1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wernigerode
  6. >
  7. Aufregend schöne Musik stimmt Publikum nachdenklich

Impuls-Festival im Rahmen der "Stunde der Klassik" gastierte in Wernigerodes Gerhart-Hauptmann-Gymnasium Aufregend schöne Musik stimmt Publikum nachdenklich

Von Hans Walter 26.11.2012, 01:25

Wernigerode l Das Philharmonische Kammerorchester hat in der Aula des Gerhart-Hauptmann-Gymnasiums die Kinderoper "Brundibár" von Hans Krasá (1899-1944) und die Filmmusik zu "Schindlers Liste" von John Williams (*1932), bereichert durch zwei Uraufführungen von Christoph Reuter (*1977) und Clemens K. Thomas (*1992) aufgeführt. Zweifellos dürfte das "Impuls"-Konzert mit neuer Musik im Rahmen der "Stunde der Klassik" eines der auf- und anregendsten Ereignisse des gesamten Zyklus sein.

Schüler des Weferlinger Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums bildeten den Chor der Kinderoper. Über ein halbes Jahr studierte der junge Dirigent Phillip Barczewski mit ihnen das Werk ein. Er übernahm auch die Leitung des zehnköpfigen Orchesters und modellierte plastisch die böhmischen lyrischen Passagen der Kinder Aninka und Pepicek wie die Marschmusik des gewalttätigen Leierkastenmannes Brundibár. Er stand für die SS-Wachen, für Hitler. Die Oper wurde 1942/44 in der "Magdeburger Kaserne" des Ghettos Theresienstadt 55 Mal aufgeführt und machte den inhaftierten Juden Mut - doch die meisten wurden in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Auch der Komponist.

Die 27 Weferlinger Schüler der Klassen 6 bis 9 sorgten konzertant für eine eindringliche Aufführung der Oper. Mit minimalistischen Mitteln setzten sie dem Bild des Grauens das überwältigende Zeichen menschlicher Solidarität entgegen. Eine szenische "Brundibár"-Aufführung ist am 27. Januar 2013 in Wernigerode geplant.

Die Konzertgemeinde liebt ihren Christoph Reuter geradezu und feierte die Uraufführung seines "Teufelsspiegels" für Violine und Orchester mit stürmischem Beifall. Entstanden ist das Werk nach der Tondichtung "Danse macabre" von Camille Saint-Saens. Die Töne blühten in der sensiblen Interpretation von Thomas Panhofer als Solist und den Philharmonikern unter Leitung von MD Christian Fitzner auf.

"Ich habe über Gott und die Welt nachgedacht. Warum gibt es in Dörfern und Städten meist zwei Kirchen? Eine evangelische und eine katholische?", fragte sich der junge Komponist Thomas beim Besuch des Freiburger Münsters. Anlass für sein Werk "Wer sündigt? Wer richtet?".

Ein intensives Nachdenken in Musik. Das Werk in seiner Struktur mit Introduktion, Predigt, Gebet und Auslegung folgt dem "Marienlob" der Katholiken; musikalische Zitate legen Spuren in die Geschichte beider Kirchen. Störende Gedanken tauchen auf - dazu wandelte der Trompeter Siegfried Kretschmer während des "Gebets" von Violinen, Viola, Cello, Bass, Flöte, Fagott und Horn rund um den Saal und blies seine Kommentare. Aufregend schöne Musik, von Fitzner zu großer Plastizität, Transparenz und Intensität geformt.

Zum Abschluss die Filmmusik "Schindlers Liste". Der Kreis zu "Brundibár" schloss sich. Leise. Nachdenklich.