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Beschwerden Mieter sollen für fremden Sperrmüll zahlen

Der Sperrmüllhaufen im Wolmirstedter Wohngebiet „Straße der Deutschen Einheit“ ruft den Zorn der Mieter hervor.

Von Gudrun Billowie 17.07.2020, 01:01

Wolmirstedt l Der Sperrmüllberg im Wohngebiet „Straße der Deutschen Einheit“ ist nicht zu übersehen. Sofas, Stühle, ein Herd und Küchenschränke türmen sich neben der Müllbox. Dabei gibt es sogar einen abschließbaren Bereich, in dem die Mieter Sperrmüll ablegen können. Doch das Prinzip scheint überhaupt nicht rund zu laufen. Nun will die AWG versuchen, Ordnung zu schaffen und die Kosten auf die Mieter umzulegen. Dafür steht sie unter Beschuss.

„Es kann doch nicht sein, dass wir alle dafür bezahlen müssen“, echauffiert sich Eckehard Voigt. Er gehört zu den Mietern, die sich mit Hilfe einer Unterschriftensammlung gegen die Umlage der Kosten wehren. Denn eigentlich ist die Sperrmüllabfuhr kostenlos. Was läuft im Wohngebiet „Deutsche Einheit“ schief?

Eigentlich ist es so: Wer Sperrmüll abholen lassen möchte, meldet das beim Kommunalservice Börde an. Der Kommunalservice vergibt einen Termin. Ist der Tag der Sperrmüllabfuhr gekommen, stellen Bürger ihre alten Möbel an die Straße, sodass sie umgehend verladen werden können.

Im Wohngebiet „Deutsche Einheit“ funktionierte dieses Prinzip nicht. Immer wieder gab es Sperrmüll, der unangemeldet und wild vor den Häusern abgelagert wurde. War erst mal ein Haufen vorhanden, wuchs der oft über Nacht. Außerdem haben die großen Sperrmüllfahrzeuge Schwierigkeiten, die zugeparkten Stichstraßen zu befahren. Auch die Wendehämmer bieten ihnen oft nicht genug Bewegungsfreiheit.

Deshalb hat sich die AWG schon vor Jahren entschlossen, die Box am Hauptweg für alle Mieter als eine Art Zwischenlager aufzustellen. Der lässt sich auch von Sperrmüllautos gut befahren. Theoretisch sollen Mieter, die Sperrmüll angemeldet haben, von der AWG den Schlüssel für die Box bekommen und ihre alten Möbel dort abstellen, sodass sie von dort aus entsorgt werden können.

In der Praxis sieht die Sache anders aus. Der Sperrmüll in der Box scheint in den seltensten Fällen angemeldet zu sein, sondern wird gerne einfach so über den Zaun geworfen. Die Box ist randvoll, ohne dass jemand beim Kommunalservice Sperrmüll angemeldet hätte. Noch bequemer machen es sich Menschen, die ihren ausgedienten Hausrat einfach daneben abstellen. Und dann gibt es noch diejenigen, die in die Box klettern, um im Sperrmüll nach Brauchbarem zu suchen. Gegen diese Regelverstöße sind sowohl der Kommunalservice als auch die AWG machtlos.

Die AWG ist der größte Vermieter in diesem Wohngebiet, hat etwa 400 Wohnungen unter ihren Fittichen. „Der Sperrmüllhaufen ist kein schöner Anblick“, weiß Geschäftsführer Steffen Mairose, „so ein Wohnumfeld möchten wir den Menschen nicht bieten.“

Um die Sperrmüllflut in den Griff zu bekommen, hat der Kommunalservice in der Vergangenheit schon oft Fahrzeuge in die „Deutsche Einheit“ geschickt. „Fast jede Woche haben wir zusätzlich Sperrmüll und Elektroschrott abgeholt“, sagt Abfallberaterin Astrid Schäfer, „doch damit kommen wir technisch und personell an unsere Grenzen.“ Schließlich sind die Fahrzeuge und Mitarbeiter bereits für die regulär angemeldeten Touren unterwegs.

Deshalb hat der Kommunalservice der AWG ein Angebot gemacht. Das besagt, Sperrmüll wird ab sofort generell alle 14 Tage aus dieser Box abgeholt. Da diese Touren Zusatztouren sind, entstehen zusätzliche Transportkosten. Die werden der AWG in Rechnung gestellt und sind die Kosten, die auf die Mieter umgelegt werden sollen. Das sei rechtlich möglich, wenn die Kosten wiederkehrend anfallen. Die Rede ist von 30 bis 50 Cent pro Quadtratmeter Wohnfläche pro Jahr. Im Gegenzug können Mieter die Box jederzeit mit ihrem Haustürschlüssel öffnen, müssen Sperrmüllabfuhr nicht mehr anmelden.

Mieter wie Eckehard Voigt ärgert das. Sie fühlen sich für das Fehlverhalten anderer bestraft. Bei einer 60 Quadratmeter großen Wohnung wären im Jahr gut 30 Euro fällig. „Die angekündigte Kostenerhebung trifft vor allem die Mieter, bei denen nur sehr wenig und auch nur in unregelmäßigen Abständen Sperrmüll anfällt und diejenigen, die den Sperrmüll selbst zu den Annahmestellen bringen“, heißt es in dem Schreiben, das schon von vielen Mietern unterzeichnet wurde.

AWG-Chef Steffen Mairose bedauert: „Eigentlich möchten wir die Mieter nicht belasten.“ Jedenfalls nicht diejenigen, die sich an die Regeln halten. Deshalb sieht er die derzeit angestrebte Lösung noch nicht als endgültig an. „Wir wollen erst mal sehen was passiert, wenn wir die Kosten umlegen.“

Die AWG steht mit diesem Problem übrigens nicht allein. Auch im Stadtgebiet müssen regelmäßig illegale Sperrmüllhaufen durch die Wirtschaftshofmitarbeiter entsorgt werden. Schwerpunkte in den letzten Wochen waren die Samsweger Straße und die Geschwister-Scholl-Sraße. Auch in der Landschaft liegt regelmäßig Unrat. Matthias Voigt, Vorstand des Kommunalservice, ermutigt: „Bürger können sich bei uns melden. Wir kümmern uns darum.“