Pfarrer zum Fest Gedanken zu Weihnachten

Die Weihnachtstage sind da. Die Pfarrer Dieter Kerntopf und Peter Zülicke aus dem Landkreis Börde sprachen mit Redakteurin Ariane Amann.

20.12.2015, 23:01

Volksstimme: Weihnachten ist momentan allgegenwärtig. Wie sehen Sie denn das Fest?

Dieter Kerntopf: Das Weihnachtsfest ist natürlich immer noch ein christliches Fest. Der Zusammenhang zwischen Heiligabend und Kirche ist oft bekannt, aber dann lässt das Wissen bei vielen Menschen auch nach. Trotzdem sind die Kirchen zum kirchlichen Fest Weihnachten so voll wie nie.

Peter Zülicke: So ist es, aber einige Veränderungen hat es mit der Zeit schon gegeben. Der Rahmen mit Weihnachtsmärkten, Baum und Feierlichkeiten ist geblieben, aber der Inhalt ist ein Stück weit verloren gegangen. In der Öffentlichkeit ist viel Wissen um dieses Fest verschwunden. Die Gefühle finden die meisten Menschen schon, aber woher sie kommen, ist oft nicht klar. Den meisten Menschen ist bewusst, dass Weihnachten ein Fest für Ruhe und fürs Beisammensein ist.

Was ist denn das Wesentliche an Weihnachten für Menschen mit christlichem Glauben?

Peter Zülicke: Zu Weihnachten wird Gott Mensch. Er geht einen menschlichen Weg und sucht menschlichen Umgang. Die Botschaft dieser Geschichte ist meiner Meinung nach, dass wir alle auch menschlich sein sollen, Mitgefühl haben sollen.

Dieter Kerntopf: Himmel und Erde treffen sich bei diesem Fest, denn gerade jetzt ist Gott nicht irgendwo, sondern ganz nah bei uns. Dass Gott in Freude und Leid bei uns ist, ist eine zentrale Aussage des Glaubens.

Welche Aktualität hat denn eine 2000 Jahre alte Geschichte über die Ankunft von Gottes Sohn auf der Welt in unserer Zeit noch?

Dieter Kerntopf: Gerade jetzt ist die Weihnachtsgeschichte aktueller denn je. Ein Flüchtlingspaar sucht eine Unterkunft, wird mehrfach abgewiesen und erfährt nur wenig Mitleid nach einem langen Fußmarsch. Gerade diese Ähnlichkeit mit der aktuellen Flüchtlingssituation macht mich sehr nachdenklich, ob wir wirklich alles tun, was in unserer Macht steht, um zu helfen. Die Angst vor all dem, was nicht aus unserer Kultur kommt, und die Bedenken verstehe ich. Aber wenn man zum Beispiel aus der christlichen Weihnachtsgeschichte alles herausstreicht, was nicht abendländisch ist, dann fällt sie wie ein Kartenhaus in sich zusammen.

Peter Zülicke: Da stimmt ich voll und ganz zu. In unserem Weihnachtsspiel gibt es darum dieses Jahr sogar einen Teufel, der die typischen Vorurteile gegen die Flüchtlinge, egal ob damals oder heute, von sich gibt.

Wie betrachten Sie denn die Entwicklung, dass aus dem christlichen Fest mittlerweile auch ein Höhepunkt des Jahres für die Wirtschaft geworden ist?

Dieter Kerntopf: Mittlerweile wird der Advent immer weiter vorverlegt. Oft genug hat es Ende August schon Lebkuchen gegeben, das finde ich ganz furchtbar. Wenn man so die Verbindung zwischen den Leckereien und der Weihnachtszeit trennt oder verlängert, bringt man sich doch um einige wesentliche Dinge wie die Besinnung und das Warten auf die frohe Botschaft.

Peter Zülicke: In Deutschland beschenkt man sich ja zu Weihnachten, da kann es schon sein, dass einfach alles zu viel wird. In den Niederlanden zum Beispiel habe ich erlebt, dass es die Weihnachtsgeschenke schon zum Nikolaustag gibt. So bleibt dann Zeit und Raum, noch bis Weihnachten zu warten und sich auf das Wesentliche zu besinnen.

Und wie halten Sie es selbst mit dem Warten?

Dieter Kerntopf: Bei uns zu Hause gibt es vor Heiligabend keinen Stollen. Ich finde, es muss auch ganz bestimmte Dinge für ganz bestimmte Tage geben, da muss ich nicht das ganze Jahr über Lebkuchen essen. Die Adventszeit war früher mal, ähnlich der Passionszeit vor Ostern, eine Zeit der Buße und der Mäßigung. Davon ist auch die Kirche inzwischen abgerückt, aber ein paar Dinge kann man sich doch ruhig noch aufheben.

Wie ist Ihnen denn Weihnachten aus Ihrer Kindheit in Erinnerung?

Peter Zülicke: Meine Mutter hat mir sehr klar gemacht, dass das Christkind real ist. Sie sah das als eine Verpflichung aus ihrem christlichen Glauben heraus, mir diese Gewissheit mitzugeben. Dieses Wissen um die Realität der Weihnachtsgeschichte hat mir genug Kraft gegeben, um auch die Neckereien von den Nachbarskindern zu ertragen.

Dieter Kerntopf: Ich fand es als Jugendlicher sehr bewegend, wenn ich im Chor zur Mitternachtsmesse singen konnte. Das war für mich sehr emotional. Das Krippenspiel war immer ein zentrales Element. Bei uns gab es auch keinen Weihnachtsmann, die Geschenke lagen immer unter dem Weihnachtsbaum.

Wie lautet denn Ihr Weihnachtswunsch für die Menschen in unserer Region?

Peter Zülicke: Ich finde, die Menschen sollten sich die Zeit nehmen und überlegen, wie sie sich zu Weihnachten gegenseitig besonders Freude machen können. Ich wünsche mir, dass dies allen gelingt.

Dieter Kerntopf: Die Harmonie und den Frieden, den man für sich selbst wünscht, sollte man auch den anderen gönnen. Auch jenen, die andere Traditionen haben, damit sie bei uns auch ankommen können.