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Coronavirus Wie leben Harzer mit aktueller Situation?

Wie leben die Menschen im Harz mit den Einschränkungen, die die Corona-Pandemie mit sich bringt?

Von Stephanie Tantius 18.03.2020, 00:01

Halberstadt/Wernigerode l Stefanie Ende aus Wernigerode hat aufgrund der Corona-Pandemie noch keine persönlichen Einschränkungen erfahren. Lediglich bei der Kinderbetreuung müssen sie und ihr Mann sich jetzt noch genauer absprechen und planen. „Wir müssen lernen, mit dieser Situation umzugehen. Das ist jetzt nun mal so“, so die 39-Jährige. Um nicht alle zwei bis drei Tage einkaufen gehen zu müssen, bewahrt die Wernigeröderin ein wenig mehr Vorräte als sonst üblich zu Hause auf.

So könne sie ihre Lebensmittel-Einkäufe auf einmal pro Woche reduzieren. Schließlich ist aktuell jeder direkte Kontakt mit Mitmenschen und potenziellen Übertragungsketten – darunter insbesondere Türklinken und beispielsweise Einkaufswagen – riskant und sollte auf ein Minimum reduziert werden.

Bisher, so Stefanie Ende, habe sie auch noch nicht darüber nachgedacht, sich persönlich irgendwie vorzubereiten. „Wir sind ja noch nicht so akut betroffen, wie in anderen Gegenden, deshalb ist das schwierig zu entscheiden“, sagt sie. Trotz alledem hält sie die Maßnahmen der Bundesregierung für angemessen. Die Menschen sollten allerdings lernen, vernünftig mit der Situation umzugehen, nicht in Panik zu geraten und ruhig zu bleiben.

„Wir dürfen uns zur Begrüßung nicht mehr drücken und umarmen“, berichtet Karin Mahlert aus Wernigerode. Selbstverständlich halte sie die derzeitigen Einschränkungen für angemessen und wichtig, um eine schnelle Ausbreitung des Corona-Virus zu verhindern. Einen kleinen Vorrat an Lebensmitteln habe sie immer zu Hause, so die 56-Jährige. Nicht nur in der derzeitigen Situation. „Allein wegen meiner Wochenend-Dienste komme ich manchmal nicht zum Einkaufen“, deshalb habe sie stets ausreichend Lebensmittel im Kühlschrank.

Eine andere Wernigeröderin hat sich sämtliche Notfallnummern für den Fall der Fälle auf einem Zettel notiert. „Ich kaufe für meinen Papa ein, damit er so wenig Kontakt wie möglich zu anderen Menschen hat“, so die 65-Jährige, die ihren Namen nicht nennen mag. Zu Hause habe sie auch einige Vorkehrungen getroffen. Zum Beispiel nehme sie beim Geschirrspüler ausschließlich das Heißprogramm und auch die Waschmaschine laufe derzeitig viel häufiger.

Von Experten und Virologen empfohlene Kleinigkeiten wie regelmäßiges Händewaschen setze sie sowieso schon um. Sie habe bis zu ihrer Rente im Gesundheitswesen gearbeitet, entsprechende Erfahrungen und halte die Maßnahmen der Bundesregierung auf jeden Fall für angemessen. Auch wenn sie ein wenig wehmütig sei, dass ihre Hobbys im Malkurs und im Fitnesscenter erst einmal auf unbestimmte Zeit auf Eis gelegt seien.

Für Julia Kluge und Felix Fürst ändert sich der Alltag gerade komplett. Die beiden Erzieher dürfen nicht mehr zur Arbeit. Es seien auch nur sehr wenige Kinder zur Betreuung angemeldet, so die 19-Jährige. Die Eltern haben alle eine andere Betreuung für ihre Kinder gefunden. Privat hätten sie selbst aber noch nicht vorgesorgt. „Es ist jedoch schon ein komisches Gefühl, wenn man die Bilder mit den leeren Regalen sieht“, so der 27-Jährige. Sie finden die Einschränkungen auf jeden Fall richtig, um die direkten Infektionsketten zu zerschlagen.

Pierre Zimny aus Emersleben hat bisher keine Hamsterkäufe getätigt. „Ich mache mir aber Gedanken um die wirtschaftlichen Folgen dieser Krise“, sagt Zimny, der für die Emerslebener Wählergemeinschaft im Halberstädter Stadtrat sitzt. Schwierig zu organisieren sei die Kinderbetreuung. Zimny ist Vater zweier Kinder. Aber die Schließung der Kitas und Schulen sei wichtig und richtig gewesen, nur so könne die Ansteckung mit dem Corona-Virus eingeschränkt werden. Zum Glück könne er selbst viel von zu Hause arbeiten. Seine Frau sei Erzieherin und betreue Kinder, deren Eltern aufgrund der beruflichen Tätigkeit jetzt noch einen Betreuungsanspruch in der Kita haben, berichtet der 36-Jährige.

Frauke Weiß geht nach eigenen Worten mit der Situation entspannt um. „Ich gehe meinem normalen Leben nach und bunkere nichts“, berichtet die 73-Jährige. Sie achte jedoch seit dem Ausbruch des Virus‘ mehr auf Hygiene. „Ich wasche mir viel länger die Hände“, berichtet die Halberstädterin. Außerdem versuche sie bei Kontakt mit anderen Menschen den vom Robert-Koch-Institut vorgegebenen Sicherheitsabstand einzuhalten. Angst habe sie insbesondere um kranke Angehörige und Freunde, sagt die Halberstädterin, die für die CDU im Stadtrat sitzt.

Michael Brexendorff befolgt die Empfehlungen der Behörden. „Ich habe meine sozialen Kontakte eingeschränkt“, sagt der 71-Jährige. Er ist jedoch der Meinung, dass Schulen und Kitas schon eher hätten schließen müssen. „Diese gekleckerten Maßnahmen stören mich“, berichtet der Halberstädter. Lieber gleich alles einschränken, als nach und nach. Angst vor Versorgungsengpässen habe er keine. „Ich kaufe nicht auf Vorrat“, sagt der Rentner.

Der Halberstädter Stadtratspräsident Volker Bürger (CDU) halte es für wichtig, dass man die hygienischen Empfehlungen wie Händewaschen mit großer Intensität betreibe. „Für Panikverhalten besteht aber kein Anlass“, sagt der 67-Jährige. Er halte auch nichts von Hamsterkäufen.

Andreas Henke (Die Linke), Oberbürgermeister der Stadt Halberstadt, sagt: „Dies ist eine sehr außergewöhnliche Situation.“ Nie im Traum habe er daran gedacht und sich vorstellen können, dass das gesellschaftliche Leben einmal solche gravierenden Einschnitte erfahren müsse. Die sozialen Kontakte einzuschränken sei jedoch wichtig, um die Ausbreitung der Infektion zu minimieren, sagt der 57-Jährige.

Vielleicht führe diese Krise ja dazu, dass man das Leben in der eigenen Familie wieder mehr zu schätzen weiß und letztlich enger zusammenrücke. „Angst habe ich um meine Eltern“, berichtet Henke. Diese würden vom Alter her zur Risikogruppe gehören. Auf Vorrat kaufe er nichts. „Ich gehe davon aus, dass ich auch weiterhin Lebensmittel bekommen kann“, berichtet der Halberstädter. Ihm sei jedoch auch schon aufgefallen, dass er beispielsweise Toilettenpapier nicht mehr in jedem Geschäft bekommen könne.

Ein Phänomen, das sich viele Kunden aktuell nicht erklären können, für das es offenbar aber einen plausiblen Grund gibt: Angesichts rasant gestiegener Verkäufe bei Lebensmitteln – Stichwort Bevorratung der Privathaushalte – konzentrieren sich die Speditionen aktuell auf die Belieferung der Supermärkte mit den stark nachgefragten Lebensmitteln. In den zentralen Lagern gebe es auch ausreichend Toilettenpapier und Küchenrollen, heißt es. Allein: Im Moment fehlten einfach die nötigen Transportkapazitäten.