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Hoschwasserschutz Fischtreppen sind sinnvoll

Fischtreppen behindern nicht den Hochwasserschutz in der Holtemme, wie Bürger behaupten. das betont Wernigerodes Umweltbeauftragter.

Von Regina Urbat 01.09.2017, 01:01

Wernigerode l Das Hochwasser Ende Juli in und um Wernigerode hat bisher alle Dimensionen übertroffen. „140 Liter pro Quadratmeter Niederschlag sind über mehrere Stunden registriert worden. Das hatten wir noch nie“, sagt Ulrich Eichler. Deshalb seien aus Sicht des Umweltbeauftragten der Stadtverwaltung jegliche Schuldzuweisungen, wie auf der Bürgerversammlung in Silstedt laut wurden, „absolut fehl am Platz“.

Alle Verantwortlichen „haben nach bestem Wissen gehandelt“, so Eichler weiter, der jedoch Abstriche in Richtung Kreisverwaltung machte. „Dass dort kein Katastrophenalarm ausgelöst wurde, verstehe ich nicht.“ Der Krisenstab in Wernigerode mit Oberbürgermeister Peter Gaffert (parteilos) an der Spitze „hat top gearbeitet. Alle drei Stunden haben wir uns getroffen, um die nächsten Schritte abzuwägen und Entscheidungen zu treffen“.

Durch die Harzflüsse Holt-emme und Zillierbach sei Wernigerode gleich von zwei Seiten sehr anfällig. Von Vorteil sei zumindest die Zillierbachtalsperre. Anders bei der Holtemme, in deren Verlauf es kein Staubecken gibt. „Sie kracht bei Hochwasser durch die Stadt“, sagt Eichler. Nun zuletzt Ende Juli. Große Schäden hat die Flut von Hasserode bis Silstedt und Derenburg angerichtet.

Dass der Rückbau der Wehre in der Holtemme die Zerstörungskraft wegen höherer Fließgeschwindigkeit begünstigt hätte, „ist falsch“, betont Eichler. In erster Linie seien die Schäden auf die anhaltend hohen Wassermengen samt Wasserkraft zurückzuführen. „Ich sage es noch einmal, es war ein Jahrhundert-Hochwasser – HQ 100 plus.“

Die Wehre, auch Querbauwerke genannt, die einst von den Vorfahren in Flüssen angelegt wurden, um Mühlgräben abzuschlagen und mechanische Energie zu erzeugen, wurden in den letzten Jahren dort zurückgebaut, wo ein Grabenabschlag nicht mehr gebraucht wird. Mit dem Rückbau sei der natürliche Zustand des Gewässers wieder hergestellt worden. Im Zeitraum von 1996 bis 2012 wurden im Rahmen des Renaturierungsprojekts „Schaffung der ökologischen Durchgängigkeit“ 23 Querbauwerke in Holtemme und Zillierbach fachgerecht umgebaut und „fischpassierbar gemacht, so wie das die Europäische Wasserrahmenrichtlinie vorschreibt“, erläutert Eichler.

Die Sohlgleite sei bei dem Umbau mit einem sogenannten Steinriegel gesichert und der Gewässerquerschnitt in der Regel vergrößert worden, „was dem Hochwasserschutz zugute kommt“, sagt Eichler.Bei Wehren, von denen nach wie vor Gräben für eine Entwässerung abgeleitet werden müssen, wurden entsprechende Fischaufstiege eingebaut. Dafür wurden einige Wehre geschlitzt, wie es in der Fachsprache heißt. Andere blieben im Urzustand, der Fischaufstieg wurde am äußeren Gewässerrand eingebaut.

„Fakt ist“, so Eicher, „die von Bürgern immer wieder aufgestellte Behauptung, Fischtreppen hätten mit einer höheren Überschwemmungsgefahr zu tun und sind sinnlos, ist absoluter Quatsch.“ Im Gegenteil: „Fischaufstiege sind sinnvoll.“ Sie wirken regulierend und leiten bei Normalpegel das Wasser.

Wie beim Rückbau der Wehre „hat sich auch beim Einbau von Fischaufstiegen das Abflussprofil der Holtemme nicht verengt, sondern vergrößert, so dass Hochwasser in diesen Bereichen besser abgeführt werden kann“. Und noch eine Lanze bricht der Umweltbeauftragte: „Alle Fischaufstiege haben das Juli-Hochwasser unbeschädigt überstanden, sie sind lediglich mit Sedimentgestein zugespült worden.“

Dass es in Sachen Hochwasserschutz eine Menge Reserven und somit zu tun gibt, streitet Ulrich Eichler nicht ab. Auch könne er die Sorgen der Bürger verstehen. „Deshalb ist es wichtig, dass wir in der Stadt Wernigerode mit unserem Hochwasserschutzkonzept vorankommen. Daran mitzuwirken, dazu sind die Verantwortlichen vom Landesbetrieb für Hochwasserschutz ebenso wie alle Bürger eingeladen.