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Umweltschutz Harzer Campingsünder im Visier

Dreiste Camper sorgen in Elend für Unmut: Sie hinterlassen Müll und Fäkalien. Stadt, Abwasserverband und Landkreis wollen dies verhindern.

Von Karoline Klimek 13.07.2020, 01:01

Elend l Wohnmobile haben derzeit Hochkonjunktur. Das autarke Reisen hat während der Corona-Krise zugenommen. Doch was Campingplatzbetreiber und Touristen freut, verärgert den Ortschaftsrat Elend. Das Problem: Wildparkende Camper versperren Waldwege, verschmutzen die Gegend und entleeren ihre Toiletten nicht fachgerecht.

„Im Moment sind mehr Wohnmobile auf dem Markt, als es Campingplätze gibt“, schildert Lars Meißner seinen Eindruck. Als Mitarbeiter auf einem solchen Areal freut ihn das, als Ortschaftsratsmitglied in Elend sieht er aber auch die Schattenseite. „Was uns als Gemeinde stört, ist, dass sich einige Camper nicht an die Regeln halten. Sie stehen in Trinkwassereinzugsgebieten, kippen ihre Chemietoiletten in die Bode und lassen ihren Müll liegen.“

Vermehrt habe er Wildcamper im Elendstal gesichtet, „obwohl es sogar eine Spielstraße und im Landschaftsschutzgebiet mitten im Wald gelegen ist. Da müsste man eindeutig sehen, dass man hier nicht stehen dürfte“, zeigt sich Lars Meißner verärgert. Auch auf der Wiese, die für das Festival „Rocken am Brocken“ genutzt wird, sehe er immer wieder Wohnwagen stehen. „Dafür fehlt mir einfach das Verständnis.“ Die Camper seien zudem uneinsichtig, Gesprächsversuche würden abgeblockt, sagt er.

Dabei schädigen die dreisten Urlauber nicht nur die Natur und stellen Rettungswege zu, sondern riskieren auch noch eine satte Geldstrafe. „Das Landeswaldgesetz Sachsen-Anhalt untersagt grundsätzlich das Befahren von Waldwegen mit Kraftfahrzeugen“, stellt Manuel Slawig, Sprecher des Landkreises Harz, im Namen der Unteren Forstbehörde klar. Das Campen ist demnach nur mit Zustimmung erlaubt. „Verstöße stellen eine Ordnungswidrigkeit dar und können mit einer Geldbuße von bis zu 25 000 Euro geahndet werden.“

Auch aus Sicht der Unteren Naturschutzbehörde ist das Befahren, Parken und Zelten außerhalb erlaubter Flächen problematisch. Denn wie Manuel Slawig darlegt, befinden sich die Bereiche außerhalb der Ortschaft Elend vollständig innerhalb des Landschaftsschutzgebietes „Harz und Nördliches Harzvorland im Landkreis Wernigerode“. Ausnahmen seien auf Anfrage möglich, für den Raum Elend seien derzeit keine Anträge eingereicht, informiert er. „Für den Fall des unerlaubten Campens im Landschaftsschutzgebiet liegt ebenfalls eine Ordnungswidrigkeit vor“, erklärt der Kreissprecher.

Das Wildparken an sich ist jedoch nur der Anfang des Problems. Die Urlauber verschmutzen teilweise bewusst die Natur. „Wir haben es mehrfach erlebt, dass Camper auf unserem Großparkplatz in der Ortsmitte ihre Chemietoilette im Trinkwasserschacht entsorgt. Und das Wasser läuft in die Bode. Im Elendstal kippen sie es über die Mauer, oder es wird in den öffentlichen Toiletten entsorgt“, ist Lars Meißner entsetzt.

Prinzipiell sei gegen Wohnmobile auf dem Parkplatz nichts einzuwenden, erklärt Grit Hildebrand vom Ordnungsamt der Stadt Oberharz. „Wir haben dort eine Gebührenpflicht von 0 bis 24 Uhr. Wer ein Tagesticket zieht, darf dort auch übernachten“, sagt sie. Als Ausweichmöglichkeit angesichts der ausgelasteten Campingplätze finde sie das nicht problematisch. „Was natürlich nicht schön ist, ist die Entsorgung von den Fäkalien. Wir müssen schauen, wie wir damit umgehen. Das darf nicht sein“, bekräftigt sie. Allerdings habe das Ordnungsamt erst von einem Fall Kenntnis, sagt sie.

Bekannt sei der Sachverhalt auch beim Wasser- und Abwasserverband Holtemme-Bode (WAHB) nicht, wie Geschäftsführer Nikolai Witte auf Nachfrage erklärt. „Aber wir werden dem nachgehen“, verspricht er. Denn die unsachgemäße Entsorgung der Chemietoiletten kann weitreichende Folgen haben. „Wenn es überhand nimmt, wird es schwierig, weil es Auswirkungen auf die Gewässer und die Qualität des Trinkwassers hat“, gibt er zu bedenken. „Im Regelfall ist so viel Chemie in den Toiletten, dass neben der Wasserschmutzung wegen der Fäkalien auch Lebewesen im Gewässer durch die Chemikalien abgetötet werden.“ Das natürliche Gleichgewicht werde dadurch gestört.

Denn das Wasser der Straßenabläufe führe nicht zwingend ins Klärwerk, erläutert Kreissprecher Manuel Slawig. Das habe Folgen: „Dementsprechend kann eine Entsorgung der Chemietoilette über einen Regenwasserablauf, welcher in einem Gewässer endet, zu einer Gewässerverunreinigung führen.“

Chemietoiletten müssten daher zwingend an speziellen Entsorgungsstationen, in der normalen Haushaltstoilette oder direkt auf den Kläranlagen in Silstedt oder Rübeland entleert werden. „Die Einleitung in die Kanäle des WAHB ist bei diesem im Vorfeld zu beantragen und abzustimmen“, teilt Slawig weiter mit. Eine Anfrage liege dem Verband aber nicht vor.

Die Untere Wasserbehörde sieht die Oberharz-Stadt in der Pflicht, zu handeln. Laut Lars Meißner vom Elender Ortschaftsrat ist die Kommune bereits aktiv, hat sich Angebote für mobile Entsorgungsstationen eingeholt. „Wir wollen auch mit den Campingplatzbetreibern in der Umgebung zusammen Lösungen finden“, sagt er. Denn eine kostenlose Konkurrenz solle nicht aufgebaut werden. Grit Hildebrand aus dem Oberharzer Ordnungsamt kann sich zudem eine Zusammenarbeit mit Tankstellen vorstellen.

Auch Abwasserverbandschef Nikolai Witte sieht Entsorgungsstationen als mögliche Lösung, weil man damit „die gesamten Abwasser aus den Chemietoiletten auffangen und dann geordnet entsorgen könnte“. Als funktionierendes Beispiel verweist er auf ein ähnliches Angebot auf dem Angerparkplatz in Wernigerode. An welchen Stellschrauben man drehen könnte, wolle er nun gemeinsam mit Kommune und Unterer Wasserbehörde besprechen.