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Elbingerode Mutterhaus-Galerie mit ungewisser Zukunft

Mit der coronabedingten Schließung der Galerie im Diakonissen-Mutterhaus Elbingerode steht eine langjährige Tradition auf der Kippe.

Von Karoline Klimek 09.11.2020, 00:01

Elbingerode l Mehr als 20 Jahre hat die Galerie des Diakonissen-Mutterhauses „Neuvandsburg“ Künstler aus der Region und darüber hinaus nach Elbingerode gelockt. Doch nun sieht sich die Traditionsstätte großen Veränderungen gegenüber. Denn zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres verliert die Galerie ihre Ausstellungsräume.

Wie Leiterin Friedegard Holmer in einem Schreiben mitteilt, sei die aktuelle Schau „Tiere unserer Heimat“ mit Werken der Blankenburger Künstlerin Rita Deistung „wegen der coronabedingten Einschränkungen“ vorzeitig geschlossen worden. Ursprünglich sollten die Bilder, Grafiken und Drucke bis zum 15. November zu sehen sein. Ausstellungshäuser müssen jedoch aufgrund der neuen Corona-Verordnung bis zum Ende des Monats geschlossen bleiben.

Doch auch im Dezember wird die Galerie nicht wieder öffnen. Friedegard Holmer erwähnt „nachfolgend geplante Umbaumaßnahmen“ als weiteren Schließungsgrund. Es sei geplant, „dass in kleinerem Umfang und vermutlich in einer anderen Räumlichkeit wieder Ausstellungen möglich werden. Der Zeitpunkt einer Wiedereröffnung steht noch nicht fest“, informiert die Leiterin der Galerie weiter.

Auf Volksstimme-Nachfrage erläutert Pastor Reinhard Holmer, Direktor des Diakonissen-Mutterhauses, die detaillierten Hintergründe. „Die Galerie ist Anfang des Jahres von ihrem alten Gebäude in neue Räume im Haus Tanne gezogen. Das war damals bereits nur als Übergang gedacht, bis wir eine andere Lösung finden“, erklärt er. „Corona hat den Zeitraum also nur ein bisschen verkürzt.“

Denn der große Saal, der vorübergehend als Ausstellungsort genutzt wurde, werde im Zuge der Krise anderweitig benötigt. „Die Galerie ist ein Bauern­opfer“, sagt Holmer. Doch sie weiche für eine wichtige Aufgabe. Hier sollen Angebote der Tagesklinik hinverlagert werden.

Während der stationäre Betrieb im Fachbereich Psychosomatik und Psychotherapie des benachbarten Diakonie-Krankenhauses trotz Corona normal läuft, sind in der Tagesklinik besondere Vorkehrungen zum Schutz der Patienten nötig. „Diese gehen jeden Abend nach Hause und kommen morgens wieder. Damit sie keinen Kontakt zu anderen Patienten haben, mussten wir sie aus dem Klinikgebäude rausnehmen“, erklärt der Mutterhaus-Direktor. „Falls jemand positiv getestet wird, betrifft es nur die kleine Gruppe, nicht die gesamte Klinik.“

Im Normalbetrieb seien Patienten von der Station und der Tagesklinik oft aufeinandergestoßen, hätten gemeinsame Veranstaltungen gehabt und auch die Therapeuten seien zwischen den Bereichen gewechselt. „Das geht jetzt nicht mehr“, sagt Holmer mit Blick auf den Infektionsschutz. „Wir versuchen, die Kontakte so stark es geht zu reduzieren.“

Dazu gehöre die Verlagerung der Tagesklinik in ein separates Gebäude. Das bringe zudem einen zweiten Vorteil. „Als die Corona-Krise begonnen hat, haben wir die Tagesklinik komplett geschlossen. Aber wir haben schnell gemerkt, dass die Patienten, die wir kurzfristig entlassen mussten, noch nicht fertig waren. Ihnen fiel zu Hause die Decke auf den Kopf“, beschreibt er. Deshalb habe man zunächst mit acht der normalerweise 16 Patienten, die mit den körperlichen und seelischen Folgen ihrer Sucht zu kämpfen haben, die Therapie wieder begonnen.

„Die anderen acht Plätze fehlten aber weiterhin. Nur konnten wir bisher unter den Corona-Bedingungen nicht aufstocken“, so der Mutterhaus-Direktor. Nun habe man mit einstigen Gästezimmern im Haus Tanne die Möglichkeit geschaffen. Der von der Galerie genutzte Raum eigne sich derweil aufgrund seiner Größe für Gruppentherapien.

Ungewiss bleibt jedoch, wie es mit derselbigen weitergeht. „Wir versuchen, ein Café einzurichten und dort auch Ausstellungsflächen zu integrieren. So kann man Kaffee trinken und gleichzeitig Kunst bestaunen“, erzählt Reinhard Holmer von den Plänen. Als Ort hat er den alten Speisesaal im Haus Tanne im Auge, der nicht mehr genutzt wird, seit die Diakonissen und Gäste des Mutterhauses gemeinsam im Hauptgebäude essen. „Derzeit wird er aber von der Physiotherapie genutzt, weil auch für dieses Angebot derzeit Räume fehlen.“ Auf die Galerie müsse mindestens bis zum Frühjahr 2021 verzichtet werden.

Wie ein Abschied für immer klingen dagegen die Worte von Leiterin Friedegard Holmer. In einem Schreiben bedankt sie sich bei „allen treuen Besuchern der Galerie herzlich, allen Künstlern, die bei uns ausgestellt haben, ebenso den mitgründenden Künstlern Schwester Christa Otto und Martin Donath (verst. 2017), dem damaligen Mutterhaus-Direktor Helmut Fröhlich und allen, die über die Jahre in der Galerie mitgearbeitet haben“.

Sie erinnert an die 52 vielfältigen Ausstellungen, die seit der Gründung 1999 gezeigt wurden. Anfangs waren ausschließlich Werke aus dem Malkreis der Diakonissen zu sehen, später kamen regionale und überregionale Künstler und Laienkünstler hinzu. Weit über 18 000 Gäste haben laut Holmer die Ausstellungen in der einzigen festen Galerie in der Oberharz-Stadt besucht. Die Schau mit den meisten Besuchern sei 2017 die Ausstellung „Freude über Ostern“ mit Ostereiern aus aller Welt und anderen Exponaten der Passions- und Osterzeit der Sammlerin Elisabeth Scheffler gewesen.

Unvergesslich seien für sie auch die Ausstellungen in der Adventszeit gewesen mit Krippensammlungen, Schnitzkunst, Erzgebirgskunst, Sternen und Engeln. Auf diese Tradition müsse zumindest in diesem Jahr verzichtet werden. Was laut Friedegard Holmer bleibt, ist aber „die Gewissheit, dass Jesus nicht nur als Kind in der Krippe in diese Welt gekommen ist, sondern als der Auferstandene uns begleitet und uns Mut und Zuversicht gibt zum Weitergehen“.