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Gesundheitsrisiko Hitzewelle bringt Stress für Retter im Harz

Kreislaufprobleme, Sonnenbrand, Dehydrierung - der Hochsommer fordert in Wernigerode Tribut. Im Harzklinikum steigt die Zahl der Hitzeopfer.

Von Holger Manigk 26.07.2018, 01:01

Wernigerode l Alarm am Kruzifix zwischen Ilsenburg und Eckertalsperre: Eine ältere Dame bricht mit Kreislaufproblemen und Übelkeit zusammen. Die Seniorin hat Glück bei ihrem Notfall am Dienstag. Binnen zehn Minuten sind Rettungsdienst und Bergwacht Wernigerode zur Stelle. Kurz zuvor hatten die Lebensretter einem Mann geholfen, der die nahe gelegenen Ilsefälle herabgestürzt war. Schließlich konnte die zusammengebrochene Frau „überglücklich in Ilsenburg abgesetzt werden“, berichtet die Bergwacht auf ihrer Facebook-Seite. Bei Temperaturen um die 30 Grad Celsius und mehr kämen auch die Helfer an ihre Grenzen.

Das hochsommerliche Wetter im Harz wirkt sich auch auf das Notfall-Geschehen im Wernigeröder Harzklinikum aus. Zwar hat sich die absolute Zahl der Notaufnahme-Patienten im Juni mit 1790 im Vergleich zum Vorjahr kaum verändert. Doch die Zahl der Hitzeopfer sei gegenüber 2017 um die Hälfte gestiegen, sagt Kevin Gronek, pflegerischer Leiter der Notaufnahme. Bis zu zehn Patienten müssten täglich wegen Folgen der Hitze behandelt werden. „Darunter sind nicht nur ältere Menschen, die wegen fehlenden Durstempfindens zu wenig trinken, häufiger auch jüngere Patienten, die meist während ihrer Arbeitszeit zu wenig trinken und essen“, sagt Gronek.

Ausreichend seien bei gesunden Menschen ungefähr zwei Liter pro Tag, erläutert Christian Kalisch. Wer körperlich anstrengende Arbeit im Freien verrichtet, sollte laut dem Oberarzt der Notaufnahme in Wernigerode sogar deutlich mehr trinken. Der Mediziner empfiehlt Wasser und ungesüßte Tees, auch alkoholfreies Bier in Maßen sei unbedenklich.

Wer unter der intensiven Sonneneinstrahlung – beim Wandern, Radfahren oder im Freibad –aktiv ist, dem rät Kalisch zu einer Kopfbedeckung. Andernfalls steige die Gefahr eines Sonnenstichs mit Schwindel und Kopfschmerzen, schlimmstenfalls sogar einem Schock. Ebenfalls Pflicht in diesen Hochsommertagen sei ausreichender UV-Schutz: „Mit Sonnenschutz mit hohem Lichtschutz-Faktor, und diesen bitte ausreichend und mehrfach am Tag auftragen. Die steigende Zahl von Patienten mit Weißem Hautkrebs im Harzklinikum spricht leider eine deutliche Sprache“, berichtet der Facharzt für Innere Medizin und Notfallmedizin.

Eine Möglichkeit, der drückenden Hitze in Wernigerode zu entfliehen, seien Wanderungen – allerdings auf moderaten Strecken, in kühleren Hochlagen und am besten im schattigen Wald, so Kalisch. „Wenn das Wetter so bleibt, kann man nur appellieren, die Wälder aufgrund der Brandgefahr nicht zu betreten“, warnt dagegen Holger Müller von der Bergwacht. Seit Donnerstag, 26. Juli, gilt im Landkreis Harz die höchste Warnstufe 5.

Erschwerend in der aktuellen Wetterlage sei die Ozonbelastung, so Notaufnahme-Chef Kalisch. Vor allem am späten Nachmittag sei diese besonders hoch. Am Wernigeröder Bahnhof wurden in dieser Woche laut Landesamt für Umweltschutz Spitzenwerte von 155 Mikrogramm pro Kubikmeter gemessen. Eine Konzentration von 180 Mikrogramm pro Kubikmeter und mehr gilt als gefährlich für etwa Asthmatiker und Kleinkinder.

Der Mediziner warnt zudem vor dem sogenannten „unfühlbarem Schwitzen“. Da der Körper bei trockener Hitze auch die Schleimhäute und Atem ständig anfeuchtet, „verlieren wir über die Lunge viel Wasser“. Oberarzt Christian Kalisch: „Es passiert, dass Menschen beim Rasenmähen einen Herzinfarkt erleiden. Gerade Gartenarbeit wird oft unterschätzt. Dabei wird der Körper stark belastet.“ Plötzlicher Schwindel und Flimmern vor den Augen könnten ein Zeichen für Kreislaufschwankungen sein. Der Experten-Rat: „Dann eine Pause machen, sich hinsetzen und trinken.“