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Hilfe vor dem Winterschlaf Wie sich der Igel wohlfühlt – nicht nur in Osterwiecker Gärten

Peggy Matzelt erklärt Grundschülern, was ihre Eltern daheim im Garten für Igel tun können und was sie besser unterlassen sollten.

Von Mario Heinicke 08.11.2023, 14:00
Nur für einen Moment holte Peggy Matzelt den schlummernden Igel aus seiner Box und zeigte ihn den Mädchen und Jungen in Bühne.
Nur für einen Moment holte Peggy Matzelt den schlummernden Igel aus seiner Box und zeigte ihn den Mädchen und Jungen in Bühne. Foto: Mario Heinicke

Bühne. - Die Igel in den heimischen Gärten bereiten sich mit den kälter werdenden Temperaturen auf ihren Winterschlaf vor. Gerade noch der richtige Zeitpunkt für Peggy Matzelt, zu den Kindern in die Grundschule Bühne zu gehen und ihnen über die trotz der vielen Stacheln so beliebten Tierchen zu berichten. Die Osterwieckerin nimmt sich seit einigen Jahren kranken und verletzten Igeln an, um sie daheim aufzupäppeln und nach der Genesung wieder in der Natur auszusetzen. Denn, das betonte Peggy Matzelt, Igel sind Wildtiere.

Ungeachtet dessen aber leben sie in der Nähe von Menschen und weniger im Wald, wo nämlich ihre Fressfeinde in Form etwa von Füchsen oder Greifvögeln zu Hause sind. Matzelt hofft derweil, dass die Schulkinder nach der Unterrichtsstunde auch ihren Eltern vom richtigen Umgang mit Igeln erzählen. Denn da sind doch allerhand falsche Vorstellungen im Umlauf, auch wenn es von den Menschen gut gemeint ist.

Zum Beispiel, wenn Igel eine Schale Milch hingestellt bekommen. „Igel trinken keine Milch“, betonte daher Peggy Matzelt. Stattdessen solle man den Tieren Wasser hinstellen. Immerhin wussten die Erst- und Zweitklässler schon, dass Igel gern Würmer und Insekten zu sich nehmen. „Es sind reine Fleischfresser“, wurde Matzelt noch deutlicher. Man sollte den Tierchen also kein Obst, Gemüse oder Getreideprodukt hinstellen. Sie würden vielleicht daran knabbern, aber keine Nährstoffe aus diesem Essen ziehen können.

Großer Hunger nach Insekten

Überrascht waren die Kinder, als Peggy Matzelt mit einem großen Einweckglas zeigte, wie viele Insekten ein Igel pro Tag als Nahrung benötigt. Diese große Menge sei zugleich eines der Probleme, warum immer weniger stachlige Gesellen überleben, ja Igel gar vom Aussterben bedroht seien. „Es gibt immer weniger Insekten“, erklärte sie, „und die Igel verhungern dann.“

Der Klimawandel mache den Tieren auch dadurch zu schaffen, dass sie später und damit kürzer in den Winterschlaf verfallen. In einer Zeit also, in der so gut wie gar keine Insekten mehr verfügbar seien.

Dagegen lässt sich als Gartenbesitzer kaum etwas ausrichten, auf andere Dinge schon. „Am wohlsten fühlen sich Igel im Garten, wenn er nicht so aufgeräumt ist“, berichtete die Osterwieckerin. Für den Winter sei ein aufgetürmter Laub- oder Reisighaufen ein gutes Schlafquartier.

Höhepunkt der Stunde war es freilich, als Peggy Matzelt den Mädchen und Jungen einen zu dieser Tageszeit schlummernden Igel zeigte. Es sei ihr vorletzter Gast für dieses Jahr, noch dieses Woche solle er wieder ausgesetzt werden. Sonst werde es zu spät für den Winterschlaf.

Bis zu vier Igel darf Peggy Matzelt daheim parallel aufnehmen, so sei es mit dem Kreisveterinäramt abgesprochen. In Osterwieck hat es sich längst herumgesprochen, dass sie sich um kranke und verletzte Igel kümmert, „Ein Herzensprojekt“, wie sie vor längerem mal über ihre Privatinitiative sagte. Umso größer ist ihre Freude, wenn ihr Engagement auch Unterstützer findet. Wie durch Hannes Deicke aus dem Osterwiecker Energieberatungszentrum. Bereits voriges Jahr hatte er Matzelts Besuch bei Hortkindern beobachtet – und sich danach bei seinem Arbeitgeber, den Halberstadtwerken, erfolgreich um eine Förderung als eine von 30 guten Taten zum 30-jährigen Bestehen des Energieversorgers bemüht.

Im Ergebnis gab es 500 Euro für das Igelprojekt, die Peggy Matzelt zum Beispiel für Futter- und Tierarztkosten einsetzen kann. Außerdem wurden Postkarten gedruckt mit Tipps für Kinder, wie sich Igel im Garten wohl fühlen.

Problem Mähroboter

Denn: „Der größte Feind des Igels ist der Mensch“, weiß Matzelt. Wobei auch die Rasenroboter eine Rolle spielen. „Sie sollten nur tagsüber fahren.“ Denn Igel seien nachtaktive Tiere. Vor einem Mähroboter würden sie nicht weglaufen, sondern sich, wie üblich bei Gefahr, nur zusammenrollen.

Eine anderes Problem seien die gelben Abfallsäcke, in die die Tierchen auf Nahrungssuche krabbeln könnten, sich darin aber mit ihren Stacheln verfangen und nicht mehr herauskommen.

Besuche in Grundschulen oder Kindertagesstätten unternimmt Peggy Matzelt nur wenige, dieses Jahr war es in Osterwieck und Bühne der Fall. Im Herbst hat sie nach den Igelgeburten im August nur ein kleines Zeitfenster bis zum Winterschlaf zur Verfügung. An oberster Stelle stehe dabei, dass das Tier kräftig genug ist.

Voriges Jahr hatte Denise Leu-kert, die als pädagogische Mitarbeiterin an der Grundschule Bühne arbeitet, vier Igelkinder zur Pflege zu Peggy Matzelt gegeben. Aus dem Kontakt entwickelte sich nun der Besuch bei den Erst- und Zweitklässlern in Bühne, die spätestens jetzt zu Igelfreunden geworden sind.