben.

Vor den Abstimmungen wandte sich Oberbürgermeister Peter Gaffert (parteilos) an die Bürger und den Stadtrat, erinnerte an den Erfolg vergangener Großprojekte und daran, dass die Stadt von der Arena und folgenden, privaten Investitionen in Schierke durch Einnahmen aus der Kurtaxe profitieren wird.

„Ich erinnere an den Bau der B6-Auffahrt Wernigerode-Nord, an den Bau des Altstadtkreisels und an den Bürgerpark“, so der Stadtchef. „Es gab schon immer Diskussionen, ob man diese schwierigen, großen Projekte anschiebt. Aber all diese Vorhaben haben zur Verbesserung unserer Lebenssituation in Wernigerode geführt.“ Einstürzende Brücken, marode Häuser und heruntergekommene Straßen – „das war Schierke im Jahr der Eingemeindung“, so Gaffert. „Wir hatten gemeinsam den Mut, dieses Ortsentwicklungskonzept zu beschließen. Fahren Sie heute mal nach Schierke: Sehen Sie, wie kleine Pensionen sich modernisiert haben.“

Gaffert gab unumwunden zu, dass die Entscheidung für die Arena im Jahr 2014 knapp ausgefallen war – „aber wir haben uns dafür entschieden.“ Wenn man die vielen Fördermillionen bedenke, von denen Schierke bereits profitiert hat, seien die 480.000 Euro eine überschaubare Summe. Er ließ in der Beschlussvorlage verankern, dass dieses Geld im Haushalt 2018 fest für das Gemeinschaftsgebäude für Feuerwehr, Bergwacht und Bauhof in Schierke eingeplant werde.Bei diesem Projekt wird die für 2017 eingestellte Summe von 1,6 Millionen Euro nicht vollständig benötigt. Vor dem Winter werde noch die Bodenplatte gegossen, der Hochbau beginne erst 2018, so der Pressesprecher der Verwaltung, Tobias Kascha, auf Nachfrage.

Zum Hintergrund: 480.000 Euro hatte die Stadtverwaltung beim Land als Nachschlag für den Arena-Bau beantragt, und im Juli eine Absage erhalten. Dadurch war die Finanzierung der Arena in Schieflage geraten, die Stadt muss den Bauabschluss aus eigener Tasche zahlen.

Die Eröffnung des Eisstadions, dessen Kosten beim Baustart 2016 noch mit 7,1 Millionen Euro kalkuliert wurden, ist für den 15. Dezember geplant.

Peter Gaffert, Oberbürgermeister: „Natürlich ist es bitter, wenn ein Bauprojekt teurer wird, aber gewisse Dinge können wir als Stadt nicht beeinflussen. Wir werden uns noch intensiv mit dem Architekturbüro auseinander setzen. Aber das darf nicht dazu führen, dass wir das Bauvorhaben scheitern lassen.“

Martina Tschäpe (SPD-Fraktion): „Die Beschlussvorlage zum Zuschussbedarf ist falsch formuliert. Es handelt sich nicht um den Zuschuss für einen 14-tägigen Betrieb der Arena, sondern vielmehr um eine Anschubfinanzierung. Das sind einmalige Kosten, die entstehen, wenn ein Produkt auf den Markt kommt.“

Frank Diesener (CDU): „Wir stehen zu Schierke, aber wir sollten auch den Mut aufbringen, die Dinge neu zu bewerten und kritisch zu beleuchten. Die Kosten sind gewaltig aus dem Ruder gelaufen, und das Verhältnis zwischen Investition und Nutzen muss hinterfragt werden. Diese Entscheidung fällt sehr schwer.“

Dennis Mau (Piraten): „Wir haben als Stadtrat eine Aufsichtspflicht. Ich bitte Sie, diesem Wahnsinnsprojekt eine Absage zu erteilen. Es erinnert mich an König Ludwig II. und Schloss Neuschwanstein. Man sollte aus der Bauruine der Arena ein Mahnmal für Steuerverschwendung machen.“

Thomas Schatz: „Die Arena hat mit der ureigensten Aufgabe der Stadt, der Daseinsvorsorge, gar nichts zu tun. Wir haben schon früh gewarnt, dass uns dieses Prestigeobjekt auf die Füße fällt. Damals haben wir vor den Folgekosten gewarnt. Nun fällt es uns bereits beim Bau auf die Füße. “

 

Kevin Müller (SPD): „Uns wird heute die Pistole auf die Brust gesetzt. Das Bauministerium hat uns eine Absage erteilt. 5,15 Millionen Euro Fördergeld sind eingeplant, 4 Millionen bereits verbaut. Wenn wir mit ‚Nein‘ stimmen, müssen wir alles zurückzahlen. Es entstünde eine Investruine.“

Matthias Winkelmann (CDU): „Ich bestehe darauf, dass die 480 000 Euro fest eingeplant werden für das Funktionsgebäude für Feuerwehr, Bauhof und Bergwacht in Schierke. Das Ortsentwicklungskonzept für Schierke hat übrigens vier Punkte. Und der vierte Punkt ist der wichtigste: die privaten Investitionen.“

André Weber: „Wir müssen kritischer mit allzu euphorischen Visionen des Oberbürgermeisters, bunten Bildern von Architekten und optimistischen Gutachten umgehen. Wer dem Ruf der Fördermillionen blindlings folgt, muss sich über die tödliche Wirkung dieses ‚süßen Giftes‘ nicht wundern.“

Sabine Wetzel (Bündnis90/Grüne): „Es stellt sich die Frage, ob die Rückzahlung der bisher geflossenen Fördermittel, der Baustopp und die ehrliche Suche nach einem Betreiber nicht die letzte Ausfahrt auf einer Autobahn in den finanziellen Absturz Wernigerodes sind. Die Rückzahlung scheint am Ende billiger.“