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Architektur Lichthaus neben der alten Schmiede

In der Friedensstraße in Wolmirstedt wird ein modernes Bauhaus-Wohnhaus gebaut - in historischer Nachbarschaft.

Von Gudrun Billowie 24.10.2015, 01:01

Wolmirstedt l Hartmut Hoppe ist Wolmirstedter, auch wenn er meistens in Baden-Würtemberg lebt. „Trotzdem fühle ich mich mit der Stadt sehr verbunden“, sagt er. Als privater Bauherr wird er dieser Stadt an ehrwürdiger Stelle einen neuen Aspekt verleihen. In der Friedensstraße 37, unmittelbar neben der alten Schmiede, lässt er ein lichtdurchflutetes Gebäude entstehen, dessen Architektur an den Bauhausstil angelehnt ist.

Hartmut Hoppe gefällt dieser Stilbruch im alten Stadtkern, mitten im Sanierungsgebiet. Von Mitarbeitern des Bauamtes habe er viel Unterstützung bekommen, der Bauausschuss hatte den Entwurf bereits 2013 für gut befunden. Inzwischen ist die Baugrube ausgehoben, Archäologen begleiten die Erdarbeiten.

Der moderne Entwurf ist von Hartmut Hoppe gewollt. „Ich wollte, dass die Bewohner des Hauses möglichst einen Rundumblick bekommen“, sagt er, „dass sie die Schönheit der Stadt sehen.“ Aus den Fenstern kann der Blick über die Ohrewiesen, die Ohrepromenade oder hinüber zur Schlossdomäne schweifen.

Als der Entwurf das erste Mal der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, wurden auch kritische Stimmen laut. Zum einen wurde moniert, dass die alte Schmiede von diesem Wohnhaus verdeckt werde. Verdeckt war sie jedoch ohnehin die längste Zeit ihrer Geschichte. Dort, wo jetzt das Wohnhaus entsteht, stand bis in die Siebziger Jahre die Gaststätte „Wildemann“. Deren Grundmauern und eine Kellertreppe wurde von den Archäologen bereits freigelegt und dokumentiert. Überreste der alten Burgmauer und des Magdeburger Tors blieben hingegen verborgen.

Auch die Skepsis gegenüber dem modernen Stil kennt Hartmut Hoppe. „Für einige, die den alten Stadtkern kennen, wird das Haus bestimmt gewöhnungsbedürftig sein“, weiß er. Museumsleiterin Annette Pilz ist eine der Kritikerinnen. „Es gibt bestimmt schönere Ort, an denen so ein Haus wirken kann“, sagt sie im Hinblick auf die alte Substanz der nebenstehenden ehemaligen Schmiede.

Für Hartmut Hoppe wäre es jedoch keine Option, wegen der Schmiede dort ein Gebäude hinzusetzen, das aussähe, als wäre es alt. „Entweder müsste man wirklich altes Material verwenden“, sagt er, „aber das wäre sehr teuer.“ Das Haus mit neuen Materialien „auf alt“ zu machen, kommt für ihn ebenso wenig in Frage. „Das wäre wie ein potemkinsches Dorf.“

So werden Gebäude bezeichnet, die außen fein herausgeputzt sind, um den tatsächlichen verheerenden Zustand zu verbergen. Der russischen Zarin Katharina II soll von Feldmarschall Potemkin mit solchen Fassaden ein intaktes Neurussland vorgegaukelt worden sein.

Hartmut Hoppe hat den aktuellen Entwurf lange reifen lassen. Er ist ein großer Verfechter der mediterranen Bauweise, aber es war von vornherein klar, dass an dieser Stelle etwas Extravagantes entstehen soll. Zunächst hat er sich mit dem Architekturwettbewerb „Mut zur Lücke“ der Architektenkammer beschäftigt, hat Quedlingburgs Innenstadt besucht und gesehen, dass auch in einer Welterbestadt Glasfassaden als Lückenbebauung bestehen. Schließlich hat er Bülstringer Architekten gefunden, die das Bauvorhaben in seinem Sinne begleiten. Die Untere Denkmalschutzbehörde ist mit im Boot und wird zusammen mit dem Bauherrn die Farbtöne des Hauses abstimmen. Wenn alles gut geht, soll das Haus Ende kommenden Jahres stehen.

Das Haus auf dem 230 Quadratmeter großen Grundstück wird an die Straßenflucht angepasst. Deshalb werden seine Mauern nicht gänzlich gerade verlaufen. Die beiden Wohnungen sind 100 und 85 Quadratmeter groß und verfügen über große Terrassen. „Die Nachfrage ist enorm“, sagt Hartmut Hoppe.

Der Vorsitzende des Bauausschusses Dirk Hummelt (CDU) gehört zu den Befürwortern dieses Gebäudes. „Ich sehe das Haus nicht als Fremdkörper, das seine Umgebung erdrückt“, sagt er, „die Architektur ist spannend und ein bisschen Mut muss man haben.“ Museumsleiterin Annette Pilz ist trotz ihrer Skepsis sehr neugierig auf das Ergebnis. „Vielleicht sieht es ja ganz cool aus.“