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Bibliothek Alles unter einem Dach auf Wernigerodes Klint

Wernigerodes Bibliothekslandschaft attraktiver gestalten und gleichzeitig Geld sparen - geht das? Nach Vorstellung der Stadtverwaltung ja.

Von Ivonne Sielaff 02.12.2020, 00:01

Wernigerode l Der Klint – Wernigerodes Gründungshügel – ist so etwas wie der Kulturcampus der Stadt. Bibliothek, Harzbücherei, Kinderbibliothek, Archiv und Harzmuseum finden sich dort – in vier verschiedenen Gebäuden, jeweils nur einen Steinwurf voneinander entfernt. Für die Freunde von Literatur und Geschichte ist das praktisch. Und nach Vorstellung der Stadtverwaltung soll es bald noch praktischer werden.

„Uns schwebt da ein kleiner Verbindungsbau mit einem gemeinsamen Eingang für alle Einrichtungen vor“, erläutert Sozialdezernent Rüdiger Dorff auf Volksstimme-Anfrage. Handlungsbedarf gebe es in jedem Fall. „Das Problem ist, dass das Haus im Oberpfarrkirchhof 4, in dem sich die Kinderbibliothek befindet, stark sanierungsbedürftig ist“, sagt Dorff. „Da müssten wir früher oder später sowieso ran. Das Haus wird nicht besser.“

Denn wie schon von außen zu erkennen ist: An dem historischen Fachwerkbau nagt der Zahn der Zeit. Der Putz bröckelt an mehreren Stellen. Auch die Holzbalken haben ihre besten Jahre längst hinter sich. Dazu kommt, dass es für die Mitarbeiterin der Kinderbibliothek nicht einmal eine Toilette gibt.

Das Gebäude gehört der Stadt schon seit vielen Jahren. „Es war jedoch mit einer historischen, aus Vorkriegszeiten stammenden, Kirchenbaulast belegt“, informiert Dorff. Die Kirche habe das Gebäude also kostenlos für ihre Zwecke nutzen dürfen. „Von der Kinderbibliothek abgesehen, besteht nur eine vorübergehende teilweise Nutzung als Escape Room, solange unser Gebäude in der Klintgasse saniert wird“, so der Dezernent weiter. Abgesehen von diesem Rätselraum und der Bibliothek stehe das Objekt leer.

Die Kinderbücherei soll künftig – so die Idee – im Haupthaus beziehungsweise im Anbau ihr neues Domizil finden. Das Gebäude Oberpfarrkirchhof 4 wolle die Stadt dann verkaufen. Ziel sei dennoch der Erhalt dieses Gebäudes – ob nun als Wohnhaus oder Restaurant, aber keineswegs als Ferienwohnungen, so Dorff.

Und der Umbau habe noch weitere Vorteile. Laut Rüdiger Dorff könnte durch die Zusammenführung der verschiedenen Einrichtungen unter einem Dach das Personal um 1,5 Stellen reduziert werden. Momentan seien es in allen Einrichtungen zusammengenommen sechs bis sieben Mitarbeiter, die am Empfang beziehungsweise in der Ausleihe sitzen.

Konkrete Planungen gibt es für das Bauprojekt allerdings noch nicht. „Wir müssen erst einmal schauen, wie wir das überhaupt baulich umsetzen.“ 50.000 Euro seien im Haushalt für die Vorbereitungen eingestellt. Für die Gesamtkosten des Vorhabens gebe es bislang nur eine „vorsichtige Schätzung“, informiert der Dezernent. Und die liege bei 950.000 Euro. „Wir verfügen noch nicht über belastbare Zahlen, die wir dem Stadtrat als Entscheidungsgrundlage vorlegen könnten.“

Die Verwaltung hoffe aber auf eine Zwei-Drittel-Förderung aus dem Programm „Lebendige Zentren“. „Darauf sind wir in jedem Fall angewiesen“, so Dorff. Dann wäre der Anbau nämlich sogar finanziell lukrativ. Mit einem Verkauf des Gebäudes Oberpfarrkirchhof 4 und die Einsparungen bei den Personalkosten hätte sich die Investition nach etwa fünf Jahren amortisiert, so der Dezernent. „Zusammengefasst: Das Gebäudeensemble wird attraktiver und günstiger für uns.“

Im Wernigeröder Rathaus liebäugele man mit einem Baustart in 2022 und der Fertigstellung in 2024. „Aber“, schränkt Rüdiger Dorff ein, „die Zeitschiene gibt unser Haushalt vor.“ Und um die Stadtfinanzen ist es aktuell nicht gerade positiv bestellt. Zwischen 2021 und 2024 wird mit einem Loch von 8,8 Millionen Euro gerechnet. Um es zu stopfen, ist die Stadt gezwungen, schnellstmöglich ein schlüssiges Sparkonzept aufzustellen. Dabei ist neben Steuererhöhungen eben auch mit Kürzungen bei den sogenannten freiwilligen Aufgaben der Stadt zu rechnen. Und dazu gehört der Kulturbereich mit Bibliotheken und Museen.

Für die weitere Entwicklung des Klint-Projektes sei deshalb ein Grundsatzbeschluss des Stadtrates notwendig, so der Dezernent. Aber das sei Zukunftsmusik. „Unser Wunsch ist es jedenfalls, die Bibliothekslandschaft zu erhalten.“