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Wernigeröder bewältigen in sieben Tagen 420-Kilometer-Strecke und 14000 Höhenmeter Mit dem Fahrrad über die Alpen: Vater und Sohn "an den Grenzen der Belastbarkeit"

Von Sandra Reulecke 26.10.2011, 06:21

Zu einer Transalp-Tour ist das Vater-Sohn-Gespann Frank und Chris Kalis aus Wernigerode aufgebrochen. Das Duo musste mit Temperaturstürzen, Regen und Nebel kämpfen. Dennoch bewältigten sie in einer Woche 14000 Höhenmeter und 420 Kilometer Strecke.

Wernigerode l "Es ist ein Glücksgefühl, wenn man den Anstieg überwunden hat und den überwältigenden Ausblick vom Gipfel aus genießen kann", erinnert sich Frank Kalis aus Wernigerode. Der Fernmeldetechniker und sein Sohn Chris waren Anfang September aufgebrochen, um die Alpen mit ihren Mountainbikes zu überqueren. Sie legten 420 Kilometer in sieben Etappen zurück und überwanden 14 000 Höhenmeter.

Die Idee zu dieser extremen Radtour hatte Frank Kalis beim Skifahren in den Alpen. Ihm fiel auf, dass dort der Rad-Tourismus in den letzten Jahren ausgebaut wurde. Der Wernigeröder unternimmt auch im heimischen Harz gern lange, anspruchsvolle Radtouren. Diese Fahrten dienten den beiden Hobby-Radsportlern neben Ausdauerläufen als Vorbereitung für ihre Tour durch die Alpen und Dolomiten. Fast täglich absolvierten sie nach der Arbeit oder dem Studium ihr Trainingspensum.

Für Frank war\'s die dritte Tour -Nummer vier ist bereits geplant

Am 2. September war es dann so weit. In Steinach am Brenner begannen Vater und Sohn ihre Transalp-Tour. Für Chris Kalis war dieses Abenteuer eine Premiere, sein Vater Frank unternahm die Reise schon zum dritten Mal.

Zu ihrer Ausrüstung gehörten außer dem Rad lediglich ein Helm, Regenbekleidung und ein Rucksack. "Der wiegt zwar nur 7,5 Kilogramm, dennoch ist er ein Kloß, der ständig auf dem Rücken stört", berichtet Frank Kalis. Obwohl er und sein Sohn sich nur auf das Nötigste beschränkten, gehörten Süßes und Energieriegel unbedingt in ihr Gepäck. "Das gibt einem gleich wieder Kraft. Außerdem ist es wichtig, viel Wasser zu trinken", so Kalis.

Die Etappen ihrer Tour planten die Wernigeröder noch zu Hause mit Hilfe des Internets. Inspiration fanden sie ebenfalls in Ulli Stancius\' Buch "Traumtouren Transalp". Übernachtungsmöglichkeiten suchten sie sich jeden Tag spontan vor Ort. Sie schliefen in Berghütten, Hotels und Pensionen. Kalis: "Schlaf ist wichtig, um solch eine Tour durchzuhalten. Nach einem anstrengenden Tag ist es aber eigentlich fast egal, wo man unterkommt".

Weiterfahrt unmöglich: Temperatur fällt in den Keller

Die Strecken führten sie nicht nur durch fast unberührte Natur, sondern auch durch malerische Orte wie Levico Terme und Folgaria. Mit Spazierfahrten hatten die Etappen aber nichts gemein. Die beiden Männer waren den Witterungsbedingungen völlig ausgeliefert. Einige Streckenabschnitte fuhren sie im Nebel, andere im Regen, an manchen Stellen waren noch Schneereste vom letzten Winter auszumachen. Am dritten Tag mussten sie ihre Übernachtung unplanmäßig vorverlegen. Ein Temperatursturz von achtzehn auf sieben Grad Celsius zwang Vater und Sohn zur vorzeitigen Einkehr.

Schockmoment am Folgetag: Trotz aller Vorbereitung und Vorsicht stürzte der 23-jährige Chris auf einer Abfahrt. Glücklicherweise zog sich der Student nur blaue Flecke und Schürfwunden zu - aber die vordere Felge seines Rads war so stark beschädigt, dass sie im nächsten Tal eine Werkstatt aufsuchen mussten. In Vintl fanden sie schnelle, kompetente Hilfe und konnten ihre Tour ohne größere Verzögerung fortsetzen. "Teilweise bewegt man sich schon an den Grenzen des Machbaren. Keinesfalls darf man darüber nachdenken, wie weit und anstrengend die Strecke ist, oder das man Schmerzen hat. Den Anblick der Natur zu genießen, lenkt zum Glück ab", hat der 51-jährige Frank Kalis erfahren.

Duo packt das Pfundererjoch und sieht dem Ziel entgegen

Die größte Herausforderung war für beide der zweite Tag mit der Überwindung des Pfundererjochs. Es galt, 2568 Höhenmeter und 74 Kilometer Strecke zu bewältigen. "Das war die schwierigste Etappe. Nicht nur wegen der Kombination aus langer Strecke und der Höhe. Teilweise mussten wir unsere Räder tragen und schieben."

Je näher sich die Harzer ihrem Ziel, dem Gardasee näherten, desto höher wurden die Temperaturen. "Teilweise hatten wir 30 Grad." Nach ihrer siebentägigen Fahrt erreichten sie erschöpft, aber glücklich am 8. September den Ort Torbole. Frank Kalis: "Das ist der schönste Moment, wenn man heil am Gardasee ankommt". Dort genossen sie zwei Tage lang die italienische Sonne und erholten sich von den Strapazen, bevor sie sich erneut auf ihre Räder schwangen. Sie fuhren gut 20 Kilometer bis Rovereto und von dort aus mit dem Zug zurück bis Steinach.

"So eine Tour kann unheimlich anstrengend sein, aber es macht Spaß", sagt Frank Kalis heute. Er plant, eine vierte Tour durch die Alpen zu unternehmen und weiterhin den Harz mit dem Mountainbike zu erkunden. "Aber eine Woche lang blieb mein Rad nach der Tour ungenutzt stehen", verrät er mit einem Augenzwinkern.