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Interview mit Eisenbahn-Journalist Olaf Haensch zur aktuellen HSB-Debatte der Volksstimme-Leser Experte: Loks können nicht einfach mit Rußfilter nachgerüstet werden

21.11.2013, 01:08

Touristenmagnet und lästiges Anwohnerärgernis: die Harzer Schmalspurbahnen (HSB). Die Mitarbeiter verweisen darauf, dass die Loks technisches Denkmal sind. Volksstimme-Redakteurin Julia Bruns hat den Eisenbahn-Journalisten Olaf Haensch gefragt, ob das Unternehmen den Qualmausstoß trotzdem verringern kann.

Volksstimme: Herr Haensch, gibt es Schmalspurbahnen, die umweltfreundlicher als die HSB arbeiten, also weniger Qualm in die Umwelt pusten?
Olaf Haensch: Es gibt natürlich elektrisch betriebene Schmalspurbahnen, beispielsweise in der Schweiz. Das sind aber ganz normale moderne Eisenbahnen ohne Nostalgiefaktor. Und mal ehrlich: Welcher Tourist möchte mit einer elektrischen Straßenbahn zum Brocken fahren? Die Leute kommen doch extra wegen der Dampfloks.

Volksstimme: Trotzdem kritisieren viele Anwohner den Qualm. Was halten Sie von den Beschwerden?
Haensch: Die Eisenbahn fährt seit 1898 durch Wernigerode. Niemand, der sich heute möglicherweise beschwert, wurde von der Bahn plötzlich überrascht.

Volksstimme: Kann die HSB ihre Loks nicht einfach mit einem Rußpartikelfilter nachrüsten, so wie bei Autos?
Olaf Haensch: Nein, das ist nicht möglich. Kohlegefeuerte Dampflokomotiven sind grundsätzlich mit einem Funkensieb ausgerüstet. Dieses Sieb hindert noch glühende Kohleteilchen daran, aus dem Schornstein zu fliegen. Sie werden vom Saugzug des Zylinderdampfs mitgerissen. Ohne diesen Saugzug - das ist das charakteristische Dampflokgeräusch - kann das Feuer im Kessel nicht brennen und die Lok dann ohne Dampf nicht fahren. Daher kann man auch nicht einfach einen Rußfilter dazwischen setzen. Das würde den genau definierten Saugzug sehr stark beeinträchtigen.

Volksstimme: Kann das Zusammenspiel von Lokführer und Heizer die Situation für die Bürger verbessern?
Haensch: Die Sicherheit erfordert bereits, dass die beiden perfekt zusammenarbeiten. Das tun sie also ohnehin immer.

Volksstimme: Entlang der Strecke, besonders an den Haltepunkten, sieht man immer wieder Ölflecken. Kann das Austreten von Öl verhindert werden?
Haensch: Das wird bereits verhindert. Dort, wo die Lokomotiven länger stehen und im Bedarfsfall unterwegs auch gewartet werden können, liegen großflächig Auffangmatten im Gleis. Außerdem wurde bereits vor rund 20 Jahren umweltverträglicheres Öl verwendet, allein schon wegen des Nationalparks.

Volksstimme: Welche Kohle ist die Beste? Und nutzt die HSB diese Kohle?
Haensch: Die beste Kohle ist Anthrazit. Diese ist aber selten, sehr teuer und für die Dampfloks nicht geeignet, da die Loks für normale und wirtschaftlich zu beziehende Steinkohle konstruiert worden sind.
Zum Vergleich: In Ihrem Auto können Sie ja auch kein Kerosin verbrennen. Von den für Dampflokomotiven geeigneten Kohlesorten wird allein schon deshalb eine möglichst gute verwendet, weil man den Heizern heute nicht mehr zumuten kann, minderwertigen Brennstoff wie noch vor 30 Jahren zu verfeuern. Davon bräuchte er pro Schicht einige Tonnen mehr.

Volksstimme: Kann der Qualm aus den HSB-Loks Ihrer Meinung nach für gesundheitliche Beschwerden sorgen?
Haensch: Das Argument gesundheitlicher Risiken dürfte haltlos sein. Das, was man in der Luft nicht sieht - zum Beispiel Autoabgase - ist viel kritischer. Aber wer beschwert sich schon darüber?