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Gastronomie Gourmet im Sternen-Himmel

Aufregende Tage liegen hinter Robin Pietsch. Mit seinem Restaurant „Zeitwerk“ hat er es in den renommierten „Guide Michelin“ geschafft.

Von Katrin Schröder 17.11.2017, 00:01

Wernigerode l Am Tag danach kann Robin Pietsch es noch immer nicht richtig fassen. „Es war unglaublich“, sagt der frischgebackene Sterne-Koch – der einzige in Sachsen-Anhalt. Am Dienstagabend hat er bei der Gala in der Potsdamer Metropolishalle seinen ersten Stern erhalten – der Ritterschlag für jeden Koch. Im „Guide Michelin“ für 2018 werden die 300 Top-Häuser landesweit aufgelistet. Zu ihnen zählt nun auch Robin Pietschs Zeitwerk an der Steingrube.

Zurück in Wernigerode schlägt der 29-Jährige den Restaurantführer auf, sucht den Eintrag für sein Lokal. Jung, kreativ und erfrischend: So lautet das Lob der „Michelin“-Redaktion. Robin Pietsch ist sichtlich stolz. „Es ist die größte Auszeichnung, die man erreichen kann. Das ist die Bibel“, sagt er über das rote Büchlein. „Ich glaube, ich nehme das heute mit ins Bett.“

Schlaf hat er bitter nötig, denn seit Sonnabend haben sich die Ereignisse überschlagen. Am Abend rief Ralf Finkenflügel an, Direktor des „Guide Michelin“ für Deutschland und die Schweiz – es war 19.21 Uhr, Robin Pietsch hat auf die Uhr geschaut. Der gelernte Koch und Konditor ist mit seinem fünfköpfigen Team mitten im Wochenendgeschäft, das Restaurant ist voll. Das Schwierigste war: „Wir durften uns nichts anmerken lassen“, so Pietsch. Bis Dienstagabend müssen sie schweigen, mehr als kurze Freudentänze und eine Umarmung in der Küche sind nicht drin – die Gäste warten schließlich auf ihr Essen.

Ganz überraschend kommt die Nachricht aber nicht. „Um ehrlich zu sein: Wir haben es gehofft. Wir haben darauf hingearbeitet“, sagt der gebürtige Blankenburger. Drei „Michelin“-Tester haben im Wohnzimmer-Restaurant an der Steingrube Platz genommen und das Zehn-Gänge-Menü bestellt, das dort jedem Gast serviert wird. Einer offenbart sich, nachdem die Teller abgeräumt sind, die beiden anderen bleiben anonym. „Das ist kein Klischee, das ist einfach so. Wir hatten keinen Verdacht und wussten gar nichts“, sagt Robin Pietsch.

Am Montag fährt er mit seiner Partnerin nach Berlin, am Dienstag geht es nach Potsdam zur Pressekonferenz und zur Gala – gemeinsam mit seinem Restaurantleiter und gutem Freund Florian Raake. „Das war Gänsehaut-Feeling – überwältigend. Wir waren sehr aufgeregt“, sagen beide. In Potsdam begegnen sie nicht nur bekannten Gesichtern aus Film und Fernsehen, sondern auch den Stars der Gastroszene. „Als die Drei-Sterner hereinkamen, standen wir stramm“, erinnert sich Robin Pietsch. Beeindruckt hat ihn, wie locker und kollegial die Starköche auftreten. „Wir haben mit Tim Raue, Christian Lohse und anderen am Tresen gestanden, und sie haben uns zu unserem Erfolg gratuliert.“

Vor mehr als 300 Gästen werden die Sterne-Köche auf die Bühne gerufen. Was genau passiert, nehmen die Wernigeröder wie durch einen Schleier war. „Der Abend hat irgendwie angefangen und irgendwann geendet“, sagt Robin Pietsch. Bis um vier Uhr früh feiern sie, um acht geht es zurück Richtung Harz. Zu Hause explodieren die E-Mail-Postfächer, der Telefonspeicher, die Facebook-Seite, von allen Seiten trudeln Glückwünsche ein, Medienleute stehen Schlange. „Wahnsinn“ – Robin Pietsch verschlägt es kurz die Sprache.

Derweil laufen die Vorbereitungen für das Abendgeschäft. Das Zeitwerk öffnet wieder um 18 Uhr, die 25 Plätze sind ausgebucht. Natürlich geht es nahtlos weiter, sagt der Chef, und zwar zu 110 Prozent. „Es fällt einem nichts ein den Schoß. Du musst schuften wie ein Esel.“ Das gilt für ihn ebenso wie für seine Mitarbeiter. „Ohne mein Team wäre ich nichts“, betont er.

Der Stern gibt ihm Rückenwind, auch wirtschaftlich. Er habe viele Ideen, sagt Robin Pietsch. Das Wichtigste sei aber: „Wir möchten genauso bleiben, wie wir jetzt sind.“