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Coronavirus Harzer Politiker stimmen von zu Hause ab

Das öffentliche Leben steht wegen Corona still. Bleiben damit auch politische Entscheidungen im Landkreis Harz auf der Strecke?

Von Ivonne Sielaff 04.04.2020, 14:59

Harzkreis l Die Corona-Krise wirkt sich auf den Alltag aus. Die Menschen sollen Kontakte vermeiden und zu Hause bleiben, um das Ansteckungsrisiko zu verringern. Dennoch muss das Leben weitergehen – auch im Harz. Es stehen Bauarbeiten an, Gelder aus den Stadthaushalten müssen freigegeben werden. Voraussetzung sind Beschlüsse der jeweiligen Stadträte beziehungsweise des Kreistags.

Aber wie sollen die Kommunalpolitiker beraten und abstimmen, wenn doch in diesen Tagen Versammlungsverbot herrscht? Sowohl auf städtischer wie auch auf Kreisebene sind vorerst alle Ausschuss-, Stadtrats- und Kreistagssitzungen abgesagt. Bleiben wichtige Entscheidungen damit auf der Strecke?

Nein. Damit kommunale Gremien auch in Krisenzeiten handlungsfähig bleiben, hat das Land eine Ausnahmeregel in Kraft gesetzt. Eigentlich ist per Gesetz geregelt, dass Entscheidungen grundsätzlich in öffentlichen Sitzungen zu treffen sind. Bei dringenden Beschlüssen ist ab sofort eine schriftliche Abstimmung notwendig, heißt es dazu aus dem Innenministerium.

Auf Kreisebene fand die Ausnahme prompt Anwendung. „Die Kreistagsmitglieder, Landrat und Verwaltung begrüßen diese Möglichkeit ausdrücklich, sind doch so Entscheidungen auf breiter Basis möglich“, so Manuel Slawig, Sprecher der Kreisverwaltung, auf Nachfrage. Schon in der vergangenen Woche wurden die Unterlagen an die Kreistagsmitglieder verschickt. Inhalt waren laut Slawig die Vorlagen der ausgefallenen Sitzung vom 25. März – darunter die zur Jahresrechnung der Kreismusikschule sowie zur Bestellung eines Behinderten- und eines Gleichstellungsbeauftragten. Bis zum 30. März konnten die Politiker ihr Votum abgeben. Die Beschlussvorlagen und die Entscheidungen sollen auf der Website des Kreises veröffentlicht werden. Der nächste Kreistag wäre laut Sitzungskalender am 13. Mai. „Sollte es die Geschäftslage erfordern, können mit diesem Verfahren zeitnah Entscheidungen durch den Kreistag getroffen werden“, so Slawig weiter. „Welche das sind, wird sich zeigen.“

In Halberstadt wird derzeit der technischen Ablauf von Abstimmungen in schriftlicher Form vorbereitet, informiert Pressesprecherin Ute Huch. „Der Erlass verpflichtet die Kommunen dazu, eine (virtuelle) Sitzung mit Tagesordnung der Öffentlichkeit rechtzeitig bekanntzumachen.“ Dies bedürfe einer gewissen Vorbereitungszeit. Dringende Entscheidungen würden derzeit zwar nicht anstehen, aber das könne sich schnell ändern.

Anders in Wernigerode. Dort ist am Montag in einer internen Runde eine „grobe“ Tagesordnung mit dringlichen Themen vorbereitet worden, heißt es von Rathaussprecher Tobias Kascha. „Wir haben geschaut, was prioritär ist.“ Die Fraktionschefs seien bereits über die Möglichkeit eines schriftlichen Votums informiert worden. Die Tagesordnung wird im Ratsinfosystem veröffentlicht. „Wir hoffen, die Beschlüsse bis Ende April durchzubringen“, so Kascha. „Dabei hoffen wir, dass die Stadträte ein Stück weit pragmatisch an die Themen herangehen, damit wir zügige Entscheidungen bekommen.“

Auch in Blankenburg laufen trotz des Sitzungsstopps die Vorbereitungen für die Entscheidungen inklusive der Erarbeitung der dafür notwendigen Vorlagen der Stadt- und Ortschaftsräte weiter. In Abstimmung mit dem Stadtratsvorsitzenden werde von der Ausnahmeregelung aber nur Gebrauch gemacht, wenn eine Beschlussfassung unaufschiebbar sei und nicht anders herbeigeführt werden könne, heißt es von Pressesprecher Bennet Dörge. Nach jetzigem Stand würden bis einschließlich April keine dringenden Entscheidungen anstehen.

Ilsenburg nutze diese Möglichkeit noch nicht, heißt es von Bürgermeister Denis Loeffke (CDU). „Eine zukünftige Nutzung ist durchaus vorstellbar, beispielsweise bei Auftragsvergaben“, so Loeffke. Konkret geplant sei noch nichts. „Es hängt maßgeblich davon ab, wie lange der Zustand anhält. Die Ratsrunde April ist zunächst auf Mai verschoben worden.“

In Quedlinburg standen in dieser Woche der Haupt- und Finanzausschuss an. Aus der Tagesordnung seien „elementare Punkte“ herausgefiltert worden, heißt es aus dem Rathaus. Die Ratsarbeit erfolge ohnehin papierlos. Die Ausschussmitglieder könnten sich darüber hinaus in Telefonkonferenzen verständigen. „Es gibt also keine physischen Treffen.“

Osterwiecks Räte werden das Verfahren im April anwenden, so Gundula Stanke, Assistentin von Bürgermeisterin Ingeborg Wagenführ (WG Buko). „Im Wesentlichen werden Bauleitverfahren vorangebracht.“

Die Stadt Thale wird diese Möglichkeit in den nächsten Wochen nutzen, kündigt Bürgermeister Thomas Balcerowski (CDU) an. „Dabei reduzieren wir das Ganze auf unabweisbare Aufgaben in der Krisenzeit.“ Entscheidungen mit „grundsätzlicher Bedeutung für die Weiterentwicklung der Stadt“ würden mit dem Verfahren allerdings nicht entschieden. „Hierzu bedarf es der Debatte und des Meinungsaustausches in den Gremien des Stadtrates“, so Balcerowski.