Tourismus im Oberharz Neue Pläne für Schloss Stiege
Schloss Stiege ist ein Schmuckstück. Sandra und René Daalmann sorgen dafür, dass das so bleibt. Bei Vermietung und Gastronomie planen sie Veränderungen.

Stiege - Was denn – das Stieger Schloss soll verkauft werden? Das Gerücht macht immer wieder mal die Runde, aber René Daalmann winkt ab. „Von Aufhören und Einpacken ist hier nicht die Rede“, sagt der 59-Jährige. Ihm und seiner Frau Sandra gehört das Stieger Wahrzeichen – und das soll auch so bleiben.
Denn der Niederländer ist gerade erst so richtig in dem Oberharz-Ortsteil angekommen. Als Oberstleutnant der niederländischen Armee war er bisher nur zu Besuch. Nach 42 Dienstjahren mit Einsätzen unter anderem in Bosnien, Afghanistan und der Ukraine ist er nun im Ruhestand und lebt seit Ende April auf Dauer in Stiege. „Sandra wohnt seit 14 Jahren hier und ich seit vier Monaten“, sagt er und lacht.
Genug zu tun haben die beiden auf und mit ihrem Besitz. „Das Leben im Schloss ist nichts für Prinzessinnen“, sagt René Daalmann. „Die Wege sind lang, es ist immer kalt.“ Zwar gebe es Öfen, doch die Pellets dafür fallen nicht vom Himmel. „Vor kurzem haben wir 2000 Kilo geliefert bekommen. Da heißt es schleppen.“
Mehr Wohnkomfort im Bungalow
Daher ist klar: Ewig wollen sich beide das nicht antun. „Mit 80 Jahren werden wir hier nicht mehr herumspringen“, sagt Sandra Daalmann. Doch bis dahin haben die beiden noch einiges vor. Zum Beispiel wollen sie sich etwas mehr Komfort für den Winter gönnen und einen Wohnbungalow auf dem Gelände bauen.
Erweitern wollen sie das Angebot für Übernachtungsgäste. „Die Vermietung läuft sehr gut. Den Gästen gefällt es hier“, sagt Sandra Daalmann. Ihre drei Ferienwohnungen sind mit jeweils vier Sternen ausgezeichnet. Drei weitere Apartments für jeweils zwei Personen sollen zusätzlich im Westflügel entstehen.
Öffnungszeiten nur noch am Wochenende
Ab kommendem Jahr wollen sie zudem drei Glampingzelte anbieten – die Kombination von Glamour und Camping steht für Zelten in der Luxusvariante. Im Innenhof soll ein Carport entstehen. „Das Bauen macht mir unheimlich Spaß“, sagt René Daalmann, der sich um den Großteil der Arbeiten selbst kümmert.
Eingeschränkt haben sich die Schlossherren beim Café. Nur noch am Wochenende, von Freitag bis Sonntag, öffnet das Lokal mit 45 Plätzen die Türen. Es gebe viele Stammgäste, manche kommen sogar aus Magdeburg. Doch die Nachfrage sei unterschiedlich. „Es gibt Tage, da können wir uns vor Leuten kaum retten, an anderen Wochenenden ist nicht viel los“, so Sandra Daalmann.
Mohn-Schmand-Kuchen ist der Renner
Die Kuchen backt sie selbst – das habe sie erst in Stiege gelernt. „In verschiedenen Varianten habe ich schon 30 Sorten angeboten.“ Was den Gästen am besten schmeckt, daran gibt es keinen Zweifel: „Mohn-Schmand-Kuchen“ kommt die Antwort zweistimmig und wie aus der Pistole geschossen.
Weil der Café-Betrieb so unwägbar ist und die Kosten stärker steigen, als man die Preise erhöhen könne, haben sich die Daalmanns eine Frist gesetzt. Bis Januar 2025 machen sie auf jeden Fall weiter, dann wollen sie entscheiden, in welcher Form es mit dem Schloss-Café weitergeht. „Dann hat Sandra mehr als 10.000 Kuchen gebacken“, sagt ihr Mann.
Familienzeit
Nach Jahren, in denen er 40 Stunden pro Woche im Auto verbrachte, während sie allein den Betrieb im Schloss am Laufen hielt, wollen beide vor allem auch eins – einen Gang herunterschalten. Beide seien sie nun Rentner, sagt die 61-Jährige. Da müsse man sich weder hetzen noch etwas beweisen. „Wir gehen alles an, so wie wir Lust haben, Geld da ist und wir es können“, sagt sie.
Alle sechs Wochen fährt das Paar in die Niederlande, nimmt sich Zeit für die Familie und besucht Tochter und Enkeltochter. Sandra und René Daalmann stammen aus Maastricht, sind aber wegen seines Berufs viel herumgekommen – sie kam in 18 Jahren auf sieben Umzüge, bei ihm waren es in 42 Jahren gar 19 Umzüge. Das wolle er nicht mehr, sagt René Daalmann, und seine Frau bekennt: „Ich habe noch nie irgendwo so lange gewohnt wie hier in Stiege.“
Historisches Dach muss repariert werden
Sorgen bereitet den Schlossherren derweil das Dach. Hofseitig müsste die Oberseite des Bauwerks erneuert werden. An drei Stellen sei diese nicht mehr dicht, die Nägel, mit denen der Schieferbelag vor mehr als 70 Jahren befestigt wurde, brechen ab. Die Balken darunter stammen aus dem Jahr 1608, berichtet René Daalmann. „Die Gutachter, die sich das angesehen haben, waren begeistert. Es ist eins der ältesten Dächer im Harz. Die Holzkonstruktion ist wunderbar, und wir wollen sie erhalten.“

Wie sie das finanzieren sollen, wissen die Daalmanns allerdings nicht. Rund 150.000 Euro müssten sie in das Dach investieren, 1700 Quadratmeter sind betroffen. Doch bisher konnten sie weder Fördergeld noch Kredite für das Vorhaben ergattern. „Wir haben es schon so oft versucht – erfolglos“, sagt Sandra Daalmann.
Entmutigen lassen wollen sie sich nicht. „Es geht in erster Linie um das Schloss. Wir sind nur ein Teil der Geschichte des Schlosses und wollen es in den kommenden Jahren so gut ausbauen, wie es geht“, sagt René Daalmann. Wenn er und seine Frau zurückdenken an die Anfänge, werde ihnen klar, wie viel sie geschafft haben. „Es gab hier nichts – keine Treppen, keine Türen, keine Fenster, keinen Fußboden“, erinnert sich Sandra Daalmann.
Erlöse werden wieder investiert
Sie seien froh, dass sie nicht hoch verschuldet seien und die Corona-Pandemie relativ glimpflich überstanden hätten, indem sie geplante Investitionen zurückgestellt hätten. Viel Geld verdienen ließe sich mit dem Anwesen nicht. „Alles, was wir erwirtschaften, fließt wieder in das Schloss“, betont die Schlossherrin.
Dafür könnten sie über ihre Erlebnisse ein Buch schreiben – eins mit positivem Grundton, wohlgemerkt. „Es ist ein sehr schönes Leben. Es könnte nur manchmal etwas leichter sein“, sagt Sandra Daalmann. Ihr Mann sagt es so: „Man wird im Schloss nicht reich, aber glücklich. Wenn ich morgens beim Kaffee draußen sitze, dann ist das Genießen pur.“