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Feuerwehr Brandschützer lassen Dampf ab

Im Wernigeröder Ortsteil Minsleben schwelt der Unmut. Die Stadt zieht das angekündigte Geld für den Bau eines neuen Gerätehauses zurück.

Von Ivonne Sielaff 22.04.2019, 01:01

Minsleben l Dicke Luft beim Dienstabend der Minslebener Feuerwehr: Die Gesichter der Brandschützer sprechen Bände. Aus der Volksstimme haben sie erfahren, dass der Bau ihres Gerätehauses frühestens im Herbst 2019 beginnt. Dass das Geld, das für den Umbau einer leeren Werkhalle zum neuen Feuerwehr-Domizil bestimmt war, in diesem Jahr keinesfalls verbaut wird und erst einmal nach Schierke fließt.
Im Schierke-Ausschuss hatte die Stadtverwaltung die schlechte Nachricht verkündet: Der Neubau für die Schierker Feuerwehr, den Bauhof und die Bergwacht wird mindestens eine halbe Million Euro teurer als geplant. Geld, das der defizitäre städtische Haushalt eigentlich nicht hergibt. Außer, man zweigt es vom Budget für das Minslebener Gerätehaus ab.
„Was mich stört, ist, dass es uns gegenüber nicht kommuniziert wurde, dass ich es erst in der Zeitung lesen muss“, sagt Minslebens Feuerwehrchef Frank Siedenberg verärgert. Er sieht die Stadt in der Pflicht, ihn als Wehrleiter über Entwicklungen wie diese zu informieren.
Minslebens Kameraden bangen nun erneut um ihr neues Domizil. „Wir stehen wieder mit dem Rücken zur Wand“, bringt es Siedenberg auf den Punkt. Groß sei die Euphorie gewesen, als es vor einem Jahr hieß, die Stadt will die Werkhalle am Ortseingang kaufen und umbauen, als der Kaufvertrag endlich unter Dach und Fach war, als 900.000 Euro dafür im Stadthaushalt 2019 reserviert wurden. „Jetzt ist die Stimmung wieder gekippt.“
Zwar hatte Baudezernent Burkhard Rudo versichert, dass der Kostenanstieg in Schierke nicht zu Lasten andere Projekte geht, dass nicht gestrichen oder geschoben wird. Dennoch sind die Minslebener mehr als verunsichert. Baustart und erst recht die Fertigstellung ihres Gerätehauses sind für sie in weite Ferne gerückt. So richtig daran glauben, mag keiner mehr. „Die Frage ist, ob im nächsten Jahr überhaupt Geld dafür da ist. Wir kennen ja die finanzielle Situation der Stadt“, so Siedenberg. Um ein Loch zu stopfen, werde das nächste aufgerissen. Der Haushalt müsse erst beschlossen werden, vorher könne nicht gebaut werden. „Das heißt, bis zum nächsten Frühjahr steht alles still.“
Dabei hatten die Brandschützer eigentlich auf eine Einweihungsfeier am 1. April 2020 zum 112. Feuerwehr-Geburtstag spekuliert. Noch beim Neujahrsempfang habe Burkhard Rudo diesen Termin in Aussicht gestellt. Ende 2018 sei noch von „vorzeitigem Maßnahmenbeginn“ die Rede gewesen. „Und jetzt plötzlich ziehen sich Planungen und Genehmigungen bis zum Herbst?“, wundert sich Siedenberg. „Den April 2020 können wir uns wir abschminken.“ Vielleicht kann man dann wenigstens schon Richtfest feiern, wirft einer der Kameraden ein und erntet sarkastisches Gelächter.
Seit Langem kämpfen die Minslebener für ein neues Gerätehaus. Ihr altes Domizil am Krugberg ist viel zu eng für die beiden Einsatzfahrzeuge und die Spinde der 23 Aktiven. Einen Schulungsraum gibt es nicht, ebensowenig Duschen und Umkleidemöglichkeiten. Männer, Frauen und die zehn Mädchen und Jungen der Jugendfeuerwehr teilen sich eine Toilette und ein kleines Handwaschbecken. Von den Sicherheitsmängeln, die die Feuerwehr-Unfallkasse seit Jahren anprangert, ganz zu schweigen.
Von der Stadtverwaltung werde einfach ignoriert, dass „wir unsere Gesundheit gefährden, wenn wir nach einem Einsatz mit belasteten Stoffen auf der Haut nach Hause gehen“, macht Siedenberg seinem Ärger weiter Luft. In den letzten drei Wochen seien die Kameraden vier Mal zu Einsätzen ausgerückt, nach denen sie eigentlich hätten duschen müssen. Im Wernigeroöder Rathaus sei das bekannt, es werde aber einfach weggewischt, so sein Eindruck. „Das ist typisch Stadt, die Pflichtaufgaben werden vernachlässigt.“
Sie hätten nichts gegen die Schierker. Das betonen Minslebens Brandschützer. „Sie sollen ihr neues Haus bekommen“, so der Ortswehrleiter. „Aber was ist mit uns? Für uns muss das Geld eben aus einem anderen Topf kommen.“
Ironie des Schicksals: Auch die Schierker mussten um den Bau ihrer Einsatzzentrale bangen. Als 2017 die Kosten für die Schierker Feuerstein-Arena in die Höhe schossen, diente das Geld für den Neubau von Feuerwehr, Bauhof und Bergwacht mehrfach als Notnagel. Auf Druck der Stadträte wurden die abgezweigten 720.000 Euro damals im 2018er Haushalt für das Bauprojekt reserviert.