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Gastronomie Hassefelderinnen pflegen eiskalte Familientradition

Renate Hartmann und Tochter Antje Cajus sorgen im eigenen Eiscafé in Hasselfelde für Genussmomente

Von Johanna Ahlsleben 30.04.2021, 08:44
Renate Hartmann (links) und Antje Cajus betreiben das Eicafé Hartmann in Hasselfelde. Mutter und Tochter sehnen das Ende des Lockdowns herbei, um wieder für ihre Kunden da sein zu können.
Renate Hartmann (links) und Antje Cajus betreiben das Eicafé Hartmann in Hasselfelde. Mutter und Tochter sehnen das Ende des Lockdowns herbei, um wieder für ihre Kunden da sein zu können. Foto: Johanna Ahlsleben

Hasselfelde

Schon Berühmtheiten wie Hippokrates, Alexander der Große oder der Kaiser Nero hegten eine Vorliebe fürs Eis. Auch heute ist Speiseeis der Verkaufsschlager an heißen Sommertagen. Die Menschen stehen Schlange für eine sahnige Abkühlung aus der Eistheke.

Dass das so ist, wissen Renate Hartmann und ihre Tochter Antje Cajus nur zu gut. Denn Eis, Torten und Kuchen sind ihre Leidenschaft. Seit Jahrzehnten leitet das Duo Hand in Hand das Eiscafé Hartmann in der Salzmarktstraße in Hasselfelde. Beide sind sich einig, dass ein Eis nur schmecken kann, wenn es mit Liebe gemacht ist.

Doch zurzeit ist es ungewöhnlich ruhig in der Kaffeestube. Seit nunmehr sechs Monaten müssen die Tische, an denen sich sonst Einheimische und Touristen Kaffee, Kuchen sowie Eis schmecken lassen, coronabedingt ungedeckt bleiben.

Verkauf aus dem Fenster heraus

Denn am Modellprojekt des Harzkreises, in dem die Außengastronomie unter strengen Hygiene-Regeln noch bis zum vergangenen Samstag öffnen durfte, hatten sich Mutter und Tochter nicht beteiligt. Grund dafür sei die Höhenlage Hasselfeldes und das daraus resultierende kältere Wetter gewesen. „Bei 13 Grad Celsius hätte sich kaum jemand draußen hingesetzt und ein Eis gegessen“, sagt die gelernte Konditorin Renate Hartmann. Aus diesem Grund verkaufen sie, wenn das Wetter mitspielt, ihre kalte Ware aus dem Fenster heraus.

Und genau so habe die Geschichte des Eiscafés auch begonnen, erzählt die 71-jährige Hasselfelderin: mit dem Eisverkauf aus dem Fenster. Früher führten ihre Eltern in dem Haus, welches heute das Eiscafé beherbergt, eine Bäckerei. Während ihrer Lehre zur Konditorin beginnt Renate Hartmann Eis zu machen, was neben Brot, Brötchen und Kuchen verkauft wird. Nachdem sich ihre Eltern in den Ruhestand verabschiedet haben, wird die ehemalige Bäckerei zu einem Eiscafé umgebaut. Die Eröffnung feiert die Hasselfelderin, die in der Stadt auch als „Eis-Renate“ bekannt ist, vor 40 Jahren.

Viel habe sich nicht verändert, vergleicht sie. Nur die Eismaschine habe nach 37 Jahren ihren Dienst quittiert. Ansonsten seien Schoko-, Vanille- sowie Erdbeereis immer noch die Verkaufsschlager schlechthin.

Nach Magdeburg zum Melonenkauf

Sie kann sich noch gut dran erinnern, wie schwer es damals zu DDR-Zeiten war, besondere Waren wie exotisches Obst heranzuschaffen. „Wir sind manchmal nach Magdeburg gefahren und haben dort ein Haufen Melonen gekauft“, blickt Renate Hartmann zurück. „In Scheiben geschnitten und mit mehreren Kugeln Eis waren sie der Renner damals.“

Um ihre Süßspeisen optisch herzurichten, habe sie früher selbst Blätter aus Schokolade hergestellt. Für ihre kleinen Kunden habe sie sogar bunte Zuckerstreusel gefärbt. „Schließlich mögen es die Kinder, wenn es bunt ist“, fügt Renate Hartmann schmunzelnd hinzu.

Nach der Wende, 1990, beginnt auch Antje Cajus, Renate Hartmanns Tochter, in dem Eiscafé zu arbeiten. Gemeinsam beherbergt das Familiengespann Gäste aus dem Harz und anderswo. Besonders lustig wurde es im Eiscafé Hartmann dann, wenn der Männerchor aus Nienburg zu Proben anreiste. „Von unseren Stammgästen kommen mittlerweile auch schon die Enkelkinder“, sagt „Eis-Renate“ und lacht. Doch wenn sie daran denkt, wann sie vor dem Lockdown den letzten Kunden in ihrem Café bedient hat, vergeht ihr das Lächeln. Jetzt heißt es für sie Warten auf den Startschuss.

Pausen an den Wochenenden

In dieser Zeit denken Renate Hartmann und ihre 51-jährige Tochter Antje Cajus besonders an ihre älteren Kunden, die sonst immer zum Kaffeekränzchen gekommen sind. „Sowas, wie wir es gerade erleben, gab es noch nie“, sagt die Senior-Chefin. „Aber wir müssen das Beste draus machen“, gibt sich Antje Cajus optimistisch. „Wir haben zum Beispiel die Backstube und den Fußboden erneuert.“

Aber die ganze Pandemie hat auch eine kleine angenehmen Kehrseite. Nach langer Zeit können Antje Cajus und Renate Hartmann auch mal am Wochenende sowie feiertags die Füße hochlegen. „Früher wäre das undenkbar gewesen“, erzählt die Junior-Chefin, „schließlich hatte das Café das ganze Jahr über geöffnet.“

Aber Mutter und Tochter kribbelt es in den Fingern. „Es soll wieder losgehen“, wünscht sich Antje Cajus sehnsüchtig.

In Zukunft solle sie das Café ihrer Mutter übernehmen, die sich nach 40 Jahren im Geschäft langsam aber sicher in den Ruhestand verabschieden möchte.