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Kirchenumzug Wird Stabkirche Stiege Riesenpuzzle?

Die Pläne zur Umsetzung der Stabkirche in Stiege im Obehrarz werden konkret. Unter drei Varianten kristallisiert sich ein Favorit heraus.

Von Uta Müller 30.06.2019, 01:01

Stiege l „Berge versetzen“ heißt es sprichwörtlich, wenn Menschen außergewöhnliche Dinge leisten. Die Mitglieder des Vereins „Stabkirche Stiege“ wollen ihre Holzkirche nach skandinavischem Vorbild versetzen. Die Pläne dazu nehmen jetzt konkrete Formen an.

Beim Sommerfest am Sonntag, 30. Juni, rund um die Holzkirche sollen die Pläne der Öffentlichkeit präsentiert werden. „Ursprünglich gab es zur Realisierung des Vorhabens drei Ideen“, erklärt Hans Joachim Nehrkorn. Der Bauplaner präferiert weder den Transport des Gotteshauses im Ganzen noch in größeren Segmenten. Es soll komplett in seine Einzelteile zerlegt und im Ort Stiege nahe des Bahnhofs wieder aufgebaut werden. Es sei eine extreme Herausforderung, jedoch kein Hexenwerk, so der Bauingenieur weiter. Zunächst werde das Dach von Kirchenschiff und Turm abgedeckt. Die Wetterkrone, das Gestühl und der Altar müssen ab- und umgebaut werden. Der rund 20 Meter hohe Kirchturm solle komplett angehoben werden. Mit Sorgfalt und Akribie sollen die einzelnen Holzbohlen abgebaut, saniert und katalogisiert werden, um sie am neuen Platz wieder zusammenzusetzen.

Die rund 100 Jahre alte Holzkirche soll umgesiedelt werden, damit sie nicht mehr so oft zum Ziel von Vandalen wird. Die Stabkirche nahe Stiege im Wald am Albrechtshaus. Damit sie wieder der Öffentlichkeit zugänglich wird, soll sie in den rund sieben Kilometer entfernten Ortskern versetzt werden.

In der ersten Bestandsaufnahme des Bauplaners wurden Grundrisse, Schnitte und Ansichten des Bauwerks erstellt. „Zunächst muss das nötige Geld aufgetrieben werden“, sagt Regina Bierwisch vom Verein zur Kirchenrettung. Zwar wolle man Fördermittel zum Erhalt eines wichtigen Kulturgutes beantragen, einen Eigenanteil müsse der Verein aber durch Spenden auftreiben. Derzeit fehlen laut Bierwisch noch rund 100.000 Euro. Der Verein will dafür auch Unternehmen ansprechen.

Um die Kirche sprichwörtlich ins Dorf zu holen, sammelt der Verein zur Kirchenrettung an Aktionstagen Spenden. Beim morgigen Sommerfest rund um die kleine Kapelle am Albrechtshaus werden Holzkurse zur Herstellung von Lindenbastpinseln, das Flechten mit Lindenbast und die Herstellung von Holzschindeln angeboten. Ein Schnitzkünstler arbeitet weiter am Drachen, der im September versteigert werden soll. Höhepunkt wird um 15 Uhr das Konzert mit den Akkordeonisten Kratschkowski aus Dresden sein.

„Dieser Bau ist eigentlich ein Fertigteilhaus in Holzbohlenblockbauweise“, sagt Hans Joachim Nehrkorn. Der Bauingenieur schwärmt von der Konstruktion der Holzkirche. „Sie ist einfach und schlicht gebaut, jedoch ohne primitiv zu sein“, erläutert Nehrkorn begeistert. Deshalb müsse man für den Ab- und Aufbau der kleinen Holzkirche im skandinavischen Stil speziell ausgebildete Handwerker finden. „Die Zimmerleute sollten eine Affinität zu alten Gebäuden haben“, sagt Nehrkorn. „Jede einzelne Bohle kann eine Geschichte erzählen“.

Der Verein hofft, dass 2020 mit dem Abbau begonnen werden kann. 2021 könnte die Stabkirche Stiege dann am neuen Standort wieder errichtet werden.

Stabkirchen sind traditionell nicht im Harz, sondern in Nordeuropa zu finden. Laut Überlieferung hat ein Skandinavier 1905 das Gotteshaus in Stiege spendiert. Er war Patient in der benachbarten Lungenheilklinik und wurde von der Tuberkulose geheilt.