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Wrestling Hauen und würgen mit Spaßfaktor

Der Halberstädter Martin Behrens alias Martin Guerrero bringt die Stars der Wrestling-Szene in den Harz.

Von Julia Bruns 27.12.2019, 00:01

Wernigerode/Halberstadt l Sie heißen Joe E. Legend, Ned Flix und Otto Stahl – sie schlagen sich, sie springen aufeinander, raufen sich die Haare, sie werfen sich zu Boden, dass der Ring bebt und die Bretter knallen. Wehtun darf all das aber nicht. Hauen: Ja. Verletzen: Nein. Das – ja, genau das ist Wrestling. Und erleben können Freunde des unterhaltsamen Raufens eine Wrestling-Gala am 28. Dezember im Elmo Klub, Am Köhlerteich 19-23, in Wernigerode.

War Wrestling noch in den 1990er Jahren mit Stars wie Hulk Hogan, Lex Luger und dem Undertaker ein Massenphänomen, versank es im Laufe der 2000er in der Versenkung. Bis jetzt – seit Kurzem erlebt die Sportart, bei der sich nicht selten Gut und Böse gegenüberstehen und von vornherein klar ist, wer gewinnt, wieder wachsender Beliebtheit.

In Halberstadt gibt es sogar eine Wrestling-Schule, in der Talente aus dem gesamten mitteldeutschen Raum ihre Fertigkeiten im Showkampf trainieren.

Gegründet hat sie der Wrestler Martin Guerrero – bürgerlich heißt er Martin Behrens. Seit August 2013 ist der gebürtige Halberstädter begeisterter Wrestler. Benannt hat er sich nach seinem Vorbild, dem Wrestler Eddie Guerrero, der bereits verstorben ist. Schon als Jugendlicher verfolgt er die Shows der großen Wrestling-Stars im Fernsehen.

Vor sechs Jahren beginnt er, auf dem Video-Portal YouTube über die großen Shows aus Amerika zu berichten. Damit ist er schließlich so erfolgreich, dass er sich zwei Jahre nach seiner Ausbildung zum Versicherungskaufmann seinem Chef gegenüberstellt und sagt, er müsse kündigen, um sich voll auf seine Karriere als YouTuber zu konzentrieren. „Mein Chef war geschockt. Er hat mich für verrückt erklärt“, erinnert er sich.

Doch am Ende läuft es gut. Mehr als 100.000 Zuschauer verfolgen die Clips des Halberstädters, der mit dieser Fangemeinde der größte YouTuber in diesem Bereich ist. Er spricht vor allem über Shows aus Amerika. „Und dann dachte ich 2013, wenn ich darüber professionell berichte, dann wäre es gut, wenn ich auch davon Ahnung hätte. Ich fing also an, zu trainieren. Und ich bin hängen geblieben, habe immer mehr trainiert.“

Eins führt zum anderen. Mit seinem Alter Ego Martin Guerrero ist er heute selbst ein gefeierter Star der Szene. „Es ist einem selbst nicht so bewusst, wie bekannt man ist. Es ist mir schon passiert, dass ich einkaufen war und von einem Fan erkannt wurde, der ein Foto mit mir gemacht hat“, sagt er.

Seine Wrestlingschule, das Wrestling Gym (Gym = engl. Turnhalle), eröffnet er im April 2017. „Wir haben 28 Mitglieder, die teils aus Leipzig und Hannover nach Halberstadt kommen, weil wir einen sehr guten Ruf haben“, sagt er. „Bei uns kann man ab 14 Jahren trainieren. Solange man im Wachstum ist, sind wir zurückhaltender mit den Übungen.“ Sprünge von den Seilen müssen da noch nicht drin sein. Wie in jedem anderen Kampfsport gehe es anfangs um die Ringübersicht, die Fallschule und konkrete Abläufe, sogenannte Moves.

Was fasziniert die Menschen an der Sportart? „Wrestling ist ein Zusammenspiel aus Unterhaltung und athletischen Aspekten. Es ist wie eine Telenovela für Männer“, sagt der 30-Jährige. „Die Zuschauer sind begeistert von dem, was sie sehen, weil die Akrobatik geil ist. Man spielt mit Gut und Böse.“ Dadurch, polarisiert man das Publikum, bringt es zum Ausflippen.

Es sei schwer, die Sportart einzuordnen. Schließlich sei es kein Kampfsport. Ums Gewinnen gehe es ja anders als im Judo oder Karate eben nicht. „Du arbeitest mit deinem Gegner, statt gegen deinen Gegner, um das Publikum zu unterhalten“, erklärt er. Zwar sei es auch eine Art Schauspiel „aber die Tritte, Moves und Schläge treffen richtig. Man lernt deshalb ganz genau, wo man drauf schlägt, damit man den Gegner nicht verletzt.“

Die Frauen und Männer, die ins Wrestling Gym kommen, gehen abseits des Rings normalen Berufen nach. „Wir haben Polizisten dabei, Chemielaboranten, eine Sanitäterin, Handwerker – alles durch die Bank weg.“

Mit den Shows wollen die Wrestler nun einem Live-Publikum zeigen, was sie drauf haben. Extra für die Veranstaltungen hat Behrens eine eigene Liga gegründet: Unlimited Wrestling, zu deutsch unbegrenztes Wrestling. Nebenbei werden die Veranstaltungen für YouTube aufbereitet. Vier Kameras filmen das Geschehen. „Die Schüler wollen vor Publikum stehen. Wir haben deshalb unsere eigene Liga eröffnet.“

Eine erste Openair-Show in Nordhausen sei ein Überraschungserfolg gewesen. Aus dem Stand kamen 400 Zuschauer. „Das ist rekordverdächtig“, sagt Behrens, der auf seinem YouTube-Kanal ordentlich die Werbetrommel gerührt hat. „Eine neu gegründete Liga muss sich eigentlich erst einmal einen Namen machen. Durch meine Fans auf YouTube konnten wir direkt durchstarten.“ Für das nächste Jahr sind vier Veranstaltungen im Elmo in Wernigerode geplant, das aufgrund der Deckenhöhe und der Atmosphäre ideale Voraussetzungen für die Sportler biete.

„Wrestling wird immer populärer“, ist Martin Behrens überzeugt. „Früher haben sich im Hinterhof ein paar Kerle Stühle über den Kopf gehauen. Heute ist Wrestling mit Werbung, mit Deals, mit Stars verbunden. Es ist professionell geworden.“

Wer gut sein will, müsse auf die Fitness achten. Fünfmal geht Martin Behrens ins Fitnessstudio, zweimal in die Wrestlingschule. „Wir stehen schließlich oberkörperfrei vor Publikum. Man muss trainiert sein und Kraft haben, den Gegner zu werfen und hochzuhalten. Wenn man selbst etwas einsteckt, dann braucht man Muskeln, um die Schläge abzufangen.“

Vor dem Match wird das Outfit, das sogenannte „Gear“ angezogen, die Boots werden geschnürt und anschließend der Nacken gedehnt. „Beim Fallen muss der Kopf immer in der Luft sein“, erklärt er. Generell seien die Veranstaltungen familienfreundlich.

Ob er vor zehn Jahren geahnt habe, dass er mit dem Wrestling so erfolgreich sein wird? „Ich war immer ein Träumer. Ich habe immer rumgesponnen und wurde dafür verspottet. Und mittlerweile habe ich es jedem gezeigt, dass man mit harter Arbeit alles umsetzen kann. Wenn man viel dafür gibt.“

Das Event unter dem Titel „Icebreaker“ (Eisbrecher) beginnt am 28. Dezember um 19 Uhr im Elmo Klub. Hauptteil der Veranstaltung werden die vier Matches, um den ersten Unlimited Champion zu ermitteln. Die Veranstaltung endet gegen 23 Uhr.