Heimburger "Wildschützen" pflegen Brauch seit 30 Jahren Mit Hut, Rucksack und Holzgewehr auf Tour
Zum Jubiläum legen die "Heimburger Wildschützen" am Freitag eine Zusatzschicht ein. Seit 30 Jahren sind die gestandenen Mannsbilder am Himmelfahrtstag auf Tour und pflegen dabei alte Braunschweiger Traditionen. Das Ehrenmitglied bekommt ein Ständchen.
Heimburg l Morgen früh erklingt vor dem Haus von Reinhold Becker wieder das "Braunschweiger Lied". Der frühere Chef des Heimburger Schützenvereins wurde von den "Wildschützen", wie sich eine Gruppe gestandener Mannsbilder aus Heimburg bezeichnet, zum Ehrenmitglied ernannt.
Vor 30 Jahren entstand die Idee dazu. "Als ich 1982 zum Karneval mit dem Lied vom "Oberförster im Wald" auftrat", erzählt Roland Jacobi vom Beginn, "wollten sich ein paar Männer als solche auf Vatertagstour begeben." Beim Vorbereiten wurden daraus die "Wildschützen". Sie gaben sich einige Vorschriften und starteten im Mai des gleichen Jahres erstmals vom Ferienheim Almsfeld über die Wendefurther Staumauer durchs Bodetal bis Treseburg.
Seitdem ziehen sie jedes Jahr vom gleichen Punkt los. "Zuvor wird die korrekte Ausstattung überprüft", erklärt Fred Abel die Bestandteile: Hut, Rucksack, Holzgewehr und weiße Handschuhe.
"Bei Verstößen drohen Strafgebühren", weiß "Hauptmann" Jacobi. Auch verbale Entgleisungen würden nicht ungestraft bleiben. Die Einnahmen kämen jedoch allen zugute, schließlich beginnt die jährliche Aktion schon am Abend zuvor. "Beim gemütlichen Einstimmen wird mit dem Luftgewehr der Wildschützen-König ermittelt", erzählt Fred Abel. Der Sieger bekomme eine Schärpe, die ihn auf der ganzen Tour als König neben dem Hauptmann als zweite Majestät ausweist. In diesem Jahr stiftete Hans-Jürgen Büchse eine neue Schärpe. Auf ihr sind alle Gewinnernamen verewigt. "Für neue Namen gab es keinen Platz mehr", sagt Roland Jacobi. "Dabei hätten bei René Gessing auch Striche gereicht, so oft, wie der gewonnen hat", frotzeln die Kollegen über ihren Rekordsieger.
Außerdem werde der König zum Gastgeber für den Vorabend des nächsten Jahres bestimmt. Der Verlierer des Wettbewerbs habe die Pflicht, die Hälfte der Kosten zu tragen.
Unterwegs stoppen die etwa elf Männer an zwei Bänken, die von den "Wildschützen" Harald und René Gessing gespendet und gemeinsam mit den anderen Mitgliedern zwischen dem Start und Wendefurth aufgestellt wurden. "Auch Wanderer haben dadurch einen tollen Blick in die Landschaft und auf die Talsperre", zeigt sich die Truppe stolz auf ihre Tat "und preist den Zusammenhalt auch über diese zwei Tage hinaus.
In diesem Jahr kommt sogar noch der Freitag als dritter "Feiertag" hinzu, denn "dann begehen wir unser Dreißigjähriges." Zu diesem Jubiläum sind sogar mal die Frauen dabei, am Donnerstag aber nicht.
"Einmal im Jahr können wir Männer wohl auch mal unter uns bleiben", betonen sie und blicken dabei auf manches "Pantoffeltierchen" männlichen Geschlechts, welches am Vatertag nicht ohne Familie auskommen könne oder vielleicht auch nicht dürfe.
"Die Rituale haben sich seit dem Start zu DDR-Zeiten kaum geändert", blickt Abel zurück, außer dass es, "dem Alter geschuldet", nur noch bis Altenbrak gehe.
Dass die Herren unter Musiker Jacobi wieder Lieder über die Lippen bringen, versteht sich von selbst. "Wir pflegen das alte Liedgut", sagen sie und behaupten, alle Strophen des "Lustigen Braunschweigers" auswendig zu kennen. Reinhold Becker will es morgen überprüfen.