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Hochwasserschutz Tauziehen um Kruskabrücke

Wernigerodes Bauausschuss drängt auf einen schnellen Abriss der Kruskabrücke.

Von Ivonne Sielaff 11.06.2020, 03:40

Wernigerode l Die Tage der Kruskabrücke sind gezählt. Das Hochwasser-Nadelöhr zwischen Kruskastraße und Am Auerhahn soll abgerissen werden. Darin sind sich Wernigerodes Stadträte und die Verwaltung einig.

Ob die Brücke ersetzt wird, ist offen, wird aber derzeit von den Lokalpolitikern diskutiert. CDU-Stadtrat Christian Linde hat den ersatzlosen Abriss ins Spiel gebracht. Ein Abriss sei schnell zu realisieren und koste die Stadt deutlich weniger Geld als eine neue Brücke, so seine Argumentation. Zudem gebe es in unmittelbarer Nähe zwei weitere Brücken über die Holtemme, die Passanten und sonstige Verkehrsteilnehmer nur einen kleinen Umweg kosten.

Dass eine solche Lösung durchaus umstritten ist, zeigte sich in der Sitzung des Bauausschusses. Etliche Anwohner verfolgten die Diskussion. Schon vorab war ihrerseits die Forderung nach einer Alternative laut geworden – wenn schon nicht für Autos, dann zumindest für Fußgänger und Radfahrer.

Das Problem aber ist, dass es aus Sicht der Verwaltung nur wenige realisierbare Alternativen zu geben scheint. Um zu verhindern, dass sich die Fluten bei Hochwasser stauen, müsste die Brücke um 1,70 Meter angehoben werden, informierte Baudezernent Burkhard Rudo. „Das ist viel“ und schließe eine Brücke für den Fahrzeugverkehr von vornherein aus. Damit die Brücke befahrbar wäre, müssten Rampen gebaut werden. Und für die sei an der engen Kreuzung schlichtweg kein Platz.

Aber: Die Wegebeziehungen in dem Quartier seien über die Jahre gewachsen und hätten sich bewährt. „Das in Frage zu stellen, ist schwierig.“ Deshalb schlägt die Stadtverwaltung eine Fußgängerbrücke mit Treppen vor. „Mindestens fünf Stufen“, so Rudo. So richtig überzeugt scheint aber selbst der Baudezernent nicht von dem Vorschlag zu sein. „Das ist nicht das Ergebnis, das wir uns wünschen“, räumte Rudo ein. „Eine barrierefreie Lösung können wir an der Stelle nicht schaffen.“

Die Kosten für eine solche Fußgängerbrücke liegen laut Burkhard Rudo bei etwa 280.000 Euro inklusive Abriss, Geländer und Uferabsicherung.

Der Baudezernent brachte darüber hinaus noch die Möglichkeit einer Hub- oder Schwenkbrücke ins Spiel. „Das hat aber ein anderes Kostenniveau.“ In Bayern habe man eine Brücke gefunden, die mit der in Wernigerode benötigten vergleichbar wäre. Kostenpunkt 1,6 Millionen Euro. „Da muss man dann aber die Verhältnismäßigkeit von Kosten und Nutzen sehen“, so der Dezernent. Eine solche Ausgabe sei „schwer erklärbar“.

Bei Wernigerodes Stadträten, so zeigte sich in der Diskussion, hat der Hochwasserschutz im Kruska-Quartier Priorität. „Unser Grundinteresse ist es, dieses Übel abzuschaffen“, so Hagen Bergmann (CDU). Und zwar zügig. „Ich möchte niemandem gegenüberstehen, dessen Grundstück überflutet wurde, weil die Brücke vier Wochen zu spät abgerissen wurde.“

Fast drei Jahre seien seit der Flut vom Juli 2017 vergangen „Und wir reden immer noch“, so Matthias Winkelmann (CDU), der selbst ein Grundstück an der Holtemme besitzt. „Der Hochwasserschutz ist unsere erste Pflicht.“

Von Siegfried Siegel (SPD) hieß es: „Die Brücke ist ein Hindernis und muss weg.“ In seiner Fraktion frage man sich zudem, ob ein Umweg von 150 Metern eine Zumutung für Fußgänger sei. „Laufen ist doch gesund.“ Die Frage sei: „Können und wollen wir uns 280.000 Euro für eine Fußgängerbrücke leisten.“

Auch Thomas Schatz (Die Linke) schlug in die gleiche Kerbe. Der Vorschlag der Stadtverwaltung sei für Radfahrer unattraktiv. Sie müssten die Treppen zwei Mal überwinden. Seine Fraktion sei für einen Abriss – außer man baue dort eine Zugbrücke wie auf dem Schloss. „Mit der Porta Rudo könnten Sie unsterblich werden“, so Schatz scherzhaft zum Baudezernenten.

Wenn es auch nicht die Porta Rudo ist, vielleicht findet sich doch eine andere Alternative. Diese Hoffnung hat Matthias Bosse (SPD). Deshalb plädierte er für einen schnellstmöglichen Abriss der Brücke. Unabhängig davon soll OB Peter Gaffert (parteilos) aufgefordert werden, innerhalb eines halben Jahres einen Alternativvorschlag für eine Fußgänger- und Radfahrerbrücke vorzulegen. „Wir brauchen aber schlüssige Zahlen, um entscheiden zu können.“

Bosses Vorschlag setzte sich im Ausschuss durch. Denn ein Abriss hindere niemanden daran, dort später wieder eine Brücke zu bauen, schlussfolgerte Hagen Bergmann. Das letzte Wort hat der Stadtrat. In der Sitzung am 2. Juli soll die Entscheidung fallen.

Im Wernigeröder Rathaus wartet man indes auf Zahlen vom Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW). In den vergangenen Monaten wurden dort die Abflussmengen und Wasserstände für verschiedene Hochwasserszenarien an der Holtemme berechnet. Daten, die für die Planung und die Höhe einer Ersatzbrücke notwendig sind. Eigentlich sollten die Zahlen bereits im April vorliegen. „Zur Zeit findet die Endabstimmung mit dem beauftragten Planungsbüro statt“, informiert LHW-Flussbereichsleiter Christoph Ertl auf Volksstimme-Nachfrage. Die Werte könnten in Kürze übergeben werden.

Burkhard Rudo bezweifelt allerdings, dass die neuen Daten etwas Grundlegendes für die Stadt ändern. „Vermutlich muss die Höhe der Brücke sogar noch weiter nach oben korrigiert werden.“