Vom Kühlhaus ans Schmiedefeuer
Wernigerode ächzt unter der Hitzewelle. Einige müssen bei der Arbeit besonders viel schwitzen - so wie der Schmied, der am offenen Feuer arbeitet. Doch es gibt auch Arbeitsplätze mit sehr frischen Temperaturen- etwa im Tiefkühlhaus eines Großhandelsmarktes.
Wernigerode l Je weiter man in die Halle hineingeht, desto weiter fallen die Temperaturen. „Ist das nicht herrlich?“, fragt Mario Repmann, Betriebsleiter des Edeka C+C Mios Großmarktes in Wernigerode. In der mehr als 5000 Quadratmeter großen Halle kaufen Gastronomen und Gewerbetreibende ein, was sie brauchen – vom Rotwein bis zum Strandkorb. Ganz hinten in dem Gebäude befindet sich der derzeit vermutlich kühlste Arbeitsplatz der Stadt – es ist der von Andreas Schultz.
Der 34-Jährige steht im dicken Anorak und mit Handschuhen an einer Tiefkühltruhe und lädt Waren von einem Gabelstapler ab. Seit sieben Jahren arbeitet er als Einzelhandelskaufmann im Großmarkt und ist dort für die Tiefkühlwaren zuständig. „Wenn man hereinkommt, ist es im Moment sehr angenehm“, sagt Schultz – bei Temperaturen von 35 Grad im Freien kein Wunder. Weniger schön sei aber umgekehrt der Weg nach draußen nach der Arbeit. „Die Unterschiede sind ganz schön heftig.“
Das gilt besonders für die beiden Tiefkühlhäuser, in denen sich Pakete mit Pommes frites und anderen Lebensmitteln stapeln. Minus 20 Grad zeigt dort das Thermometer. „Unsere Mitarbeiter halten sich hier aber nicht lange auf, höchstens eine halbe Stunde“, sagt Betriebsleiter Repmann. Das stört Andreas Schultz aber nicht: „Man gewöhnt sich daran.“ Und Erkältungen bekommt er kaum noch, seitdem er im Kalten arbeitet.
Ob die Krellsche Schmiede derzeit der heißeste Arbeitsplatz in Wernigerode ist, lässt sich nicht feststellen. Ein Thermometer hat Wolf-Dieter Wittig nicht in seiner Werkstatt. Doch wer dem Schmiedemeister bei der Arbeit zusieht, dem stehen nach einer Weile selbst die Schweißperlen auf der Stirn. Wittig sieht das anders. „Eigentlich ist es hier im Sommer sehr angenehm – auf jeden Fall besser als in unserer Atelierschmiede in der Feldstraße“, sagt der 46-Jährige. Im alten Bahnhofsgebäude schürt er sonst vormittags das Feuer. „Es ist zwar noch nicht alles fertig, aber es kann dort gearbeitet werden“, erklärt Wittig.
Die Sommerhitze am gestrigen Donnerstag hat ihn und seinen Sohn Marc-Anton aber in die Breite Straße fliehen lassen. In der historischen Schmiede in der Breiten Straße bearbeitet Wittig das glühende Eisen auf dem Amboss. Das Hämmern ist auf der Straße zu hören, die offene Tür soll Zuschauer einladen. Nach und nach heizen die Flammen den Raum auf, von draußen strömt warme Luft herein. Direkt am Feuer sei es heiß, gibt Wolf-Dieter Wittig dann doch zu. „Im Winter ist es hier immer eiskalt, trotz des Feuers – aber das glaubt mir nie jemand.“