Tempomesstafel Warum Königshütter mehr Kontrollen auf B 27 im Oberharz fordert
Mit einer Tempomesstafel der Harzer Blitzergruppe hat ein Königshütter einen Monat den Verkehr in seinem Ort überwacht. Nun stehen die Ergebnisse, er fordert Konsequenzen.

Königshütte - Wie schnell sind Autofahrer an der Neuen Hütte in Königshütte unterwegs? Das wollte Anwohner Holger Reichardt genau wissen. Weil er sich um die Verkehrssituation vor seiner Haustür sorgte, stellte er im Mai 2021 in Zusammenarbeit mit der Harzer Blitzergruppe eine Tempomesstafel auf. Sein Verdacht: Viele seien nahe des Ortsausgangs Richtung Elend in Richtung mit überhöhter Geschwindigkeit auf der Bundesstraße 27 unterwegs. Das Ergebnis teilte er nun mit.
Einen Monat lang hing die Tafel an der Straße – zeitweise ohne und zeitweise mit eingeschalteter Anzeige für die Geschwindigkeit. Die positive Nachricht: „Rund 80 Prozent der Verkehrsteilnehmer halten sich an die Regeln gemäß Straßenverkehrsordnung“, berichtet Reichardt. Erlaubt sind 50 Kilometer pro Stunde. Knapp 20 Prozent waren bis zu 71 Kilometer pro Stunde schnell, und nur ein verschwindend geringer Anteil überschritt diese Schwelle deutlich.
Tempotafel registriert fast 1400 Fahrzeuge pro Tag
In den gut vier Wochen Messdauer waren 21.242 Fahrzeuge über die Neue Hütte in den Ort hineingefahren, 20.609 Fahrzeuge hatten ihn auf diesem Weg wieder verlassen. Bei insgesamt rund 43.000 Fahrzeugen, die im Mai die Neue Hütte passierten, ergebe sich im Lauf des Tages, zwischen 4 und 20 Uhr eine Belastung von 1387 Kfz pro Tag und von 87 Fahrzeugen pro Stunde.
Das sei recht viel und liege an den nahe gelegenen Ausflugzielen, so der Königshütter. Der Wasserfall, der viele Besucher anzieht, sei nur wenige hundert Meter entfernt, zudem querten der Harzer Hexenstieg und ein Radweg an dieser Stelle die Straße. Die Aufschlüsselung nach Tagen zeigt folgerichtig, dass an den Wochenenden und Feiertagen mehr Autoverkehr zu verzeichnen war, was eben mit der Anfahrt von Gästen erklärt werden könnte. Dennoch sei vor der Corona-Pandemie auf der Straße mehr los gewesen, betont Reichardt. „Insbesondere die verlängerten Himmelfahrts- und das Pfingstwochenende zeigen hier nicht das übliche Verkehrsbild.“
Mit Tempo 130 Kilometern am Ortsausgang Königshütte
Hinzu kommt, dass sich zwar eine Mehrheit, aber nicht alle an die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit hielten. Im Durchschnitt betrug das Tempo knapp 45 Kilometer pro Stunde. Rund 8500 Fahrzeuge seien aber mit mehr als den erlaubten 50 Kilometern pro Stunde unterwegs gewesen, wie die Auswertung durch die Harzer Blitzergruppe ergeben habe. Die rasantesten Raser lagen deutlich darüber – aus Richtung Elend betrug die höchste gemessene Geschwindigkeit 91 Kilometer pro Stunde, ortsauswärts waren es gar 130 Kilometer pro Stunde.
Die Daten legen nahe, dass die Tafel manchen Autofahrer gebremst haben könnte: Nachdem die Tafel von der Dunkelmessung auf Messung mit Anzeige umgestellt wurde, sank die Durchschnittsgeschwindigkeit um circa fünf Kilometer pro Stunde.
Brenzlige Situationen im Straßenverkehr
Zwar zeigen die Zahlen, dass die überwiegende Zahl der Autofahrer die Vorschriften beachte. Dennoch bestehe Handlungsbedarf, so Holger Reichardt. Der Familienvater sorgt sich, weil im Umfeld mehrere Familien mit kleinen Kindern leben, die auf dem Weg über die Straße oder zur Bushaltestelle durch den Autoverkehr gefährdet werden könnten. Risiken seien ebenso Fußgänger ausgesetzt, die zum Wasserfall oder auf dem Hexenstieg unterwegs seien.
Deshalb setzen sich Reichardt und sein Nachbar Maik Strecker für mehr Kontrollen ein. Allerdings hieß es in der Vergangenheit vonseiten der Polizei, dass der Bereich bisher nicht als Unfallschwerpunkt aufgefallen sei. Vor diesem Hintergrund hätte auch ein Tempolimit von 30 Kilometern pro Stunde, wie es der Ortschaftsrat gefordert hatte, kaum Chancen.
Vor Ort erlebe Holger Reichardt nach eigenem Bekunden jedoch immer wieder brenzlige Situationen im Straßenverkehr, zum Beispiel morgens an der Bushaltestelle, wenn seine Tochter mit dem Taxi zur Schule abgeholt werde. Es sei weniger die Frage, ob etwas passieren werde, sondern wann dies geschehe.
Daher appelliere er an die Verantwortlichen, stichprobenartig an der B 27 von der Neuen Hütte bis zum Wasserfall zu kontrollieren. Dies werde manche Raser zur Vernunft bringen. „Verkehrserziehung erfolgt durch Präsenz der Ordnungsbehörden vor Ort und auf der Straße.“