Natur-Erlebniszentrum Nationalpark Harz: Hannes, Paul und das Umweltjahr auf dem Hohnehof
Wer Interesse an ökologischen Themen hat, ist auf dem Hohnehof im Nationalpark Harz richtig. Hannes Witte und Paul Barisch erzählen, was sie dort Spannendes erleben.

Drei Annen Hohne - Sie arbeiten dort, wo andere gern die Seele baumeln lassen – auf dem Natur-Erlebniszentrum Hohnehof im Nationalpark Harz. Hier absolvieren Hannes Witte und Paul Barisch seit dem Herbst des vergangenen Jahres ihr freiwilliges ökologisches Jahr. Noch nie davon gehört? Das macht nichts, denn auch die beiden wussten lange nicht, was es damit auf sich hat.
Nach dem Schulabschluss stellen sich Paul und Hannes die Frage: „Was nun?“Von seinen Vorgängern auf dem Hohnehof erfährt der Wernigeröder Hannes, der sein Fachabitur an der Oskar-Kämmer-Schule gemacht hat, von der Möglichkeit, ein freiwilliges Umweltjahr im Nationalpark Harz leisten zu können.
Vom Bodensee in den Harz
„Das erste Mal habe ich davon von meiner Mutter gehört“, erinnert sich Paul, der seine Wurzeln in der Nähe von Friedrichshafen am Bodensee hat. Daraufhin bewerben sich beide der Stiftung Umwelt, Natur- und Klimaschutz des Landes Sachsen-Anhalts. Denn sie koordiniert die Freiwilligendienste im Land (siehe Info-Kasten).
So können jungen Menschen zwischen 16 und 27 Jahren mit Interesse an ökologischen Themen in unterschiedlichen Einsatzstellen hinter die Kulissen der Umweltarbeit schauen. Zu den Arbeitsaufgaben zählen beispielsweise das Anlegen und Pflegen von Biotopen, Arbeiten im Gewässerschutz oder im ökologischen Landbau sowie in der Öffentlichkeitsarbeit und der Umweltbildung mit Kindern. Während des sechs- oder zwölfmonatigen Einsatz erhalten alle Freiwilligen ein monatliches Taschengeld, 26 bezahlte Urlaubstage und einen Einblick in die Natur- und Umweltarbeit.
Erfahrungs-und Ideentausch
Zusätzlich besuchen Hannes, Paul und andere Freiwillige fünf einwöchige Bildungsseminare in Landeshauptstadt Magdeburg – oder coronabedingt eben online. Dort haben sie die Gelegenheit, sich außerhalb ihrer Einsatzstelle mit weiteren ökologischen Fragen und Zusammenhängen auseinanderzusetzen. Außerdem können sie bei gemeinsamen Aktivitäten Gedanken und Ideen austauschen. „Die Seminare haben immer ein Oberthema“, erläutert Hannes, „zum Beispiel Konsumverhalten oder Fair Trade.“
Doch die meiste Zeit verbringen Paul und Hannes auf dem Hohnehof bei Drei Annen Hohne. Von acht bis 16 Uhr, also acht Stunden, fünf Tage die Woche, sind sie dort im Einsatz für die Umwelt. Den Weg vom Natur-Erlebniszentrum, entlang der Eschwegestraße, über die Hohnewiese, vorbei an der Träumer-Eule bis zum Löwenzahnpfad und wieder zurück – den kennen die beiden mittlerweile so gut wie ihre Westentasche. Denn hier machen sie sich mehrmals in der Woche auf die Suche nach liegengelassenem Müll – ausgerüstet mit Müllgreifer in der einen Hand und einem Eimer in der anderen. Fällt den beiden auf ihren Routen durch den Wald ein umgestürzter Baum oder ein beschädigtes Schild auf, so dokumentieren sie das und melden es ihren Vorgesetzten.
Entspannung beim Basteln
Doch die beiden schlüpfen nicht nur die Rolle der „Umweltpolizei“. So begleiten sie auch die Ranger auf ihren Touren und Besucherführungen quer durch den Nationalpark Harz. Dabei erfahren die beiden Wissenswertes über die heimische Flora und Fauna, schauen nach dem Rechten und gucken, ob die Nationalpark-Regeln eingehalten werden.
Ebenfalls helfen der Wernigeröder und der Friedrichshafener bei der Vorbereitung des Rangertages. Denn immer mittwochs um 11 Uhr bieten die Nationalpark-Mitarbeiter auf dem Hohnehof ein Erlebnisprogramm an.
Besucher können dann Spannendes über die heimische Natur erfahren, Basteln und Forschen. Vor allem die jungen Besucher kommen in der Werkstatt des Erlebniszentrums auf ihre Kosten. Hier können sie mit Brandmalkolben Holzscheiben verzieren. „Dabei kann man echt alles um sich herum vergessen“, sagt Paul. „Das ist sehr entspannend.“
Wo sind die Bäume?
Auch Fragen rund um den Nationalpark beantworten die beiden Freiwilligen gerne. „Am häufigsten werden wir gefragt, warum es denn hier so aussieht, wie es aussieht“, fügt sein Kollege Hannes hinzu. Daraufhin stellen die beiden gern eine Gegenfrage: Was standen denn früher hier für Bäume? Denn aufgrund der Fichten-Monokultur konnte sich der Borkenkäfer im Harz austoben und zahlreiche tote Bäume hinterlassen. So bedecken heute nicht mehr dichte, mystische Wälder den Nationalpark, sondern viele Totholzflächen.
Ein Anblick, an den sich Paul erstmal gewöhnen musste. Denn bevor er sein freiwilliges ökologisches Jahr beginnt, war er zuvor schon einmal zu Gast im Harz. Damals standen dort aber noch Bäume. „Ich war anfangs schon überrascht. Doch mit dem Hintergrundwissen sehe ich das jetzt gar nicht mehr so dramatisch“, erläutert der 19-Jährige. Der Wald erhole sich schließlich.
Der Waldwandel ist auch der Grund dafür, dass die beiden während ihrer Zeit auf dem Hohnehof neue Bäume gepflanzt haben. „Allerdings helfen wir nur in den Randgebieten nach“, erläutert der Wernigeröder. Denn ansonsten lassen die Nationalpark-Mitarbeiter die Natur Natur sein.
Eigene Projekte mit kreativem Potenzial
Arbeiten die beiden mal nicht an der frischen Luft, dann sind sie meistens unter dem Dach des Hohnehofes anzutreffen. Denn dort haben die beiden ihr kleines Büro. Schreibtisch an Schreibtisch feilen sie an ihren Projekten, die sie im Rahmen des Freiwilligendienstes selbst erstellen sollen. Dabei können sie ihrer Kreativität freien Lauf lassen – das Oberthema steht jedoch fest: Natur und Umwelt.
Dazu hat Hannes eine alte Idee aufgegriffen. Bei seinem Projekt handelt es sich um eine Schnitzeljagd. Dafür hat er eine Karte mit der Landschaft rund um den Löwenzahnpfad überarbeitet. Später, so der Plan, müssen die jungen Entdecker zehn verschiedene Hinweise zusammen suchen, um dann den Schatz finden zu können. Bei den Hinweisen hat sich der 20-Jährige an einem berühmten Gast des Hohnehofes orientiert: Freiherr Joseph von Eichendorff (1788 -1857). Denn seine Texte sind gereimt.
Sein Kollege Paul widmet sein Projekt den Kleinsten unter den Tieren – den Bienen. Der 19-Jährige überarbeitet ein Hotel, in dem sie überwintern können, das bereits auf dem Hohnehof steht. Dieses möchte er mit unterschiedlichen Materialien neu ausstatten und herrichten. Zudem arbeitet er zur Zeit noch an einem Umweltbildungskoffer. Dieser solle mit Lernbüchern, Insektenkescher, Spielen und Gläserlupen bestückt werden, so Paul. Mit diesem Umweltbildungskoffer können die Ranger später mit ihren jungen Gästen auf Entdeckungstour gehen.
Der Chef ist begeistert
Henning Möller, Chef des Hohnehofs, ist begeistert davon, wie selbstständig seine Freiwilligen arbeiten. „Sie suchen sich die Arbeit und sind sehr gewissenhaft dabei“, lobt er. Auch die Zusammensetzung finde er super, auch wenn er zuerst kleine Bedenken hatte, ob die beiden Jungs aus unterschiedlichen Regionen sich verstehen würden. Heute sagt er lächelnd: „Die beiden haben sich, ohne zu suchen, gefunden.“
Hannes und Paul sind sich einig, dass das freiwillige ökologische Jahr die richtige Entscheidung war. „Es ist genau so, wie ich mir vorgestellt habe“, sagt der Wernigeröder, während sein Kollege zustimmend nickt.
Jedoch endet die Zusammenarbeit bald. Nach einem halben Jahr auf dem Hohne Hof geht Hannes´ Reise weiter. Er wird eine Ausbildung bei der Bundeswehr beginnen. Aus diesem Grund ist Henning Möller auf der Suche nach einen motivierten Partner für Paul. Denn er wird noch bis Ende August im Nationalpark arbeiten. Und nicht nur das, denn der 19-Jährige schläft sogar unter dem Dach des Hofes, inmitten der Natur.
Zukunft ist noch offen
Ob er sich dann anschließend in ein Forstwirtschaftsstudium stürzt oder doch eine Ausbildung zum Zimmermann beginnt, das lässt er noch offen.
Doch bevor sich die Wege der Freiwilligen trennen, wartet noch ein Höhepunkt auf sie. Zusammen mit einem Ranger bekommen beide einen exklusiven Einblick hinter die Kulissen. Sie werden bei einer Stollenöffnung dabei sein. Mit viel Glück flattert die eine oder andere Fledermaus über ihren Köpfen hinweg.
Aber eins steht fest: An die Zeit auf dem Hohnehof werden sich beiden später gerne zurückerinnern.


