1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wernigerode
  6. >
  7. Vor 30 Jahren: Das Besucherbergwerk „Drei Kronen & Ehrt“ in Elbingerode entsteht

Heimatgeschichte Vor 30 Jahren: Das Besucherbergwerk „Drei Kronen & Ehrt“ in Elbingerode entsteht

Ehemaliger Betriebsleiter erinnert an den Aufbau des Besucherbergwerks „Drei Kronen & Ehrt“ vor 30 Jahren

Von Katrin Schröder 06.05.2021, 06:30
Die ABM-Teilnehmer haben gemeinsam das Besucherbergwerk Drei Kronen & Ehrt in Elbingerode aufgebaut.
Die ABM-Teilnehmer haben gemeinsam das Besucherbergwerk Drei Kronen & Ehrt in Elbingerode aufgebaut. Foto: Sammlung Hans Schaarschmidt

Elbingerode

In seinem Mineralienschrank hütet Hans Schaarschmidt die Schätze aus der früheren Grube „Einheit“. Das vielfach gezackte Stück, das er herausholt, glänzt golden: „Darum ging es“, sagt der ehemalige Bergmann und inspiziert den Schwefelkies, den er zeit seines Berufslebens aus der Erde geholt hat. Nach dem Aus für den Mineralienabbau in Elbingerode hat der heute 82-Jährige mit früheren Kollegen das Besucherbergwerk „Drei Kronen & Ehrt“ aufgebaut. Im Frühsommer vor 30 Jahren öffnete das inzwischen geschlossene Bergbaumuseum seine Türen für Besucher.

Bis dahin war es ein weiter Weg, weiß Schaarschmidt. Der gebürtige Thüringer, der in Kamsdorf das Handwerk unter Tage lernte, kam nach der Ausbildung in den Harz und fing auf der Grube Braunesumpf an. Vom Junghauer arbeitete er sich hoch zum Obersteiger, bis 1969 das Bergwerk geschlossen wurde. Schaarschmidt absolvierte ein Studium zum Stahlbauingenieur und wurde im Anschluss Leiter der Abteilung für Forschung und Entwicklung im Metalleichtbaukombinat (MLK) Blankenburg. Der Alltag im sozialistischen Betrieb ernüchterte ihn. „Dort wurde mir klar, dass es mit der DDR nichts werden kann“, sagt er rückblickend. 1982 unternahm er einen Schritt, der ihn den Job kosten sollte: Er trat aus der SED aus.

Schaarschmidt, der in Hüttenrode ansässig geworden war, kehrte in den Bergbau zurück, arbeitete bis zur Wende in der Grube „Einheit“. Mit dem Umbruch kam das Aus für die Schwefelkiesgrube, der größte Teil der Belegschaft wurde Knall auf Fall entlassen. Schaarschmidt erinnert sich an Aushänge mit langen Listen und an die Unsicherheit.

Allgemeiner Konsens

Schon damals war der Gedanke präsent, dass die Grube als Museum weiterleben könnte. „Die Idee, das zu erhalten, war allgemeiner Konsens“, so Schaarschmidt. Bereits im Februar 1990 gründeten sieben Bergleute den Förderverein „Besucherbergwerk Drei Kronen & Ehrt“. Der bisherige Betriebsleiter der Grube, Herbert Zange, und Dirk Vetter erarbeiteten ein erstes Grobkonzept.

Eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM) wurde dazu ins Leben gerufen und Schaarschmidt als Aufbauleiter eingestellt. Einen Plan, was genau er und die 20 ABM-Kräfte, allesamt ehemalige Bergleute, zu tun hatten, habe es zu dem Zeitpunkt noch nicht gegeben. „Da hatte ich erst einmal ein paar schlaflose Nächte“, erinnert sich der ehemalige Bergmann. Also habe er selbst einen Plan erstellt. Die ABM war zwar anfangs nur auf ein Jahr angelegt, doch Schaarschmidt wollte eine Perspektive schaffen. „Wenn wir schon etwas unternehmen, dann so, dass es Bestand hat.“

Die ABM-Leute hatten viel zu tun: Die Grube „Einheit“ war nicht in bestem Zustand, sagt Schaarschmidt. „Verwahrlost, verlottert, heruntergekommen“ habe sich nicht nur das Bergwerk selbst, sondern auch das Außengelände präsentiert. Die Gebäude wie die Sanitätsstelle, das Alte Markenkontor und die Werkstatt waren in desolatem Zustand. In den Stollen herrschte Chaos, das aggressive Grubenwasser habe die Gleise angegriffen, so Schaarschmidt.

Aufbau mit großem Engagement

Ein Plan musste her, welche Bereiche künftig zu welchem Zweck genutzt werden sollten. Dann hieß es die Ärmel hochkrempeln: Im ersten Jahr liefen die Bauarbeiten wie am Schnürchen, berichtet Schaarschmidt. Das Engagement der Mitarbeiter, die nun in der ABM ihren früheren Arbeitsplatz auf Vordermann brachten, war außergewöhnlich. „Die Leute haben in einem Maße gearbeitet und mitgemacht, das kannte man zu DDR-Zeiten gar nicht. Die Begeisterung war sagenhaft“, so der frühere Projektleiter.

Neben den Arbeiten vor Ort beschäftigten ihn vor allem die Finanzen. „Im Hintergrund stand immer die Frage: Wie kommen wir über die Runden mit dem Geld?“ Mit dem Arbeitsamt habe er ständig über Geld für das Personal verhandelt. Bei der Stadt Elbingerode hingegen hob man die Hände: Man sei bereits mit dem Schaubergwerk Büchenberg und dem Zuschuss, den die Einrichtung benötigte, überfordert. Nach einer Stadtratssitzung, die am 17. Januar 1994 im Besucherbergwerk stattfand, habe er den damaligen Kulturminister Reiner Schomburg beiseite genommen, berichtet Schaarschmidt.

Es sei ihm in der Folge gelungen, nicht nur ihn, sondern auch andere davon zu überzeugen, dass Elbingerode ein zweites Besucherbergwerk brauche – unter ihnen Skeptiker wie den damaligen Vorsitzenden des Museumsverbandes, Dieter Klaus. Den „Durchbruch“ in der Sache habe ein Vor-Ort-Termin mit Klaus, dem Leiter des Deutschen Bergbaumuseums in Bochum, Rainer Slotta, sowie dem damaligen Wernigeröder Landrat Michael Ermrich gebracht, erinnert sich Schaarschmidt.

Finanzierung gesichert

Die ausführliche Konzeption, die er daraufhin verfasste, konnte sich auf die Erfahrungen stützen, die mit dem provisorischen Besucherbetrieb gemacht wurden. Dieser war bereits am 10. Juni 1993 aufgenommen worden. Von da an habe das Projekt die vorbehaltlose Unterstützung der verantwortlichen Stellen erhalten. Kultusministerium und Landkreis unterstützen „Drei Kronen & Ehrt“ finanziell. Die Ausstellungen und der Imbiss konnten im März 1994 öffnen, im Mai folgte der Veranstaltungsraum unter Tage. 1997 folgte der Zusammenschluss der vier Besucherbergwerke im „Förderverein Unterharzer Bergbaumuseen“. Schaarschmidt übernahm den Vorsitz, zuvor vertrat er schon die Belange der Einrichtungen im Vorstand des Museumsverbandes Sachsen-Anhalt.

Obwohl damit die Finanzierung bis ins Jahr 2000 grundsätzlich gesichert war, war das Geld stets ein Thema. Für die nötigen Eigenmittel sorgte die stetig wachsende Besucherschar, die ab 1. Juli mit Genehmigung des Bergamtes Staßfurt das Museum unter Tage besichtigen durfte. Die Fahrt mit der Grubenbahn, das Erlebnis der Technik unter Tage und die Führungen, für die bewusst keine Mindestteilnehmerzahl veranschlagt wurde, sorgten für Zulauf: 1998 wurde mit 36344 Besuchern ein Höchststand erreicht.

Wer einmal da war, nahm gern ein bergbautypisches Souvenir mit: Der Verkauf von Mineralien spülte viel Geld in die Kasse. „Das war ein lukratives Geschäft“, so Hans Schaarschmidt, der bis 1999 die Leitung innehatte. Er ist stolz, dass „Drei Kronen & Ehrt“ 85 Prozent seines Budgets selbst erwirtschaftete. „Kein Museum in Sachsen-Anhalt hat mehr als 20 Prozent gehabt.“

Für den Betrieb des Besucherbergwerks „Drei Kronen & Ehrt“ in Elbingerode mussten die Stollen ausgebaut werden.
Für den Betrieb des Besucherbergwerks „Drei Kronen & Ehrt“ in Elbingerode mussten die Stollen ausgebaut werden.
Foto: Sammlung Hans Schaarschmidt
Kurz nach der Eröffnung fahren am 7. Juli 1994, dem Bergmannstag, zahlreiche Gäste mit der Grubenbahn in das Besucherbergwerk  ein.
Kurz nach der Eröffnung fahren am 7. Juli 1994, dem Bergmannstag, zahlreiche Gäste mit der Grubenbahn in das Besucherbergwerk ein.
Foto: Sammlung Hans Schaarschmidt
Hans Schaarschmidt zeigt ein Stück Schwefelkies aus der früheren Grube ?Einheit?.
Hans Schaarschmidt zeigt ein Stück Schwefelkies aus der früheren Grube ?Einheit?.
Foto: Katrin Schröder