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Bäckermeister aus Rohrsheim erhält den diamantenen Meisterbrief von der Handwerkskammer Magdeburg Eberhard Bothe war einst jüngster seiner Zunft im Kreis Halberstadt

Von Horst Müller 29.08.2013, 01:15

Rohrsheim l Mit 21 Lebensjahren war Eberhard Bothe einst der jüngste Bäckermeister im Landkreis Halberstadt. Das ist 60 Jahre her. Nun erhielt der Rohrsheimer von der Handwerkskammer Magdeburg seinen diamantenen Meisterbrief.

Der Krieg und die schwere Zeit danach prägten Kindheit und Jugend von Eberhard Bothe. Aufgewachsen ist er in Erfurt, weil sein Vater dort als Lehrer eingesetzt war. Der Junge besuchte das Gymnasium und hätte später gern Literatur oder Bibliothekswesen studiert. Wäre da nicht die Not gewesen. Der Jubilar: "In dieser Situation wurde eigentlich meine Berufung zum Bäcker geboren."

Die Familie ging zurück in die alte Heimat. Mit 15 Jahren begann Bothe eine Bäckerlehre bei Walter Vorlop in Badersleben. Das war 1947. Sein Großvater in Rohrsheim, ein Bäckermeister im Ruhestand, hatte zu dieser Zeit sein Geschäft im eigenen Haus verpachtet. 1949 legte Eberhard Bothe vorzeitig seine Gesellenprüfung ab - und ging auf Wanderschaft. Zunächst zur Bäckerei Reinhardt an der Breiten Straße in Wernigerode. Weitere Arbeitsplätze in Halberstadt folgten. Der Rohrsheimer: "Diese vielen Stellen brauchte ich, um meine Meisterschule zu finanzieren." Zeitweise hatte er sogar zwei Brötchengeber gleichzeitig.

Nach nur acht Wochen Vorbereitungslehrgang legte Eberhard Bothe in Weimar seine Meisterprüfung ab. Danach half er mal schnell seinem alten Freund Gerhard Jellert aus Halberstadt aus. Der 81-Jährige: "Der wollte in seiner Bäckerei auch mal Urlaub machen."

1953 wagte Bothe im Haus seines inzwischen verstorbenen Großvaters den Schritt in die Selbständigkeit. Er erinnert sich: "Ich besaß die Bäckerei und meine Mutter den Laden."

Bei seinem ehemaligen Chef in Badersleben hatte er 1955 seine Frau kennengelernt. "Wir machten bald Nägel mit Köpfen und heirateten 1956." Erika Bothe stand mit im Geschäft, dazu gab es Angestellte, auch vier Kinder halfen später mit. "Wir waren ein fröhliches Haus und haben gut und gerne zusammen gefeiert", sagt Erika Bothe. Dazu wurden Laden und Backstube schnell mal zum Fetenraum umfunktioniert. "Dort war es ja immer schön warm", so die Ehefrau. Zum Feiern gehört natürlich Musik. Dafür wurde im Hause Bothe selbst gesorgt. Auch als Ausgleich zur schweren Arbeit. "Musikalität liegt bei uns in der Familie, der Großvater hat früher sieben Instrumente gespielt." Eberhard Bothe setzt sich heute noch ans Klavier und gibt einen Rock and Roll zum Besten.

Tausend Brötchen gingen täglich durch die Hände des Meisters. Sonnabends sogar bis zu 4200, und dazu kamen noch Brot und Kuchen. "Welche Mengen Brot wir für die Schweine gebacken haben, war unvorstellbar", blickt Erika Bothe zurück. Und: "Das Mischbrot für 1,24 Mark war für alle, und das für 68 Pfennige für die Schweine."

1992 schlossen Bothes ihr Geschäft. Die Zeit nach der Wende hatte ihnen besonders zugesetzt. In ihre Bäckerei hätte das Ehepaar viel Geld investieren müssen, um weiter bestehen zu können. Einen Nachfolger hatten sie nicht, die Kinder ergriffen andere Berufe.

Rohrsheim hat damit heute keinen Bäcker mehr. Ganz früher gab es einmal drei solcher Betriebe im Ort, ab 1953 nur noch zwei.

Der Backofen ist mittlerweile abgerissen. Einige Teile davon sind im Backofen an der Mühle in Anderbeck eingebaut worden, andere in einem kleinen altdeutschen Backofen im Garten von Tochter Ingrid. Bei Familientreffen wird er mit Holz beheizt. Frisches Brot, Braten und die berühmten Bizet-Torten des Meisters munden dann den Gästen.