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Tourismus Auf eigene Faust durch die Höhle

In der Corona-Krise beschreiten die Rübeländer Tropfsteinhöhlen neue Wege und lassen Gäste selbstständig auf Erkundungstour gehen.

Von Karoline Klimek 18.05.2020, 01:01

Rübeland l Lange Zeit war es ruhig in Rübeland. Die Parkplätze standen leer, die Tropfsteinhöhlen waren für Besucher geschlossen. Seit Samstag ist ein Stückchen Normalität zurückgekehrt. Im Zuge der Lockerungen hat der Tourismusbetrieb der Oberharzstadt die Chance zur Wiederöffnung genutzt – zumindest für eine der beiden Höhlen. Das an die Corona-Krise angepasste Konzept wurde am Donnerstag vom Landesbergamt freigegeben und bringt den Besuchern ungewohnte Freiheiten.

„Die Höhle ist ein Stillleben, und da es die ersten Lockerungen für museale Einrichtungen gibt, hatten wir die Idee, bei uns einen musealen Charakter zu erzeugen“, beschreibt Markus Mende, Marketingchef im Tourismusbetrieb, seine Überlegungen. Um wieder öffnen zu können, wird auf die sonst üblichen Führungen verzichtet. „Wenn man die Leute einzeln durchschickt, hat man auf den 700 Metern Führungsweg die Möglichkeit, die Abstände am besten einzuhalten“, erklärt er. Erstmals in der Betriebs-Historie seien die Besucher zum selbstständigen Besichtigen und Erkunden eingeladen.

Statt großer Gruppen werden maximal fünf Menschen gleichzeitig in die Höhle gelassen. Im Abstand werde dann der nächste Einlass erfolgen, wie Betriebsleiter Thomas Schult erklärt. „Wir haben aus unserem Mitarbeiterkreis aus den geschlossenen Tourist-Informationen Hygienebeauftragte bestimmt, die am Zugang zur Höhle dafür Sorge tragen, dass alles ordnungsgemäß abläuft und die Leute informiert werden“, erklärt er. Zudem sollen sie darauf achten, dass sich keine Schlangen vor der Tür bilden, sondern zum Verweilen das Umfeld genutzt werde.

„Wir haben außerdem unsere Höhlenführer als Sicherheitspersonal eingesetzt. Sie werden zirka alle 150 Meter in der Höhle positioniert, bewegen sich innerhalb eines bestimmten Radius frei und überwachen die Einhaltung der Sicherheitsbedingungen“, ergänzt Markus Mende. So werde darauf geachtet, dass sich keine Staus bilden und immer genügend Abstand zwischen den einzelnen Gruppen garantiert ist sowie durchgängig ein Mund-Nasen-Schutz getragen wird. Darauf weisen auch Schilder in den Höhlen hin.

Zudem habe das Marketing Schautafeln erstellt, die die Besucher durch die Höhle führen. „Diese stehen dort, wo genug Abstandsflächen vorhanden sind und wo wir sonst auch bei den Höhlenführungen Informationen an die Gäste weitergeben. In wenigen Sätzen steht darauf, wo sich der Besucher gerade befindet und welche Besonderheit er hier sehen kann“, erklärt er.

Zwei Stellen sind darüber hinaus als Fotopunkte markiert worden. „Wenn die Besucher alleine durch die Höhle gehen, ist es utopisch zu glauben, dass sie nicht auch fotografieren. Um das ein wenig einzudämmen, gibt es zwei Punkte, an denen wir das Fotografieren offiziell gestatten“, erzählt der Marketingchef.

Dies sei aus Sicherheitsgründen normalerweise verboten. „Dadurch, dass die Leute frei reingehen, haben wir aktuell die komplette Höhle beleuchtet. Bei regulärem Führungsbetrieb machen wir das nur abschnittsweise. Wenn sich Leute zurückfallen lassen, um etwas zu fotografieren, verlieren sie den Anschluss an die Gruppe und stehen im Dunkeln in der Höhle.“ Mit dem neuen Konzept ergeben sich neue Möglichkeiten, „und diese wollen wir den Besuchern auch anbieten“, sagt Markus Mende.

„Das Besucher-Erlebnis ohne Führung ist definitiv anders, hat für die Besucher aber durchaus seine Reize“, fässt er zusammen. Da trotz aller Vorzüge der Service eines geführten Rundgangs fehle, habe die Betriebsleitung sich auf reduzierte Eintrittspreise geeinigt. Bis zu 30 Prozent können Besucher im Vergleich sparen. So zahlen Erwachsen statt 8,50 Euro nur sechs Euro, Karten für Kinder kosten statt 5,50 Euro derzeit vier Euro. Familientickets sind um fünf Euro auf 20 Euro gesenkt worden.

„Damit wir den Kontakt an der Kasse so gering wie möglich halten und dort wenig Berührungspunkte haben, hoffen wir, dass die Besucher vorwiegend online ihre Tickets kaufen“, erklärt Thomas Schult. Dies sei im Internet unter www.harzer-hoehlen.de möglich. Die Käufer müssen sich hierbei für ein Datum und eine Zeitspanne entscheiden, innerhalb der sie die Höhle besuchen möchten. Angeboten wird die Öffnung Dienstag bis Sonntag jeweils vormittags von 10 bis 11.30 Uhr, mittags von 12 bis 13.30 und nachmittags von 14 bis 15.30 Uhr. Der letzte Einlass erfolgt jeweils eine halbe Stunde vor der Pause beziehungsweise Schließung.

„Die Zeiträume sind bewusst so angelegt, weil wir nur eine überschaubare Anzahl an Mitarbeitern haben. Und wir können sie nicht sechs Stunden bei acht Grad Celsius unter Tage lassen“, erklärt Thomas Schult. „Nach den eineinhalb Stunden wollen wir den Mitarbeitern eine Pause geben. Zudem werden in der Zeit die Handläufe desinfiziert, bevor die nächste Runde hineinkommt.“

Ob das Konzept über die Corona-Zeit hinaus in das Gesamtkonzept der Höhlen eingearbeitet werden könne, stehe noch nicht fest. „Für uns ist das zunächst ein Versuch, um die geltenden Hygiene- und Abstandsregelungen einzuhalten und dadurch einen Publikumsverkehr in der Höhle zu ermöglichen – und zwar für jeden Gast auf eine sichere Art und Weise“, sagt Markus Mende aus dem Marketing. „Es steht und fällt mit dem Verhalten der Gäste, ob das in dieser Art zukunftsfähig ist. Wenn die Leute unvernünftig sind und in der Höhle die Wände anfassen oder sich nicht auf dem Führungsweg aufhalten, ist es kein tragfähiges Konzept für die Zukunft.“

Begrenzt sei diese Art der Höhlenöffnung zunächst bis zum 1. Juni. „Dann werden wir ein Fazit ziehen und schauen, ob es sich auf Dauer wirtschaftlich lohnt“, erklärt Betriebschef Thomas Schult. „Für uns ist das ein Versuch. Wir wollen den Gästen die Möglichkeit geben, sich im Rahmen der Bewegungsfreiheit ein bisschen abzulenken. Die Leute waren jetzt lange genug zu Hause.“

Über Facebook und Anrufe seien bereits kurz nach der Bekanntgabe am Donnerstag positive Rückmeldungen gekommen. „Wir sehen, dass die Menschen dursten nach Angeboten in der Region“, sagt Schult. Jetzt hoffe er auf einen guten Start in den Pfingstferien. Durch die noch geltenden Einreisebeschränkungen rechne er allerdings mit keinem großen Ansturm.

Deshalb bleibe vorerst auch die Baumannshöhle zu. „Wir können derzeit nur eine Höhle öffnen, weil wir nur mit Stammpersonal arbeiten können. Bei der zweiten Höhle müssten wir auf weitere Mitarbeiter setzen, und das Risiko, die Belegschaft nahezu zu verdoppeln, ist uns im Moment zu groß“, gibt der Betriebsleiter zu.