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Straßenbau Baustelle schafft Existenzsorgen

In der Breiten Straße in Wernigerode wird wieder gebaut. Händler befürchten, dass die Baustelle die Kunden fernhält.

Von Susann Gebbert 03.06.2019, 04:14

Wernigerode l Die Breite Straße kommt nicht zur Ruhe. Vor knapp zwei Wochen haben die Arbeiten auf dem dritten Bauabschnitt in der Einkaufsstraße begonnen. Bis November wird der Bereich zwischen Johannisstraße und Große Schenkstraße ausgebaut. Die Händler, deren Geschäfte an der Baustelle liegen, sind besorgt.

Diana Böttcher arbeitet in der Bäckerei Türk in der Breiten Straße. Von dem Platz hinter ihrem Tresen kann sie die schweren Maschinen beobachten, die die Straße aufreißen. Sie hat Verständnis für die Bauarbeiten, weiß, dass sie nötig sind. Aber: „Ich habe schon Existenzängste deswegen.“ Sie fragt sich, was mit ihrem Arbeitsplatz passiert, wenn die Kunden ausbleiben. Sie anstatt zu ihr in den Laden zu kommen, in eine andere Filiale gehen. Bisher hat Diana Böttcher nur beobachtet, dass die Fahrkunden wegfallen. Also die Käufer, die mit dem Auto kurz vor dem Geschäft halten, um sich schnell ihr Brot oder den nachmittäglichen Kuchen raus zu holen. Meist sind das die Kunden von außerhalb. Aber wird das so bleiben oder bleibt irgendwann auch die Laufkundschaft aus, weil es zu laut, zu staubig, zu holprig ist vor ihrem Backwarenladen? „Die Zeit wird‘s zeigen“, sagt die Verkäuferin.

Ihr tun vor allem die Lieferanten leid, die die Waren nun einige hundert Meter bis in die Geschäfte tragen müssen, weil sie davor nicht mehr halten können. Sie würde sich wünschen, dass es in der Baustelle einen Übergang von der einen auf die andere Straßenseite gibt, damit potenzielle Kunden schneller bei ihr sind. Sie vermutet, dass Kunden das Umrunden der Baustelle scheuen könnten.

Silvia Ulrich ist Augenoptikerin und die Inhaberin des Geschäfts Brillen Ulrich. Auf ihrer Internetseite appelliert sie an ihre Kunden mit Blick auf die Baustelle vor ihrer Ladentür: „Bitte lassen Sie sich nicht abschrecken und besuchen uns weiterhin!“ Auch Silvia Ulrich macht sich Sorgen. Sie deutet nach draußen auf einen Fahrradfahrer, der absteigen und sich zwischen Fußgängern und Baustelle hindurch winden muss.„Es wird schwer, das Geschäft aufrecht zu erhalten.“

Aufgrund des Lärms und des Drecks kann sie die Ladentür nicht mehr offen stehen lassen, „um Kunden rein zu locken“. Weiterhin könnten die eh vorhandenen Parkplatzprobleme potenzielle Kunden abschrecken, vermutet sie. Es stört die Optikerin, dass sie sich mit ihren Kunden laut unterhalten muss, damit sich alle verstehen. Oder auch, dass die Männer häufig nur Augen für die Baustelle haben, anstatt für die Sehhilfen. „Es stört einfach das Geschäftsleben.“

So wie Silvia Ulrich und Diana Böttcher bewerten auch andere Händler die Baustelle, aber nicht alle wollen ihre Meinung namentlich öffentlich machen. So wie die Verkäuferin, die zweifelt, ob die Bauarbeiten effektiv genug vorangehen. Sie sehe oft nur zwei „Hanseln“ auf der Baustelle, stundenlang passiere auch gar nichts. „Die Gewerke sollten sich besser absprechen.“ Grundsätzlich erachten die Händler die Arbeiten aber als notwendig.

Der Straßenausbau ist ein Gemeinschaftsprojekt von Stadt, Stadtwerke Wernigerode und Wasser- und Abwasserverband Holtemme-Bode. In den nächsten Monaten werden Versorgungsleitungen, Regen- und Schmutzwasserkanäle sowie die Straßenbeleuchtung erneuert und neue Gehwege angelegt. Im Jahr 2017 hat das Projekt begonnen.