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Straßensperrung in Wernigerode Vollsperrung der Friedrichstraße sorgt für Ärger bei Anwohnern

Können die Harzer Schmalspurbahnen als Busersatzverkehr fungieren, solange die Friedrichstraße voll gesperrt ist? Diese und andere Fragen stellen sich die Anwohner.

Von Sandra Reulecke 03.08.2021, 19:14
Kurze Zeit nachdem dieses Foto entstanden ist, musste ein Abschleppservice anrücken. Der Fahrer des Holzlasters hat sich in den schmalen Straßen in Wernigerodes Stadtteil Hasserode so verfranzt, dass er den Laster ohne fremde Hilfe nicht mehr herausmanvrieren konnte.
Kurze Zeit nachdem dieses Foto entstanden ist, musste ein Abschleppservice anrücken. Der Fahrer des Holzlasters hat sich in den schmalen Straßen in Wernigerodes Stadtteil Hasserode so verfranzt, dass er den Laster ohne fremde Hilfe nicht mehr herausmanvrieren konnte. Foto: Schrader

Wernigerode - „In unserer Nachbarschaft macht sich Unmut breit. Hier wohnen viele Familien mit Kindern, und einige Verkehrsteilnehmer nehmen keine Rücksicht“, berichtet André Schröder. Mit seiner Familie wohnt er seit zehn Jahren in einem Haus in der Straße Triangel. Eigentlich eine ruhige Wohngegend im Stadtteil Hasserode. Doch seitdem die Friedrichstraße (L100), die teilweise parallel zur Triangel verläuft, gesperrt ist, ist es mit der Ruhe vorbei. „Gerade Einheimische nutzen die kleinen Seitenstraßen als Umleitung“, berichtet Schrader.

Derzeit erfolgt der Ausbau der Friedrichstraße auf dem Teilabschnitt zwischen Frankenfeldstraße und Hasenwinkel. Seit dem 26. Juli werden die Regenwasserhausanschlüsse und die Anschlussleitungen für die Straßenentwässerung der südlichen Fahrbahnseite in Richtung der Baustraße vorverlegt. Insgesamt 4,5 Millionen Euro kostet der Ausbau des 730 Meter langen Abschnitts .

Zu schnell unterwegs

Während der Arbeiten gilt: Wer Richtung Schierke fährt, wird über Elbingerode und Drei Annen Hohne umgeleitet. Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen und Lieferverkehr für Hasserode können in Richtung Wernigerode die innerörtliche Umleitung nutzen, heißt es in einer Mitteilung der Stadtverwaltung. Zudem stünde der Bahnübergang Frankenfeldstraße für die Einrichtung einer Umleitung aus rechtlichen Gründen nicht zur Verfügung, da er nicht gesichert ist. Dies betreffe ebenso die Bahnübergänge Kirchstraße und Lutherstraße.

„Aber daran halten sich längst nicht alle“, berichtet André Schrader von seinen Beobachtungen. Insbesondere morgens in der Zeit von 7 bis 9 und nachmittags ab 5 Uhr sei das Verkehrsaufkommen vor seiner Haustür groß. Dabei sei noch bevor die Umleitung eingerichtet wurde, die Straße Triangel zur verkehrsberuhigten Zone erhoben worden. „An Tempo 20, das vorher galt, hat sich schon kaum jemand gehalten. An die Schrittgeschwindigkeit jetzt sowieso nicht“, kritisiert der Familienvater.

Besonders schlimm finde er es, dass auch die Einbahnstraßenregelung häufig missachtet werde. „Und weil sie wissen, dass sie nicht in diese Richtung fahren dürfen, treten die Fahrer extra noch einmal aufs Gas, um schnell durch zu sein.“ Das beträfe nicht nur Autofahrer, auch Rad- und Motorradfahrer hielten sich nicht an die Regeln.

Beschwerden

Mit seinen Beobachtungen steht André Schrader nicht allein. „Im Ordnungsamt sind Beschwerden bezüglich des Umleitungsbereichs eingegangen. Themen sind die Missachtung von Beschilderungen, Geschwindigkeitsbegrenzungen und Lärmbelästigung durch das erhöhte Verkehrsaufkommen“, teilt die Stadtverwaltung auf Volksstimme-Nachfrage mit. „Weiterhin fahren Groß-Lkw und auch (Reise-) Busse in den Umleitungsbereich ein, da gerade ortsunkundige Verkehrsteilnehmer trotz eindeutiger Hinweise vor der Westerntorkreuzung das Navigationssystem nicht abschalten und in die engen Straßen gelangen.“

So ist es wohl auch einem 61-jährigen Lkw-Fahrer aus Niedersachsen vor einer Woche ergangen. Mit seinem 17 Meter langen Sattelzug, einem Holzlaster, hatte er sich in einer Kurve am Kapitelsberg, Höhe Ferienpark, festgefahren, berichtet Jens Pfeiffer vom Abschleppdienst PTP. Dessen Mitarbeiter haben Fahrer und Laster in einer eineinhalbstündigen Aktion aus der misslichen Lage befreit. „Der Fahrer gab im Anschluss an, die Umleitung nicht bemerkt zu haben“, informiert Polizei-Sprecher Uwe Becker.

„Die Beschilderung im gesamten Bereich wurde mehrfach abgestimmt und nachgebessert. Die Missachtung dieser Beschilderung liegt in Verantwortung der Verkehrsteilnehmer“, teilt die Stadtverwaltung mit.

Regelmäßiges „Blitzen“

Zudem sei der städtische Blitzer in dem Bereich oberes Hasserode regelmäßig positioniert. „Eine allumfassende Überwachung der Einhaltung der Geschwindigkeiten ist aber nicht möglich.“ Die Polizei, die Landesstraßenbaubehörde Sachsen-Anhalt (LSBB) und der Landkreis seien ebenfalls über die besondere Situation während der Vollsperrung informiert. „Eingriffe in den fließenden Verkehr obliegen ausschließlich der Polizei. Die engmaschige Unterstützung der Polizei ist unerlässlich“, heißt es in einer Mitteilung aus dem Rathaus. Darin wird jedoch darauf hingewiesen, dass auch diese nur im Rahmen zur Verfügung stehender Kapazitäten tätig werden könne.

Die Stadtverwaltung appelliert an Fahrzeughalter, sich dringend an die Beschilderung und die Geschwindigkeitsbegrenzungen zu halten. „Diese Vollsperrung ist eine zeitlich begrenzte Ausnahmesituation. Die Baufirma arbeitet mit Hochdruck daran, die Einschränkungen so kurz wie möglich zu halten.“ Mit Erfolg: Wie Wernigerodes Bauchef Immo Kramer am gestrigen Nachmittag informierte, wird die Vollsperrung eine Woche früher als angekündigt, bereits am kommenden Wochenende wieder, aufgehoben. Im Anschluss gilt wie vorher nur noch eine halbseitige Sperrung eines Abschnitts der Friedrichstraße.

HSB-Triebwagen als Ersatz?

Bis dahin müssen sich auch alle, die mit dem Bus in den Stadtteil oder in die Gegenrichtung fahren wollen, auf Veränderungen einstellen. Stopps entfallen, Haltestellen wurden verlegt. Gerade für ältere und immobile Menschen sei das mehr als nur eine Unannehmlichkeit, kritisieren mehrere Anrufer am Lesertelefon der Volksstimme. Einer von ihnen ist Kurt Reichel, ein Anwohner im oberen Hasserode, der auch gleich eine Lösung für dieses Problem parat hat. „Warum setzt man nicht Triebwagen der HSB ein?“, lautet sein Vorschlag.

Die Harzer Schmalspurbahnen (HSB) als Busersatzverkehr – diese Überlegung gab es im Vorfeld der Vollsperrung tatsächlich, berichtet HSB-Pressersprecher Dirk Bahnsen auf Volksstimme-Nachfrage. „In der Theorie wäre das durchaus möglich.“ Allerdings sei dafür eine längere Vorbereitungszeit notwendig – insbesondere angesichts der Urlaubszeit und der geltenden Corona-Bestimmungen. Denn die haben auch Einfluss auf den gültigen Fahrplan. „Derzeit ist das Zusteigen nur am Bahnhof Wernigerode, am Westerntor, in Drei Annen Hohne und Schierke möglich“, informiert Bahnsen. Dies werde so gehandhabt, um einen besseren Überblick über die Zahl der Fahrgäste, die aufgrund der Pandemiebestimmungen beschränkt ist, zu behalten.

Um die Idee, Ersatzverkehr mit der HSB anbieten zu können, müsste jeweils ein weiterer Triebwagen angehängt werden. Zusätzliches Personal und eventuelle Fahrplanänderungen beziehungsweise – verschiebungen wären notwendig. „Das ist alles nicht von jetzt auf gleich umsetzbar“, gibt Dirk Bahnsen zu bedenken. Das Unternehmen stehe im ständigen Kontakt zur den Harzer Verkehrsbetrieben (HVB), man unterstütze sich gegenseitig, dennoch sei die Idee nicht weiter verfolgt worden.

Alternativlos

Das HVB-Team sei sich bewusst, dass die Umleitung ihren Fahrgäste Nerven koste. „Die Baustelle an sich und auch die gefundenen abweichenden Linienführungen über Elbingerode und der Straße Am Eichberg sind jedoch alternativlos“, teilt das Unternehmen mit.

Der Kraftverkehrsmeister Mathias Janßen-Grubert weist darauf hin, dass gemeinsam mit einem Wernigeröder Taxi-Dienst ein Shuttle-Angebot für mobil eingeschränkte Senioren sowie für beeinträchtigte Anwohner des oberen Hasse-rodes geschaffen wurde. „Mit dem Shuttlebus wurde das Bestmögliche erreicht und seitens der Abteilung Betrieb der Harzer Verkehrsbetriebe sind zum jetzigen Zeitpunkt lediglich vereinzelte Beschwerden zu dieser Baumaßnahme zu verzeichnen“, berichtet Janßen-Grubert. „Dennoch hoffen auch wir auf die schnellstmögliche Beendigung dieser Vollsperrung.“ Kommentar

Die schmale Straße Triangel wird normalerweise kaum befahren. Aktuell nutzen sie aber viele, um die Umleitung für die gesperrte Friedrichstraße zu umgehen. Leider, so berichtet Anwohner André Schrader, halten sich nicht alle an die Einbahnstraßenregelung und die Geschwindigkeitsbegrenzung - eine Gefahr für die Familie, wenn sie nach der Gassi-Runde mit dem Hund auf dem Heimweg ist.
Die schmale Straße Triangel wird normalerweise kaum befahren. Aktuell nutzen sie aber viele, um die Umleitung für die gesperrte Friedrichstraße zu umgehen. Leider, so berichtet Anwohner André Schrader, halten sich nicht alle an die Einbahnstraßenregelung und die Geschwindigkeitsbegrenzung - eine Gefahr für die Familie, wenn sie nach der Gassi-Runde mit dem Hund auf dem Heimweg ist.
Foto: Sandra Reulecke