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Corona Wieder Leben in den Werkstätten und der Küche des Projektes Stabil Harz

Mit den Corona-Lockerungen atmen auch die Pädagogen des Förderprojektes Stabil Harz in Blankenburg auf. Sie können den von ihnen betreuten Jugendlichen nun wieder einen strukturierten Tagesablauf bieten und die Chance zur kreativen Entfaltung. In einem Online-Produktkatalog zeigen die Teilnehmer, was sie alles drauf haben.

Von Jens Müller 16.06.2021, 13:08
Rike Böttcher mit einer individuell gestalteten und bedruckten Kaffeetasse. Auftraggeber ist die Teufelsbad-Fachklinik. Die 23-jährige Blankenburgerin steht dank Stabil Harz vor einer Ausbildung im Einzelhandel.
Rike Böttcher mit einer individuell gestalteten und bedruckten Kaffeetasse. Auftraggeber ist die Teufelsbad-Fachklinik. Die 23-jährige Blankenburgerin steht dank Stabil Harz vor einer Ausbildung im Einzelhandel. Foto: Jens Müller

Blankenburg - „Unsere Teilnehmer sind wieder da!“ In den Worten von Angela Krinke schwingt neben Freude auch große Erleichterung mit. Denn die aktuell 32 Jugendlichen aus allen Teilen des Harzkreises, die in den Werkstätten des Projektes Stabil Harz in der Blankenburger Kuno-Rieke-Straße lernen und arbeiten, finden wieder zurück zu einem geregelten Tagesablauf. In den vergangenen Monaten war dies coronabedingt nicht möglich. Der Wechsel von Präsenz- zu Distanzunterricht, die fehlenden praktischen Arbeiten und mangelnden sozialen Kontakte seien nicht spurlos an den Jugendlichen vorbeigegangen, weiß Angela Krinke, die das Projekt der Akademie Überlingen leitet. Bereits 2009 war es in die altehrwürdigen Gebäude der einstigen Tischlereifachschule eingezogen. „Hier haben wir ideale Bedingungen. Für uns war es die beste Entscheidung, nach Blankenburg zu gehen“, sagt Angela Krinke, die auch ihre Werkstatt-Mitarbeiter aus der Kurzarbeit zurückholen konnte.

Stabil – eine Abkürzung für Selbstfindung-Training-Anleitung-Betreuung-Initiative-Lernen – wird finanziell vom Land Sachsen-Anhalt und der Europäischen Union gefördert. Ziel ist es, jungen Menschen mit einem besonderen Förderbedarf zu helfen, einen Schulabschluss zu schaffen, einen Ausbildungs- oder sogar einen Arbeitsplatz zu bekommen. Stabil Harz setzt dabei vor allem auf praktische Arbeit.

Kreative Produkte werden produziert

In vier bestens ausgestatteten Werkstätten für Holz- und Metallbearbeitung sowie einem IT-Bereich stellen die Heranwachsenden im Alter zwischen 18 und 25 Jahren Produkte her, die unter anderem auf Weihnachts- und Ostermärkten verkauft oder speziell auf Kundenwunsch produziert werden. „Wir sind aber keine Konkurrenz für das Handwerk oder den Handel“, macht Angela Krinke deutlich. Viele Produkte seien Einzelstücke oder würden in Kleinserien produziert. Zudem würden nicht selten alte Materialien und Bauteile wiederverwendet – auf neudeutsch Upcycling. Der Verkauf ist für das Projekt unerlässlich: Denn nur dadurch kann wieder neues Material angeschafft werden.

Eine Auswahl der Pandemie bedingt nicht verkauften Deko-Produkte, die die Jugendlichen bei Stabil Harz selbst entworfen und gebaut haben. Sie werden nun direkt in der Kuno-Rieke-Straße angeboten.
Eine Auswahl der Pandemie bedingt nicht verkauften Deko-Produkte, die die Jugendlichen bei Stabil Harz selbst entworfen und gebaut haben. Sie werden nun direkt in der Kuno-Rieke-Straße angeboten.
Foto: Jens Müller

Märkte und Jahresempfang fielen aus

Das Hauptaugenmerk liege immer darauf, die Jugendlichen nach ihren Stärken einzubinden. „Sie können kreativ sein und sind am Einkauf, der Herstellung sowie der Auslieferung der Produkte beteiligt“, so die Projektleiterin. Besonders motivierend sei es, wenn positive Rückmeldungen kommen und Kunden sich für die Produkte bedanken. Leider konnten coronabedingt monatelang keine Märkte stattfinden. Das Depot in der Kuno-Rieke-Straße blieb ebenfalls geschlossen, ebenso die Kantine, in der die Jugendlichen gemeinsam essen. Und auch das alljährlich viel beachtete Büfett zum Jahresempfang der Stadt Blankenburg auf dem Großen Schloss fiel pandemiebedingt aus.

Jugendliche hoffen auf Praktikas in Betrieben

Parallel dazu blieb die Vermittlung der Jugendlichen in Praktikas nahezu auf der Strecke. Einige haben sich trotz der schwierigen Situation an die Absprachen gehalten. „Wir danken daher herzlich allen Firmen, die unseren Jugendlichen ihre Türen öffnen“, sagt Angela Krinke. Denn einen besseren Einblick in die Berufswelt könnten sie nicht bekommen. „Besser können sie sich nicht testen“, so die Projektleiterin, die auch mehrwöchige Praktika anbietet – ob im Einzelhandel, in der Gastronomie oder im Handwerk.

Gute Vermittlungsquote

In den zurückliegenden Jahren habe dies gut funktioniert. „Rund 46 Prozent unserer Jugendlichen sind in Arbeit, eine Ausbildung oder eine Anschlussqualifizierung gegangen“, sagt Angela Krinke. Eine recht gute Vermittlungsquote, wie sie einschätzt. Gleichzeitig schränkt sie aber auch ein: „Es ist schwieriger geworden.“

Projektleiterin Angela Krinke.
Projektleiterin Angela Krinke.
Foto: Jens Müller

Ihr Ziel hat sie mit ihren vier Werkstattpädagogen, den vier Sozialpädagogen, einer Stützlehrerin und einer Projektassistentin sowie mit Unterstützung von KoBa, IHK, Handwerkskammern und Jugendämtern weiter fest im Blick: „Es lohnt sich hier für jeden zu kämpfen. Wir versuchen mit ihnen gemeinsam herauszufinden, was sie wollen und freuen uns über jeden, der es schafft, in Arbeit oder in Ausbildung zu kommen.“

Homepage überarbeitet

Um der Arbeit der Jugendlichen mehr Transparenz zu verleihen, ist die Internetseite überarbeitet worden. Dort findet sich auch ein Katalog, der die gefertigten Produkte in den Fokus rückt: von individuell gestalteten Schlüsselbändern, über Fototassen bis hin zu hölzernen Blumenbänken. „Damit möchten wir nicht nur moderne Technik anwenden und das Layout zeitgemäßer gestalten, sondern auch neue Akzente setzen“, so Angela Krinke. Es wurde fotografiert, Bilder bearbeitet, getextet und programmiert: „Auf diese Weise haben sich die beteiligten Jugendlichen auch neue Fähigkeiten zugelegt, die sie in ihrem späteren Berufsleben gut einsetzen können.“

Infos und Nachfragen unter www.stabil-harz.de und direkt vor Ort in der Kuno-Rieke-Straße 9-11 in Blankenburg montags bis freitags von 8 bis 14.30 Uhr.

Leandra Becker aus Benneckenstein beim Streichen von künftigen Blumenbänken in der Malerwerkstatt des Jugend-Projektes Stabil Harz in Blankenburg.
Leandra Becker aus Benneckenstein beim Streichen von künftigen Blumenbänken in der Malerwerkstatt des Jugend-Projektes Stabil Harz in Blankenburg.
Foto: Jens Müller