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Winterdienst-Pfusch Brockenstraße: Test bestätigt Kritik

Nach Kritik am Winterdienst auf der Brockenstraße sieht die Harzer Verwaltung Optimierungsbedarf. Zugleich werden Details bekannt.

Von Dennis Lotzmann 27.01.2017, 00:01

Schierke l Kein Geringerer als Landrat Martin Skiebe (CDU), seine Stellvertreterin Heike Schäffer sowie weitere verantwortliche Mitarbeiter der Kreisverwaltung haben am Donnerstag die Probe aufs Exempel gemacht: Können wir mit einem BMW mit Hinterradantrieb über die Brockenstraße den 1141 Meter hohen Harzgipfel erreichen?

Die Frage hatte durchaus Brisanz, nachdem die Bergwacht am Wochenende mit Blick auf den Räumzustand der Straße Alarm geschlagen hatte. Nun – gut drei schneefallfreie Tage später – das Resultat: „Wir sind optimal hochgekommen“, so die Vize-Landrätin anschließend gegenüber der Volksstimme.

Also alles in bester Ordnung? Mitnichten. Auch wenn Heike Schäffer klarstellt, dass der Winterdienst-Auftragnehmer „seinen Vertrag definitiv erfüllt hat“, sieht auch sie im Detail den einen oder anderen Punkt, an dem der jetzige Auftragnehmer noch nachbessern müsse. Beispielsweise bei den Zufahrten von der Brockenstraße in abzweigende Waldwege. „Dass größere Wege mit einer Schneemauer versperrt sind, darf nicht sein“, so die Vize-Landrätin.

Damit reagierte sie auf einen Punkt, den die Bergwacht kritisch angesprochen hatte. „Wenn wir ins Gelände müssen, sind Einsetzpunkte für unseren Schlitten wichtig. Der bisherige Winterdienstanbieter hat jene Zugänge stets freigemacht. Jetzt müssten wir erstmal den aufgetürmten Schnee beiseite räumen, um den Schlitten überhaupt einsetzen zu können“, hatte der Wernigeröder Bergwacht-Chef Holger Müller ein Problem konkret benannt.

An dieser Stelle dürfen die Bergretter nach der Testfahrt nun auf Korrekturen hoffen. Und nicht nur hier sehen Heike Schäffer und Landrat Martin Skiebe Optimierungsbedarf und geben den Bergrettern mit ihrer grundsätzlich formulierten Kritik Recht.

Die Bergwacht hatte auch moniert, dass gerade im oberen Bereich der Brockenstraße viel lockerer Schnee liege und zuweilen sogar Fahrzeuge mit Allradantrieb an Grenzen kämen. „Wir sind sogar mit unserem Allrad-Jeep steckengeblieben“, so Holger Müller am Wochenende. „Der Auftragnehmer könnte wegen des lockeren Schnees ruhig einmal öfter hochfahren und räumen“, so Heike Schäffer nun. Aber: „Unser Rettungsdienst hatte am Wochenende sechs Einsätze auf dem Brocken und keine Probleme dorthin zu kommen“, erklärte sie.

Problempunkt Nummer drei ist die geräumte Straßenbreite. Die Bergwacht hatte die geringe Breite, die eine Begegnung zweier Fahrzeuge praktisch unmöglich mache, am Wochenende kritisiert. Zudem fehlten Ausweichstellen, auch die habe es beim früheren Räumdienstleister stets gegeben, so Müller.

Teilweise ließen die örtlichen Gegebenheiten zwischen Hang und Abhang gar keine größeren Räumbreiten zu, gab Heike Schäffer zu bedenken. Das Problem fehlender Ausweichstellen scheint nun aber gelöst: „Es gibt fünf, sechs Ausweichstellen, die freigeschoben sind“, so die Vize-Chefin im Landratsamt. Gleichwohl müsse der jetzige Anbieter insbesondere bei Wind und Sturm wohl noch öfter ausrücken, um Verwehungen zu beseitigen, sagte sie.

Letztlich decken sich die aktuellen Angaben aus dem Landratsamt mit der grundsätzlichen Kritik der Bergwacht. Die hatte schon am Wochenende ein Mitarbeiter der Brockenwetterwarte mit der Einschätzung von „reichlichem Optimierungsbedarf“ im Kern bestätigt. Zudem hatten nach der Berichterstattung in der Volksstimme zahlreiche Leser und Wanderer die Kritik mit eigenen Wortmeldungen bekräftigt.

Seitens der Kreisverwaltung hieß es am Donnerstag jedoch, dass es auch vor dem Aufkommen der Kritik bereits Kontrollen auf der Brockenstraße gegeben habe. Auch hier Korrekturen. „Wir werden die Kontrollen enger fassen“, so Schäffer. Der jetzt gebundene Räumdienst sei im Übrigen kein Neuling auf dem Gebiet. „Wir arbeiten mit dem Unternehmen an anderer Stelle seit Jahren gut zusammen“, betonte die Vize-Landrätin.

Trotzdem stellt sich weiter die Frage, warum Brockenwirt und Brockenhotelier Daniel Steinhoff bei der jüngsten Ausschreibung nicht wieder zum Zuge gekommen ist. Schließlich war die Steinhoff‘sche Unternehmensgruppe seit rund 25 Jahren für den Winterdienst auf der Brockenstraße zuständig. Die Antwort überrascht: Er verpasste mit seinem Angebot die Ausschreibungsfrist.

Allerdings lesen sich die Eckdaten durchaus pikant: Im Juni gab es eine Ausschreibung, auf die auch Daniel Steinhoff bot. „Fristgemäß“, wie er versichert. Aufgrund eines Formfehlers annullierte die Kreisverwaltung die Ausschreibung, um sie im Juli – in den Sommerferien – mit verkürzter Frist zu wiederholen. „Ich wurde darüber per Fax am 18. Juli informiert und befand mich im Urlaub. Anschließend habe ich gleich am 24. Juli meine Unterlagen fertig gemacht und erneut und unverändert eingereicht“, so Steinhoff. „Ich bin davon ausgegangen, dass sie rechtzeitig am 26. Juli vorlagen.“

Ein Irrtum: „Von Herrn Steinhoff lag bis zum 26. Juli, 10.30 Uhr, kein Angebot vor“, so Heike Schäffer, die zudem versichert: Die Kreisverwaltung habe sich an die Vergaberegeln gehalten. Zudem könne man von einem Unternehmen mit täglichem Hotelbetrieb erwarten, dass binnen acht Tagen ein Angebot vorgelegt werde.

Übrigens: Es gibt noch einen Punkt, wo die Kreisverwaltung nachjustieren will: Wenn möglich, soll die nächste Winterdienstvergabe für die Brockenstraße mehrjährig erfolgen, um dem Auftragnehmer in punkto Technik mehr Planungssicherheit zu geben.