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Abschied Meerjungfrau zieht es ans Meer

Die Ausstellungseröffnung in der Wolmirstedter "Villa Kunsterbunt" war zugleich der Tag des Abschieds für Initiatorin Karin Auerbach.

Von Regina Malsch 07.04.2019, 23:01

Wolmirstedt l Karin Auerbach, die Frau mit den meerjungfraugrünen Haaren und quitschbunter Kleidung, zieht Ende April mit ihrem Mann Peter zurück nach Wismar. Dort hatte die gebürtige Wolmirstedterin über 30 Jahre gelebt. Vor etwa drei Jahren war sie zurückgekommen, um ihre Mutter Ilse Maluck zu pflegen. Nach deren Tod zieht es die Auerbachs wieder in die Stadt am Meer. Karin Auerbach: „Ich bleibe mit meiner Heimatstadt im Herzen verbunden, aber mir wurde in Wismar eine neue berufliche Perspektive eröffnet. Außerdem haben wir gemerkt, dass uns die alten Freunde und auch die Nähe zur Ostsee fehlen.“

Mit Karin Auerbach verliert die Stadt eine Bürgerin, die in der kurzen Zeit spürbar zur Belebung Wolmirstedts beigetragen hat. Sie gehörte in den letzten beiden Jahren mit zu den Organisatoren der Offenen Höfe in der Adventszeit. In ihrem Haus hatten die Auerbachs eine Töpferwerkstatt eingerichtet, wo sie nicht nur ihrem Hobby frönten. An zwei Tagen trafen sich dort Frauen, um das schöne Handwerk zu lernen und selbst schöne Sachen aus Ton herzustellen. „Wir waren selbst erstaunt, welche Kreativität wir unter der fachkundigen Anleitung in kurzer Zeit entwickelt haben und welche tollen Ergebnisse wir stolz mit nach Hause nehmen konnten“, sagt Jutta Fischer, die von der ersten Stunde dabei war. Traurig seien alle gewesen, als sie vom Wegzug der Auerbachs erfuhren, auch weil Freundschaften und ein Zusammengehörigkeitsgefühl entstanden war. Karin Auerbach fällt der Abschied von ihren Töpferfrauen ebenfalls schwer. Im Regen stehen lassen will sie sie nicht. Deshalb hat sie im Bürgerhaus um Aufnahme der Gruppen gebeten. „Nach letzten Gesprächen ist jetzt alles geklärt. Die Frauen bekommen einen schönen Raum und können dort weiter töpfern“, freut sich Karin Auerbach. Viele Utensilien und Material für die Töpferei hat sie gesponsert und auch Möbel aus ihrer Werkstatt auf die Schlossdomäne gebracht. So ist für ihre Schützlinge gut vorgesorgt. Versprochen hat sie, mal von Zeit zu Zeit nach dem Rechten zu sehen und natürlich drückt sie allen die Daumen für den Neubeginn unter dem Dach des Soziokulturellen Zentrums „Schranke“.

Außerdem war Karin Auerbach die Lokomotive für das Projekt „Villa Kunsterbunt“. Zusammen mit Kathleen Schladitz mobilisierte sie 18 Wolmirstedter, die den leerstehenden Laden in der Friedensstraße im Vorjahr entstaubten und zu neuem Glanz verhalfen. Seitdem dient das ehemalige Kinderkleidungsgeschäft als Ausstellungsfläche für Künstler der Region. Den Anfang machten die beiden Hauptorganisatorinnen mit ihrer Keramik sowie Kalligrafie, der Schönschreiberei. Danach waren Dekosachen aus Beton von Kati Fleischer zu sehen und derzeit stehen dort Berliner Hocker von Gutenberg-Schülern. Die nächste Präsentation steht auch schon fest: Holz- und Metallskulpturen von Gunnar Steinert.

„Damit wollte ich erreichen, dass unserem Beispiel gefolgt wird und nach und nach in die vielen leeren Läden wieder Leben einzieht. Aber das ist wohl noch ein weiter Weg“, so Karin Auerbach. Zu ihren weiteren Idee zur Belebung der Stadt gehört auch die „Kneipentour“, zu der es an einem Tag in vielen Gaststätten Livemusik geben soll und Interessierte von einem Lokal ins andere pilgern können, um gute Musik zu hören und dazu eine Gläschen Wein oder Bier zu genießen. Leider wird sie die Umsetzung nicht mehr erleben, weil die Uhren in Wolmirstedt zu langsam gehen, wie sie sagt. Drei Gaststätten stehen zwar in den Startlöchern, ein Wirt hatte sogar schon eine Band angefragt, aber es sind noch einige Hürden zu nehmen und vor allem weitere Mitstreiter ins Boot zu holen.

Zur letzten Vernissage in der Villa „Kunsterbunt“ versprach Kathleen Schladitz, zumindestens dieses Projekt am Leben zu halten und im Sinne von Karin Auerbach fortzuführen. „Für deinen Mut, deine Ideen und deine Tatkraft haben dich viele bewundert. Du hast den Wolmirstedtern ein Beispiel gegeben, dass man selbst etwas tun muss, damit die Stadt schöner und lebenswerter wird. Dafür möchte ich mich mit diesem blühenden Bäumchen bei dir bedanken. Vielleicht bekommt es in deinem Garten zur Erinnerung an Wolmirstedt ein Plätzchen.“