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Wildschweinplage Nesseltal: Keine Erstattung der Gartenpacht

Die Gartenpächter im Wernigeröder Nesseltal erhalten nach der Wildschweinplage keine Pachtminderung von der Stadt.

Von Ivonne Sielaff 20.09.2017, 01:01

Wernigerode l Die Gartenpächter im Wernigeröder Nesseltal bekommen ihre Pachtgebühr für 2017 nicht von der Stadt erstattet. „Wir sehen aktuell davon ab, eine Pachtminderung zu gewähren“, heißt es dazu von Tobias Kascha aus dem Büro des Oberbürgermeisters. Die Kleingärtner hatten auf eine Rückerstattung ihrer Pacht gehofft, weil sie über Monate von Wildschweinen terrorisiert wurden. Die Tiere waren vom angrenzenden Wald in die Gartenanlage eingebrochen und hatten sich dort eingenistet.

Die Gärten im Nesseltal und auch etliche andere Gärten in Hasserode wurden wieder und wieder von den Waldtieren umgepflügt und durchwühlt. „Sie haben sämtliche Blumenzwiebeln gefressen. Auch an Ernte war nicht zu denken“, sagt eine Gartenpächterin am Leser-Telefon. Etwa 300 Euro Pachtgebühr zahle sie pro Jahr für das 600 Quadratmeter große Grundstück. „Aber wofür?“, fragt die Wernigeröderin. „Wir konnten unseren Garten in 2017 kaum nutzen. Wenigstens die Pacht könnte uns die Stadt doch erlassen.“ Bei Mängeln in einer Wohnung würden Mieter doch auch auf eine Minderung der Miete bestehen.

Für Pachtgärten könne nicht analog das private Mietrecht angewandt werden, informiert Tobias Kascha. „Da gelten andere Rechtsgrundlagen.“ Die Sicherung der Grundstücke oder Gebäude obliege dem Eigentümer beziehungsweise bei Gartengrundstücken den Pächtern. Anspruch auf Entschädigung oder Ersatz bei Wildtierschäden gebe es nicht.

73 Pachtgärten gehören der Stadt Wernigerode in der Gartenanlage im Nesseltal. 20 Gärten davon werden nicht genutzt. 14 Pachtverträge sind bereits gekündigt, weitere sechs zum Jahresende. Bis 2020 laufen alle weiteren Verträge aus. Die Stadt will die Fläche anderweitig nutzen.

In Sachen Wildschweine sei die Stadt als Eigentümer schon tätig gewesen. Tobias Kascha verweist auf den Großeinsatz Anfang Juni, bei dem mehrere verwilderte Gärten mit schwerer Technik dem Erdboden gleich gemacht wurden, um den Wildschweinen die Unterschlupfmöglichkeiten zu nehmen. Darüber hinaus finde eine verstärkte Bejagung statt, so Kascha weiter.

Zwischen April und September seien fast 80 Wildschweine in den Wäldern um Hasserode erlegt worden, hatte Stadtförster Michael Selmikant im Ordnungsausschuss informiert. „Und die großen Treibjagden stehen noch an.“ In der Stadt selbst darf aus Sicherheitsgründen nicht geschossen werden. „Was wir haben, ist eine sehr extreme Situation“, so Selmikat. In ganz Sachsen-Anhalt sei die Wildschwein-Population derzeit überdurchschnittlich hoch. „Das hängt mit den milden Wintern zusammen.“ Die Tiere würden reichlich Nahrung finden – im Wald und auf Feldern. „Deshalb vermehren sie sich extrem.“

In die Gärten seien sie durch Küchenabfälle auf den Komposthaufen gelockt worden, so Tobias Kascha. „Leider kommt das immer wieder vor. Wir bitten inständig darum, davon abzusehen.“ Wildschweine seien mit einem hervorragenden Geruchssinn ausgestattet. Sie könnten Nahrung wie Zwiebeln, Knollen und Obstreste auf große Entfernung wittern. Die Stadt habe nur begrenzte Möglichkeiten, dem Einhalt zu bieten. „Eine Art Pauschal-Rezept gibt es nicht.“