80-jährige Bewohnerin musste mit Verbrennungen ins Krankenhaus gebracht werden Gasexplosion: Haus in Weferlingen unbewohnbar
Eine Gasexplosion hat gestern früh kurz vor 7 Uhr ein Vierfamilienhaus in Weferlingen unbewohnbar gemacht. Eine 80-jährige Bewohnerin kam ins Krankenhaus.
Weferlingen l Als Rosemarie Heinrich gestern früh gegen 6.45 Uhr aus dem Fenster schaut, zieht die Nachbarin gegenüber gerade die Jalousien hoch. "Frau Kastner ist aber wieder früh auf, habe ich gedacht und bin ins Bad gegangen. Dann habe ich den Knall gehört", sagt Rosemarie Heinrich. Fensterscheiben im Haus gegenüber sind zerborsten, Glassplitter fliegen über die Straße und bedecken sogar den Fußweg gegenüber noch.
"Ich hatte einen Tag Urlaub genommen, weil ich Behördengänge erledigen wollte, und habe deshalb etwas länger geschlafen", erzählt Richard Hopfgarten, der im Obergeschoss der Oebisfelder Straße 9 wohnt. Ein Knall in der Wohnung unter ihm weckte ihn unsanft. Die Druckwelle hatte auch in seiner Wohnung Fensterscheiben zerspringen lassen, Wände bekamen Risse, vom Verschlag zum Boden blieb nichts über. "Ich bin schnell runter gelaufen und habe Frau Kastner in der Küche gefunden. Sie saß auf dem Stuhl am Tisch, hatte den Kopf auf die Arme gelegt, ihre Haare waren versengt."
Die 80-Jährige stand unter Schock. Sie hatte eine Gasflamme anzünden wollen und damit die Explosion ausgelöst. Wahrscheinlich war die Gasflasche nicht richtig verschlossen, so dass das Gas ausströmen konnte, vermutete Werner Thieme, Leiter der Polizeistation Weferlingen, der mit seinem Kollegen als Erster an der Unglücksstelle war. Die 80-Jährige wurde ins Krankenhaus gebracht. Sie hat Verbrennungen an den Armen und an der Kopfhaut. Sie hat viel Glück gehabt. "Der liebe Gott hat bei uns nochmal ein Auge zugedrückt", sagt Richard Hopfgarten, dem der Schreck noch in den Gliedern sitzt.
Die Druckwelle hat in der Küche die Tür zerfetzt, das Mauerwerk verschoben, die Haustür demoliert, in den anderen Räumen ist keine Scheibe heil geblieben, Möbel und andere Gegenstände sind durch die Wohnung geflogen. Nicht ganz so extrem sieht es auf der anderen Seite des Hauses aus.
Eike von Specht, der mit seiner Frau und zwei Kindern eine Wohnung im Obergeschoss bewohnt, wollte gerade aufstehen, als er den Knall hörte. Er habe schnell nachgesehen, was passiert ist, gefragt, ob schon jemand Hilfe gerufen habe, dann ist er wieder in seine Wohnung gegangen. Das junge Paar hat die Kinder angezogen, das Jüngste, was noch kein Jahr ist, zu Freunden gebracht, und das Vierjährige in den Kindergarten. "Den Kindern geht es gut", versichert Eike von Specht, sie haben nicht viel mitbekommen. Er und seine Frau bangen um ihre Wohnung.
So geht es auch Thomas Rechlin und Saskia Bäbenroth, die in der anderen Parterrewohnung wohnen. Sie waren bereits zur Arbeit, als es zu der Explosion kam, und wurden schnell informiert. "Unsere Katze wirkt etwas verstört", sagt Thomas Rechlin, "aber das wird sich wieder legen." Die beiden jungen Familien haben vor allem Schäden an der Mittelwand festgestellt, hier sind auch Möbel in Mitleidenschaft gezogen.
Nachbarn kommen, fragen, ob sie helfen können. Mario Krutzke wohnt im Haus gleich nebenan. "Ich habe noch geschlafen und saß kerzengrade im Bett, als ich den Knall hörte", erzählt er. "Ein Glück, dass die Kinder gerade weg waren", sagt seine Frau Jenny. Der elfjährige Sohn und weitere Nachbarskinder waren zum Bus gegangen, um zur Sekundarschule nach Calvörde zu fahren. Die Grundschüler müssen erst später los. Die Gefahr für Passanten auf der Straße wäre wahrscheinlich fast noch größer gewesen als für die Hausbewohner, vermutet Werner Thieme, denn die Glassplitter müssen mit großer Wucht und mehrere Meter weit durch die Luft geflogen sein. Ein Glück, dass gerade niemand vorbei gegangen sei. Nur das Auto von Eike von Specht wurde beschädigt.
Gemeindearbeiter sind mit Besen, Harken und Schippen im Einsatz, um die Glassplitter von der Straße und vom Fußweg zu beseitigen. Auch sie sind erschüttert, was da passiert ist. Nachbarin Andrea Klinger hat starken Kaffee gekocht. Die Hausbewohner nehmen das heiße Getränk gern an. Jetzt sind auch Mitarbeiter vom Bauordnungsamt des Landkreises da, sie müssen die Statik prüfen.
Die Bewohner sind noch dabei, mit der Situation fertigzuwerden, überlegen aber schon, wie es weitergehen soll, wo sie bei Verwandten erstmal unterkommen können. Das Ordnungsamt bietet später Hilfe an. "Das Haus ist unbewohnbar", fasst Joachim Albrecht, Pressesprecher des Polizei- reviers Börde, eine gute Stunde später die Ergebnisse der Untersuchungen zusammen. Die jungen Familien aus der weniger betroffenen Haushälfte könnten jedoch noch Sachen aus dem Haus holen, sagt er. Mitarbeiter der Börde-Kriminalpolizei und vom Landeskriminalamt sollen die genaue Ursache der Explosion untersuchen. Nach bisherigen Ermittlungen trat Propangas aus der Gasflasche aus und verteilte sich in den Abend- und Nachtstunden im Wohnraum der 80-Jährigen. Das Gasgemisch entzündete sich offenbar beim Anschalten des Gasherdes in der Küche, sagt Albrecht.
Mitarbeiter von Eon.Avacon prüften die Gasleitungen und schalteten vorsorglich die Gaszufuhr im Gebäude ab.
Das Haus, das im 19. Jahrhundert erbaut wurde, steht zusammen mit Nachbarhäusern auf der anderen Seite, die im ähnlichen Stil erbaut sind, als städtebauliches Ensemble unter Denkmalschutz. Nach der Explosion musste das Haus abgestützt werden, kaputte Fenster und Türen wurden vernagelt. Der Hauseigentümer wurde am Nachmittag mit dem Schaden konfrontiert.