Volksstimme-Leser helfen bei Aufklärung des Neuwerker Beinamens "Mondputzer" gibt\'s auch im Erzgebirge
Wieso nennt man die Bewohner von Neuwerk "Mondputzer"? Das aufzuklären, darum bat die Volksstimme die Leserinnen und Leser. Nur eine einzige Antwort zum Ursprung gibt es nicht. Aber zahlreiche Hinweise liegen dicht beieinander. Herzlichen Dank allen Beteiligten.,
Neuwerk. Wie die Neuwerker zu ihrem Beinamen "Mondputzer" gekommen sind, muss auf jeden Fall mit der Lage zu tun haben. Der Rübeländer Ortsteil liegt mitten im Tal der Harzberge. Von diesem Bezug berichteten fast alle Volksstimme-Leser, die sich an der Aufklärung zum Ursprung des "Mondputzers" beteiligt haben.
Einer der ersten am Telefon war der Stieger Chronist Georg Wöhler. Er arbeitete in den 1960-er Jahren in Neuwerk. Ihm sei die Geschichte so erzählt worden: "Vor vielen Jahren wurde bei einem Volksfest in Neuwerk bis tief in die Nacht hinein gefeiert. Plötzlich zog eine Wolke vor den vollen Mond, und es wurde dunkel. Daraufhin wurde der Betrunkenste aufgefordert, die Wolke über der Hüttenröder Feld zu vertreiben, also den Mond zu putzen."
Christine Pust aus Neuwerk bringt die "Mondputzer" mit der im Oberharz bekannten Glocken-Sage in Zusammenhang. Als eine große Kirchenglocke geholt werden sollte, wollten sich die Bewohner der einzelnen Dörfer daran beteiligen. Von überall her wurden so die Fuhrwerke erwartet. Auch aus Neuwerk. Damit diese den Weg bei Dunkelheit auch finden, wurde den Neuwerkern nachgesagt, "sie hätten vorsichtshalber den Mond geputzt". Noch heute, so die Version von Christine Pust, würden im Tal um Neuwerk herum lange Stangen versteckt sein, um damit bei Bedarf den Erdtrabanten zu polieren.
Ein weiterer Neuwerker, Dr. Christoph Unger, kennt die genaue Herkunft des Beinamens nicht. Anders als bei den benachbarten Elbingeröder "Langschläfern" und den Hüttenröder "Stummeldum" (Stummeldaumen). Diese würden sich aus der Glockensage ableiten und hätten dort ihren Ursprung. Übrigens, so Christoph Unger weiter, "teilen die Bürger im erzgebirgischen Zschorlau bei Aue das gleiche Schicksal". Sie werden wie die Neuwerker ebenso "Mondputzer" genannt.
Bezug zu Glockensage, Bergbau und Köhlerei
Eine andere Version bot Gerhard Hauenschild aus Hüttenrode an. Als Mitglied des Bergvereins verbindet er den Begriff mit der bergmännischen Historie. Zurzeit der Entdeckung der Baumannshöhle drang Licht im "Neuen Werk" vor allem aus den Verhüttungsöfen und Öllampen. "War es den Neuwerkern nicht hell genug, dann sollen sie mit langen Stangen und Putztüchern auf den Stahlberg gegangen sein, um die Wolken vom Mond wegzuputzen."
Eine neuzeitlichere Erläuterung erreichte die Volksstimme-Redaktion von Heinz Gebhardt aus Blankenburg. Diese "Geschichte" hätte ihm sein Freund, ein gebürtiger Neuwerker, erzählt, " schmunzelnd und auf Platt". Nach einem Skatabend, bei dem tüchtig dem Bier und Korn zugesprochen wurde, seien die drei Kartenspieler nach Hause getaumelt. Unser Leser weiter: "Die Nacht war mild und hell, der Vollmond hing wie ein großer Lampion inmitten des Sternenhimmels direkt über dem Stahlberg und zog die Aufmerksamkeit der Männer auf sich." Einer soll dann gesagt haben: "Guckt mal, der Mond wandert genau auf dem Berg entlang. Los, wir steigen rauf und probieren, ihn anzufassen." Als Tage später einer der Kartenspieler von diesem "Abenteuer" seinen Arbeitskollegen im Betrieb Harzer Werke berichtete, hätten sie darauf belustigt geantwortet: "Na, da wolltet ihr Neuwerker wohl den Mond putzen."
Die Wernigeröderin Petra Kassebaum - eine gebürtige Neuwerkerin - führte ebenfalls bergmännische Traditionen auf die Namensgebung zurück. Sie habe die Überlieferung von ihrem Vater. Demnach sei im "Neuen Werk" früher Eisenerz verhüttet worden. Die Arbeiter stammten meist aus Hüttenrode. Rings um das Tal von Neuwerk waren viele Köhler damit beschäftigt, in ihren Meilern, die für die Verhüttung benötigte Holzkohle zu produzieren. Wetterabhängig war deshalb das Tal oftmals total verraucht.
Wenn die Männer dann abends nach Hüttenrode gingen und wegen des Rauchs gar nichts sehen konnten, sollen sie zu ihren Frauen gesagt haben: "Wir müssten mal den Mond putzen" (Jie metten ma den Mahnd putzen). Und wenn ein anderes Mal der Qualm abzog und sich der Himmel über dem Tal aufklärte, sollen die Frauen ihren Männern entgegnet haben: "Seht ihr, wie wir den Mond wieder geputzt haben" (Sahn jie, wie wai den Mahnd wedder jeputz hem).
Welche "Mondputzer"-Geschichte nun die richtige ist, sei dahingestellt. Das jüngste Schützenfest in Rübeland (wir berichteten) verdeutlichte, die Neuwerker können gut mit ihrem Beinamen leben.