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Investition Gläserner Traum rückt näher

Startschuss für die neue Lokwerkstatt in Wernigerode: Von der Investition erhoffen sich die Verantwortlichen Kosten- und Zeitersparnis.

Von Ivonne Sielaff 05.10.2019, 03:09

Wernigerode l In rund 4000 Einzelteile wird eine Dampflok aller acht Jahre bei ihrer turnusmäßigen Hauptuntersuchung zerlegt. Das soll in Zukunft auch in Wernigerode möglich sein. Am Freitag fiel der Startschuss für den Bau der neuen Lokwerkstatt der Harzer Schmalspurbahnen GmbH (HSB). Und das mit großem Bahnhof auf der Baustelle auf dem Ochsenteichgelände.

„Endlich ist es soweit“, freute sich HSB-Geschäftsführer Matthias Wagener vor Vertretern aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft – allesamt „Freunde der Harzer Schmalspurbahnen“. Die geplante Werkstatt sei „das größte Bauprojekt in der 28-jährigen Geschichte der HSB und sichere die erfolgreiche Zukunft des Unternehmens.

Warum? Zuletzt hatten Schlagzeilen über Personalmangel und vor allem Finanzierungsprobleme bei der HSB die Runde gemacht. Wenn die Dampfloks künftig in der eigenen, 10,5-Millionen-Euro-Werkstatt untersucht werden können, sollen mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden. Die Wartungsarbeiten in der bundesweit wichtigsten Dampflokwerkstatt im thüringischen Meiningen seien in vergangenen Jahren immer kostenintensiver geworden, blickte der HSB-Chef zurück. Von der Investition erhoffe man sich nun Kosten- und Zeitersparnis sowie eine gewisse Unabhängigkeit bei den Untersuchungen der Loks aus den Baujahren 1897 bis 1956. Viel Wert werde zudem auf den touristischen Aspekt der „gläsernen“ Werkstatt gelegt. „Von der Galerie aus haben die Besucher einen Blick auf die Arbeiten“, so Wagener. „Sie können die Loks sehen und riechen.“

Die Überlegungen für eine eigene Werkstatt liegen schon einige Jahre zurück. Die Diskussionen seien damals nicht einfach gewesen, erinnerte sich Oberbürgermeister Peter Gaffert (parteilos), der sich als HSB-Aufsichtsratschef gleich doppelt über den Baustart freute. In Thüringen sei befürchtet worden, dass mit Wernigerode als Standort für die neue Werkhalle die Aufträge in Meiningen wegbrechen. Die Nordhausener, so Gaffert, seien der Auffassung gewesen, die Werkstatt sei dort viel nötiger. Die Entscheidung der Gesellschafter sei letztlich auf Wernigerode gefallen, weil sich hier „das touristische Kraftzentrum des Landes“ befinde und der überwiegende Teil des Zugverkehrs von hier aus abgewickelt werde, so Wernigerodes Stadtchef weiter. Es sei wenig sinnvoll, die Züge zur Wartung nach Nordhausen zu schicken.

Dass das Land nach wie vor hinter der HSB stehe, betonte Verkehrsminister Thomas Webel (CDU) in seinem Grußwort. „Ohne die Schmalspurbahnen wäre der Harz nicht so attraktiv für Touristen“, so der Minister. Sie seien ein besonderes Wahrzeichen für die Region. „Sie sollen noch Jahrzehnte weiterfahren, und dafür müssen wir uns alle einsetzen.“

Die Kosten für den Betrieb der HSB waren zuletzt immer mehr gestiegen. Der Finanzbedarf liegt inzwischen bei fast 16 Millionen Euro jährlich. „Da können die Einnahmen durch Fahrpreise nicht mithalten“ so Webel. Für die Zukunft sei wichtig, die Finanzierung der HSB „auf solide Füße zu stellen“. Die Länder Sachsen-Anhalt und Thüringen haben bereits eine Aufstockung der Zuschüsse zugesagt. Aber auch die Gesellschafter müssen mitziehen. „Ich weiß, hier wird engagiert und solide gearbeitet. Deshalb wollen wir die HSB weiter unterstützen.“

Nach dem Startschuss am Freitag soll nun umgesetzt werden, was in den vergangenen Jahren aufwändig geplant wurde. Die vorbereitenden Arbeiten auf der Baustelle laufen bereits seit September. In den nächsten Wochen werden die Spundwände errichtet, die das Grundwasser fernhalten und der Baugrube Stabilität verleihen sollen. Nach dem Frost sind in 2020 die Hochbauarbeiten vorgesehen. „Ziel ist es, im Frühjahr 2021 fertig zu werden“, stellte Matthias Wagener in Aussicht. „Wir hoffen, dass wir nach einer Anlaufphase in 2021/22 erstmals Loks zerlegen können.“ Für die nächsten Monate wünschte sich der HSB-Chef sich „unfallfreies Bauen“.

Wer sich für die Baustelle interessiert, kann die Arbeiten mittels Webcam direkt verfolgen.