Bildung Sanieren oder neu bauen?

Wernigerodes Stadträte sollen über die Francke-Schule entscheiden. Die Gebäude- und Wohnungsbaugesellschaft (GWW) liefert dazu neue Zahlen.

Von Katrin Schröder 05.02.2020, 00:01

Wernigerode l Sanierung oder Neubau – auf diese Frage müssen Wernigerodes Stadträte eine Antwort finden. Es geht um die Zukunft der Francke-Schule: Das Grundschulgebäude im Stadtteil Hasserode ist seit Jahren sanierungsbedürftig. Klar ist: Nach jahrelangem, vergeblichen Warten auf Fördermittel soll nun die Gebäude- und Wohnungsbaugesellschaft (GWW) die Regie übernehmen. Ob nun das zu DDR-Zeiten gebaute Schulhaus vom Typ „Erfurt“ instandgesetzt wird oder einem Neubau weicht, das ist noch ungewiss.

Die Stadtverwaltung favorisiert eine Sanierung, wie Sozialdezernent Rüdiger Dorff jüngst im Bauausschuss erklärte. Ausschlaggebend dafür seien vor allem die Kosten: Rund 8,5 Millionen Euro würde eine Sanierung kosten, inklusive der Miete für Container, in denen übergangsweise der Unterricht stattfinden würde.

Ein Neubau würde hingegen mit rund 16,2 Millionen Euro zu Buche schlagen, heißt es in der Beschlussvorlage der Stadtverwaltung. Eine abgespeckte Neubauvariante wäre ebenfalls denkbar, die nach bisherigem Stand rund zwei Millionen Euro weniger kosten würde als ein Neubau mit höherem Standard.

Allerdings liegen noch nicht alle Zahlen auf dem Tisch. GWW-Geschäftsführer Ingo Zeigermann kündigte an, die einfachere Neubauvariante noch einmal genauer unter die Lupe nehmen zu wollen. Entsprechendes Zahlenmaterial wollen er und seine Mitarbeiter bis zur Sitzung des Hauptausschusses am 19. Februar liefern. Dort könnten sich alle Ratsmitglieder informieren, um in der Stadtratssitzung am 27. Februar ein Votum abzugeben.

Denn laut Antrag von CDU-Stadtratsmitglied Christian Linde sollen die Stadträte eine Grundsatzentscheidung über Sanierung oder Neubau treffen, bevor die Stadt einen langfristigen Mietvertrag mit der GWW abschließt. Voraussetzung ist, dass die Stadt zuvor Grundstück und Schulgebäude an die GWW überträgt – entweder zu Eigentum oder als Erbbaurecht. Dieses Vorgehen fand in den Ausschüssen für Bau, Finanzen, Wirtschaft sowie Kultur, Schule und Sport eine Mehrheit. Wichtig sei auf jeden Fall, keine Zeit mehr zu verlieren, um wie vorgesehen Mitte 2021 mit den Bauarbeiten beginnen zu können, betonte Rüdiger Dorff. „Ich werbe darum, dass wir zu einer zeitnahen Entscheidung kommen.“

Eine Sanierung sei zwar umfangreich, aber möglich, so lautet das bisherige Fazit der Stadtverwaltung, die den Stadträten detailliert schriftlich das Für und Wider beider Varianten aufgelistet hat. Zwar müssten verschlissene Fenster und die unzureichende Dämmung erneuert werden – bisher seien deshalb vor allem in den oberen Stockwerken die jahreszeitlichen Temperaturschwankungen „schwer erträglich“, heißt es in der Darstellung. Ferner sei der Speiseraum zu klein, es bestehe keine Barrierefreiheit, und der Schallschutz in den Räumen müsse dringend verbessert werden. Nicht zuletzt sei das äußere Erscheinungsbild nach Einschätzung der Verwaltung „mangelhaft“.

Die Haupttragkonstruktion sei jedoch „weitestgehend in Ordnung“, weshalb eine Sanierung durchaus Sinn habe. Neben der Beseitigung der genannten Mängel würden Türen und Fußböden ausgetauscht, ein Aufzug in die dritte Etage eingebaut und ein Mehrzweckraum hergerichtet, der sowohl als Aula als auch als Essenraum dienen könne.

Die Kosten dafür seien zudem gut einschätzbar. Erst vor Kurzem habe die Stadt Magdeburg 15 Schulen vom Typ „Erfurt“ saniert, ebenso seien in Wernigerode bereits mehrere Gebäude gleicher Bauart instandgesetzt worden, wenn auch Unterschiede in der Art der Sanierung bestanden.

Ein „ansprechender, moderner Schulneubau“, der mit den DDR-Typenbauten nichts mehr gemein hat, würde hingegen nicht nur schick aussehen, sondern auch weniger Energie benötigen. Rund 20.000 Euro pro Jahr könnte die Stadt damit sparen. Ein Container wäre unnötig, weil in der Bauzeit weiter im Altgebäude unterrichtet werden könnte.

Allerdings fallen Kosten für den Abbruch der alten Schule an. Der Neubau müsste zudem auf der östlichen Seite des Grundstücks, im sogenannten Wäldchen platziert werden. Ungünstig ist dies, weil dort eigentlich ein Regenrückhaltebecken, das dem Hochwasserschutz dienen soll, vorgesehen ist. Zudem sei wegen der Nähe zur Brockenbahntrasse damit zu rechnen, dass Ruß und Qualm die Fassade verschmutzen und in die Klassenräume eindringen könnten. Beides ließe sich zwar lösen, bedeute aber höhere Kosten. Weiterhin spräche der Zeitfaktor für eine Sanierung. Diese wäre binnen eines Schuljahres unter Nutzung zweier Sommerferien möglich. Ein Neubau würde zwei Schuljahre beanspruchen.

Doch eine Vorentscheidung bedeute all dies noch nicht, betonte Rüdiger Dorff im Bauausschuss: „Die Neubauvariante ist nicht vom Tisch. Wir möchten alle das Gleiche, nämlich bestmögliche Bedingungen für Schüler und Lehrer.“ Im Bauausschuss war das Votum geteilt. Ausschusschef Matthias Winkelmann (CDU) plädierte für einen Neubau. So habe man die Chance, „etwas Vernünftiges“ zu bauen. „Das sollten uns die Kinder wert sein.“

Seinen Stellvertreter Siegfried Siegel (SPD) hingegen haben die Argumente der Verwaltung „total überzeugt“. Es gehe auch um Schnelligkeit. „In der Gesamtabwägung kann man damit gut fahren.“ Man solle zudem auf das hören, was die Diskussion in der Schule bereits erbracht habe.

Die Schulleitung, die Hortleitung und die Elternvertreter der Francke-Schule seien mit einer Sanierung einverstanden, berichtet Dorff. Ihnen sei wichtig, dass noch Geld bleibt, um den Sportplatz herzurichten. Dies sei dringend nötig, so der Dezernent. „Das ist eigentlich eine Schotterpiste und nicht angemessen.“ Wie viel dies kosten würde, ist derzeit noch ungewiss. Ebenso wünschten sich Eltern, Schüler und Lehrer eine Frischzellenkur für das Außengelände.