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Coronavirus Seniorenheim in Wernigerode unter Quarantäne

Das Corona-Virus hat den Harz fest im Griff. Ein Altenheim in Wernigerode steht unter Quarantäne.

Von Ivonne Sielaff 17.03.2020, 00:01

Wernigerode l Corona-Verdacht im Wernigeröder Seniorenheim St. Georg: „Das Gesundheitsamt hat unser Haus am Sonntagabend unter Quarantäne gestellt“, informiert Sandra Lewerenz, Chefin der Gemeinnützigen Gesellschaft für Sozialeinrichtungen (GSW). Zwei Bewohner seien auf Corona getestet worden, weil ein Angehöriger, der vor einigen Tagen zu Besuch war, als Verdachtsfall gilt. Für einen Bewohner habe es bereits Entwarnung gegeben. Das Testergebnis der zweiten Betroffenen werde Dienstagnachmittag erwartet. Für die anwesenden zwölf Mitarbeiter des Pflegeheims bedeute das, solange im Heim ausharren, bis der Corona-Verdacht ausgeräumt ist.

„Der Sonntagabend war lang“, blickt Sandra Lewerenz zurück. „Wir haben telefonisch alles organisiert, was zu organisieren war.“ Darunter Matratzen und Verpflegung. Die Mitarbeiter seien zuerst zwar verunsichert gewesen, hätten dann aber sehr besonnen reagiert. „Sie wussten, worauf sie sich einlassen.“ Nach der ersten Aufregung habe jeder wieder seine Arbeit erledigt. Am Montagmorgen seien noch zwei weitere Mitarbeiter in die Einrichtung gekommen. Als Verstärkung, so Lewerenz.

Seit Freitag gelte in allen GSW-Wohnheimen Besuchsverbot für die Angehörigen der Bewohner. „Nur in Ausnahmefällen lassen wir jemanden von außen hinein“, sagt Sandra Lewerenz. „Wir versuchen, unsere Bewohner, so gut es geht, zu schützen.“ Schließlich seien Senioren bei Corona-Erkrankungen besonders gefährdet.

Die GSW-Chefin hofft nun auf ein negatives Testergebnis und dass sich alles wieder „zum Guten“ wendet. „So ein Lagerkoller ist schon belastend.“ Sollte der Coronatest positiv ausfallen, müsse man sehen, wie es weitergeht.

Im Harzkreis wurde inzwischen ein fünfter und ein sechster Coronafall bestätigt. „Dabei handelt es sich um zwei Männer aus Blankenburg und Ilsenburg, die Urlaubsrückkehrer aus Tirol sind“, informiert Manuel Slawig, Sprecher der Kreisverwaltung. Beide würden nur leichte Erkältungssymptome aufweisen und sich in häuslicher Quarantäne befinden. „Das Gesundheitsamt ermittelt die jeweiligen Kontaktpersonen.“

Insgesamt seien im Harzkreis aktuell 110 Personen in häusliche Quarantäne gesetzt. Laut Slawig konnten einige bereits wieder aus der Quarantäne entlassen werden.

In Wernigerode richtete sich der Blick auf die Schulen und Kindertagesstätten, die seit Montag dicht sind. Das erwartete Chaos blieb glücklicherweise aus. „Nur sehr wenige Eltern haben ihre Kinder in die vorübergehende Notbetreuung der Kitas gebracht“, informiert Rathaussprecher Tobias Kascha. Pro Einrichtung seien es zwischen drei und zehn Kindern gewesen. „Danke dafür. Die geringe Zahl zeigt uns, dass die Eltern die Situation ernst nehmen.“

Ein ganz ähnliches Bild in der Wernigeröder Diesterweg-Grundschule. „Bei uns waren am Montag acht Kinder in der Notbetreuung“, so Leiterin Mareike Martin. Einige der Eltern hätten einfach noch keine Betreuungsalternative gefunden. „Ich freue mich, dass die Eltern die Betreuungssituation so gut und so schnell organisiert bekommen haben.“ Eine Mutter kümmere sich noch zusätzlich um einen Schulkameraden bei sich zu Hause, so die Schulleiterin. Übers Wochenende seien die Elternvertreter angeschrieben worden. „Wie vom Schulamt empfohlen, erstellen die Lehrer Wochenpläne mit Aufgaben, die an die Eltern verschickt werden.“

In der Francke-Schule mussten ebenfalls nur acht Kinder betreut werden. „Wir werden abwarten, was die nächsten Tage bringen“, sagt Schulleiterin Christiane Kresse-Wenzel. „Wir sind mit den Eltern und Elternvertretern über E-Mail vernetzt und schicken in den kommenden Tagen Wochenpläne für die Kinder.“ Die Lehrer würden die Schüler dabei immer per Mail begleiten. „Alles in allem ist viel pädagogisches Feingefühl der Lehrer gefragt, auch um eventuell über zusätzliche Aufgaben oder Förderungen nachzudenken.“

Vier Kinder und dazu alle Lehrer sind am Montag in der Silstedter Grundschule „Hennig Calvör“ gewesen. „Wir beraten“, so Schulleiterin Ines Havenstein. „Viele Eltern kennen sich untereinander und stehen über Whatsapp-Gruppen in Kontakt. Wir müssen von Tag zu Tag schauen, wie sich die Situation entwickelt.“

In die Freie Grundschule wurden lediglich zwei Schüler gebracht. „Wir versuchen in der Schule so wenig wie möglich Personal vorzuhalten, um Infektionsketten so gering wie möglich zu halten oder zu vermeiden“, so Reno Scherbaum. Aufgaben werden über die Schulcloud, die Homepage oder über den Email-Verteiler übermittelt. „Aus der jetzigen Sicht besteht für mich jedoch kein Zwang, die Aufgaben zu erledigen. Dafür ist die Betreuungssituation der Kinder zu Hause zu unterschiedlich.“

Die Notgruppen in den Kitas und Schulen werden noch am Dienstag offen gehalten. Danach werden bei Bedarf nur noch die Kinder betreut, deren Eltern in „systemrelevanten“ Berufen arbeiten. Details dazu finden sich auf der Internetseite des Sozialministeriums.

Im Wernigeröder Rathaus wird indes geprüft, inwieweit Kita- und Hortgebühren erstattet werden können. „Das hatten einige Eltern angefragt“, so Sprecher Tobias Kascha. „Wir beschäftigen uns damit, haben es im Blick.“ Es werde allerdings keinen „Einzelweg der Stadt Wernigerode“ geben. „Wir werden uns da an anderen Orten orientieren.“

Ab Dienstag schaltet die Stadt ein Bürgertelefon mit der Nummer (0 39 43) 65 41 19. Die Info-Hotline ist montags bis freitags von 9 bis 16 Uhr erreichbar. Das Informationszentrum, welches auch verstärkt Botschaften über die sozialen Netzwerke transportieren wird, ist in der Pressestelle der Verwaltung angesiedelt. Rathaussprecher Tobias Kascha dazu: „Wir bitten in der Anlaufphase des Bürgertelefons um Verständnis, dass sich alles noch im Aufbau befindet und nicht sofort alles reibungslos funktionieren wird.“ Die Kommunikation mit den Bürgern sei von besonderer Bedeutung. „Wir wollen hier eine seriöse und verlässliche Anlaufstelle bieten.“

Die Busse der Harzer Verkehrsbetriebe (HVB) fahren voraussichtlich bis Ende der Woche weiter nach Plan. „Mit gewissen Verspätungen“, heißt es von HVB-Chef Christian Fischer. Unabhängig vom ausgebliebenen Schülerverkehr sei das Passagieraufkommen in den letzten Tagen „deutlich geringer“ gewesen als sonst. In den kommenden Tagen soll ein Notfallfahrplan erarbeitet werden. „Wir müssen dabei aber berücksichtigen, dass viele ältere Leute im Oberharz und auf dem flachen Land auf den Bus als Verkehrsmittel angewiesen sind“, so Fischer.