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Diabetiker Verschenkt Hasseröder mit Radler Marktlücke?

Brauereien setzen bei Bier-Mixgetränken verstärkt auf „Natur“, so auch Hasseröder in Wernigerode. Einem Diabetiker schmeckt das gar nicht.

Von Holger Manigk 27.07.2019, 01:01

Wernigerode l „Ich war schon als Student ein Süßer“, scherzt Klaus Köth. Der 67-jährige Dresdner ist bekennender Fan des Bier-Limonade-Mixgetränks Radler. Umso größer der Schock, als beim ihm Jahr 2000 Diabetes diagnostiziert wurde – und er auf die süße Erfrischung verzichten musste. Zumindest fast: „Das Hasseröder Radler hatte als einziges im Getränkemarkt einen so niedrigen Zucker- und Kohlenhydratgehalt, dass ich es genießen konnte“, erläutert der Rentner am Volksstimme-Telefon.

Nun aber die große Enttäuschung für Köth: Am 1. Juli brachte die Brauerei aus Wernigerode ihr neues Natur-Radler auf den Markt, das alte verschwindet nach und nach aus den Regalen von Supermärkten und Getränkehändlern. Damit hat der Diabetiker ein Problem. Der Kohlenhydrat-Gehalt des Gebräus stieg von 6,5 Gramm pro Halbliter-Flasche auf 35 Gramm – um mehr als das Siebenfache und damit auf den Durchschnitt anderer Hersteller.

„Jetzt gibt es gar kein Radler mehr, das ich trinken kann“, klagt der ehemalige Entwickler in der Robotron-Feingerätetechnik. Habe sich Hasseröder damit nicht eines Alleinstellungsmerkmals beraubt und verschenkt eine Marktlücke, fragt Klaus Köth.

Wie steht der Hasseröder-Mutterkonzern Anheuser-Busch InBev dazu? „Biermixe sind bei den Konsumenten sehr beliebt, vor allem Natur-Radler konnten in den letzten Jahren stark wachsen“, antwortet Anja Mummer aus der Marketing-Abteilung in der Deutschland-Unternehmenszentrale in Bremen auf Volksstimme-Anfrage.

Viele Kunden suchten nach einem Getränk mit leichtem, eher süßlichem Geschmack und niedrigem Alkoholgehalt. Gefragt seien zudem vermehrt natürlichere Alternativen zu Softdrinks. Dieser Nachfrage komme Anheuser-Busch mit dem neuen Radler von Hasseröder, für das natürliche Zitronenlimonade verwendet werde, nach.

Ob das wirtschaftlich wirklich schlau ist, bezweifelt Klaus Köth. „Viele große Konzerne haben das Potenzial zuckerfreier Getränke längst erkannt und bieten Diät- oder Light-Varianten an“, argumentiert der Sachse. Neben verschiedenen Säften nennt er den Weltmarkt-Giganten Coca-Cola als Beispiel. „Warum ist noch keine Biermarke auf so eine Idee gekommen?“

Das Echo aus der Anheuser-Busch-Zentrale auf seine Idee fällt eher verhalten aus: „Selbstverständlich sind wir offen für Erweiterungen oder Varianten unseres Portfolios“, teilt Anja Mummer im Namen des weltgrößten Brauerei-Unternehmens mit.

„Für uns ist derzeit spannend zu sehen, wie das neue Natur-Radler bei den Konsumenten ankommt, und wir nehmen jegliche Form von Feedback gerne auf“, heißt es in der Antwort auf die Volksstimme-Anfrage weiter. Zu geplanten weiteren Produkten könne die Konzernsprecherin „an dieser Stelle noch nichts Konkretes sagen“.

„Der Zusammenhang zwischen dem Konsum zuckerhaltiger Getränke (Softdrinks) und Übergewicht/Adipositas ist in prospektiven Beobachtungsstudien überzeugend belegt“, heißt es in dem Papier. Deshalb hofft Klaus Köth, „dass das alte Rezept vom Hasseröder Radler nicht vergessen wird“.