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Bodetal-Therme Thalenser Pleite-Spaßbad soll wieder öffnen

Das Tauziehen um die insolvente Thalenser Bodetal-Therme ist offenbar entschieden. Der Insolvenzverwalter hat wieder Zugriff auf die Anlage.

Von Dennis Lotzmann 19.12.2018, 09:29

Thale/Dresden l Sind Gutscheine für die Bodetal-Therme in Thale ein empfehlenswertes Geschenk unterm Weihnachtsbaum? Eine Frage, die man im Wissen um das in Schieflage geratene Spaßbad mit Saunalandschaft in den vergangenen Tagen wohl verneint hätte. Seit Dienstagabend gibt es klare positive Signale. Dem Dresdner Insolvenzverwalter Nils Freudenberg ist es nach, wie er sagt, „schwierigen Verhandlungen“ gelungen, sich den Zugriff auf die Anlagen zu sichern. Damit könnte am Mittwoch Phase eins des erhofften Happy Ends eingeläutet werden: Die Vorbereitung der Wiederöffnung der Therme zum  Donnerstag und damit verbunden die Weichenstellung in Richtung Übernahme durch die Stadt.

Wie schnell der Dampfer wieder ins solide Fahrwasser gebracht werden kann, bleibt gleichwohl abzuwarten. Sicher ist nur: Die heißen Sommermonate haben der Therme – ebenso wie anderen Spaßbädern und Saunabetrieben – schwer zugesetzt. Während die finanziellen Einbrüche anderenorts mit dem Griff in die Rücklagen abgefedert oder mit anderen Einnahmequellen kompensiert werden konnten, trieb der Hitzesommer dem bisherigen Thermenbetreiber André Kleinheisterkamp die Schweißperlen auf die Stirn. Das finanzielle Polster war offenbar zu dünn, das Ende August beantragte vorläufige Insolvenzverfahren erwartbar.

Spätestens da richtete auch Thales Bürgermeister Thomas Balcerowski seine Blicke auf die Therme. Einerseits wegen besagter Schwierigkeiten. Andererseits wegen des klaren Ziels, eine Schließung zu verhindern. „Schließlich ist die Therme ein Baustein in unserem touristischen Gesamtkonzept“, so der CDU-Politiker.

Die Signale, die Kleinheisterkamp im Herbst in Richtung des Thermen-Beirats gesandt habe, hätten die Mitglieder des Gremiums, darunter Stadträte, nicht überzeugen können. „Man wollte, ohne neue Attraktionen zu bieten, mehr Einnahmen generieren, um so aus dem Tal herauszukommen. Das konnte nicht funktionieren“, so Balcerowski. Deshalb habe der Beirat die Sanierungspläne abgelehnt und so letztlich die Weichen für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt.

Hier aber versuchte André Kleinheisterkamp augenscheinlich noch einmal, Hürden aufzubauen. Kurz vor Eröffnung des Verfahrens, berichten Insolvenzverwalter Freudenberg und Belegschaftsvertreter Robert Seidel übereinstimmend, habe der Geschäftsführer der alten Betreiber-Gesellschaft die Therme an eine neue, von seiner Frau geführte, Gesellschaft verpachtet. Unzulässigerweise, wie Bürgermeister und Jurist Balcerowski meint.

Zu einer Bewertung will sich Freudenberg nicht hinreißen lassen. Allein: „Diesen Vertrag juristisch anzufechten, hätte in ein langwieriges Verfahren münden können.“ Deshalb habe er in den vergangenen Tagen schwer verhandelt, um am Dienstagabend eine Lösung zu finden. Was er dafür geboten habe, ließ Freudenberg offen.

Offenbar entscheidender Aspekt in den Verhandlungen: Das Gros der Belegschaft wusste Freudenberg hinter sich. „Wir wollten und wollen kein ,Weiter so‘“, betont der 32-jährige Robert Seidel. Rund 90 Prozent der Mitarbeiter hätten sich auf die Seite des Insolvenzverwalters geschlagen und die weitere Zusammenarbeit mit Kleinheisterkamp und dessen neuem Firmenkonstrukt verweigert. Was letztlich in die geradezu skurrile Situation mündete, dass die neue Betreibergesellschaft zwar die Therme gepachtet hatte, aber keine Mitarbeiter für den Betrieb mehr hatte.

Ob André Kleinheisterkamp auf genau dieses Tauziehen und Pokern gesetzt hat, bleibt unklar. Der bisherige Manager war am Dienstag trotz mehrfacher Versuche der Volksstimme nicht erreichbar.

Robert Seidel indes berichtet von großem Unmut unter der Belegschaft. Insbesondere wegen einer auf der Website der Therme publizierten Erklärung, in der von Arbeitsverweigerung die Rede ist. „Wir wissen alle um die Tragweite unserer Entscheidung und stehen dazu“, betont Seidel. Und: „Sobald der Insolvenzverwalter oder die Stadt Thale in der Therme das Zepter übernehmen, sind wir sofort wieder an Bord.“

Auf letzteres, auf die Übernahme der Therme in die Regie der Stadt, dürfte nun alles hinauslaufen. Die Kommune hat das Gelände lediglich an Kleinheisterkamp verpachtet und sich für den Insolvenzfall ein Zugriffsrecht gesichert. „Und diesen entschädigungslosen Heimfall wollen wir nun ausüben“, betont Balcerowski. Das habe der Stadtrat mit der Zielstellung 1. Februar 2019 beschlossen.

Verwalter Freudenberg sieht gute Chancen, das Verfahren mit diesem Finale durchzuführen. Aber: „Erstmal wollen wir zum morgigen Donnerstag wieder öffnen. Im Januar können wir alle weiteren Details klären.“

Andere Betreiber beobachten die Entwicklung in Thale mit Interesse. Die Folgen wegen des heißen Sommers kann Gido Maak von Freizeit- und Sportzentrum Halberstadt (FSZ) nachvollziehen. „Unser Glück war, dass unsere Saunen im Sommer in Revision waren und wir ausbleibende Einnahmen im FSZ-Badebereich mit Einnahmen vom Halberstädter See kompensieren können.“

Ähnlich die Bilanz von Arne Neubert, der zusammen mit seiner Frau Bauspielhaus und Wasserwelt in Thale betreibt. „Für das Spielhaus war es wirtschaftlich der schlechteste Sommer.“ Aber auch hier: Das Freibad Wasserwelt half beim Kompensieren. „Wenn wir dieses zweite Standbein nicht gehabt hätten, hätten wir richtige Probleme bekommen.“ Und: Traut er der Stadt das Betreiben der Therme zu? „Definitiv ja, weil der Bürgermeister immer auf Fachleute setzt.“

Balcerowski wiederum sieht sich – auch dank steigender Übernachtungszahlen und höherer Kurtax-Einnahmen – gewappnet, die Therme gewinnbringend zu führen.