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Coronavirus "Wir dürfen nicht ausfallen"

Der Chef der Feldwebel-Anton-Schmid-Kaserne in Blankenburg arbeitet mit der Hälfte des Personals und auf Abruf.

Von Jens Müller 30.03.2020, 11:34

Blankenburg l Spaziergänger im Heers bei Blankenburg haben sich bereits gewundert, was in den vergangenen Wochen unter der großen Überdachung am Rande der Bundeswehrkaserne aufgebaut worden ist. Hinter den grünen Containern, den Zelten und unentwegt laufenden Kompressoren mit dem aufgebrachten roten Kreuzen als Zeichen des Sanitätsdienstes der Bundeswehr verbirgt sich eine leistungsfähige Sauerstoffproduktion. Die Blankenburger verfügen gleich über zwei solcher mobilen Anlagen. Eine hat nun direkt am Standort im Heers ihre Arbeit aufgenommen. Die andere wurde im baden-württembergischen Dornstadt installiert, um im Notfall zunächst das Bundeswehrkrankenhaus im nahegelegenen Ulm mit dem lebensrettenden Gas zu versorgen.

Wie Stabsapotheker Frederik Vana erklärt, funktioniert die Anlage zur Sauerstoffherstellung nach einem recht einfachen Prinzip. „Die normale Umgebungsluft besteht ja aus rund 21 Prozent Sauerstoff. Diesen Sauerstoff filtern wir mit Molekularsieben aus der Luft heraus und füllen ihn mit einem Druck von 200 bar in Flaschen ab“, erklärt er.

In den grünen Containern auf dem Bundeswehrgelände stapeln sich bereits Dutzende Metallkisten und Paletten mit den verschiedensten Gebindegrößen. „Wir können Zwei-, Fünf-, Zehn- und 50-Liter-Flaschen befüllen“, ergänzt Oberfeld-apotheker Marco Haupt. Pro Tag können allein mit der Anlage im Heers rund 400 000 Liter Luft gefiltert werden.

„Wir haben grundsätzlich die Fähigkeit, Sauerstoff zu produzieren und tun dies auch seit vielen Jahren“, so der Standortkommandant. Nur sei jetzt eine besondere Situation eingetreten. Im Zuge der Corona-Krise sorge die mobile Anlage für eine zusätzliche Reserve, sollte die interne Sauerstoffversorgung der Bundeswehrkrankenhäuser nicht mehr bewältigt werden können. Zudem könnten im Zuge von angeforderter Amtshilfe die produzierten Sauerstoff-Flaschen auch zivilen Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden. Aktuell, so Marco Haupt, liegt der Hauptaugenmerk der Produktion auf der Versorgung der fünf Bundeswehr-Krankenhäuser. Allerdings, so der Standortälteste, sind schon jetzt drei von vier Patienten, die in den Bundeswehrkliniken in Koblenz, Berlin-Mitte, Hamburg-Wandsbek, Ulm und Westerstede versorgt werden, Zivilisten.

Mit Blick auf die von Blankenburg aus mit Arzneimitteln versorgten Soldaten im In- und Ausland ist die Lage stabil, so Marco Haupt. So verfüge die Bundeswehrapotheke unter anderem noch über ausreichend Bestände an Atemschutzmasken. „Weitere Beschaffungsvorhaben laufen“, so der Kasernen-Chef.

Sollten die Bestände knapp werden, würde allerdings ein noch rigideres Management eingeführt. Wie er betont, wird das Material aktuell für den eigenen Bedarf der Bundeswehr zentral beschafft. „Wir versuchen möglichst so unser Material zu bekommen, dass das Gesamtsystem nicht gefährdet wird“, so Haupt, der aber betont, dass es Nachschub gibt, auch wenn es insgesamt schwieriger geworden ist. Der Blankenburger gibt sich dabei betont optimistisch: „Wenn es ein Land gibt, das besser vorbereitet ist auf solch eine Lage, dann würde ich das gern wissen.“

Allerdings hat die Corona-Pandemie schon jetzt großen Einfluss auf den Arbeitsalltag der Soldaten genommen. Bereits am Kasernentor wird vom Sicherheitsdienst peinlich genau auf die empfohlene Abstandsregelung geachtet. Besucherausweise werden nicht mehr persönlich ausgehändigt, sondern nur noch abgelegt. In den einzelnen Bereichen der Kaserne wird vor allem die Handhygiene groß geschrieben.

„Primär geht es jetzt darum, unter allen Umständen betriebsfähig zu bleiben. Wir dürfen nicht ausfallen“, bekräftigt Marco Haupt, der aktuell nur mit knapp der Hälfte seiner Mannschaft den Betrieb aufrecht erhält, um so dauerhaft durch die Krisenzeit zu kommen. Von den knapp 200 Beschäftigten sind aktuell 80 im Dienst. damit ist sozusagen ein „Stand by“-Betrieb möglich. Bedeutet: Wenn Soldaten ausfallen, beispielsweise durch eine Erkrankung, ist sofort adäquater Ersatz da.

„Zusätzlich zu dem, was sonst hier zu tun ist, können wir die Arbeit gerade noch so schaffen“, erklärt der Standortkommandant. Neben der Sauerstoffproduktion zählt zu diesen Schwerpunktaufgaben aktuell auch das Warten und Reparieren von Beatmungsgeräten, die bei einer stärkeren Ausbreitung des Virus noch dringender gebraucht werden. „Wir wollen dazu beitragen, dass wirklich alle Reserven, die da sind, mobilisiert werden“, so Haupt.

Persönlich sei es für ihn in der aktuell schwierigen Lage schön zu sehen, wie gerade auch in Blankenburg die Menschen zusammen rücken und wie harmonisch das Zusammenspiel zwischen der Bundeswehr, Bürgermeister Heiko Breithaupt (CDU) sowie der Freiwilligen Feuerwehr Blankenburg ist, deren Kameraden den Brandschutz auf dem Gelände der Bundeswehrkaserne absichern. „Wir stehen in regelmäßigem Austausch“, so Marco Haupt.